Saeculum
mich fort von diesen beknackten Schweinen‹, denkt sie.« Er kicherte, hörte aber abrupt wieder damit auf. »Ich lass mich nicht bescheißen«, wisperte er. Sein Messer glänzte im Licht der Taschenlampe, die Carina auf ihn gerichtet hatte, als könne sie ihn damit auf Distanz halten.
Jemand trat neben Bastian. Sein Vater. »Wissen Sie was?« Der Chefarztton. »Ich glaube, ich habe das Mädchen vorhin draußen gesehen. Beim Bach. Wenn sie hier wäre, hätten wir sie doch schon längst bemerkt.«
Wirkte es? Simon blinzelte irritiert. Bastians Vater änderte seine Taktik, wurde freundschaftlich-kollegial.
»Was halten Sie davon, wenn wir gemeinsam nachsehen gehen. Ich finde, es wird Zeit, dass wir aus diesem unwürdigen Loch herauskommen. Völlig verständlich, dass Sie denken, Sie riechen etwas, aber das wird wohl Bastian sein und auch - entschuldigen Sie bitte, wie heißen Sie? Genau, auch Lars könnte eine Dusche vertragen. Wir sollten gehen.«
»Sie ist also fort?« Ein verschlagener Blick zu Paul.
»Ja. Leider.«
»Wenn das so ist …«, er bückte sich und zerrte die Harfentasche aus dem Schatten, »… dann hat sie das hier wohl vergessen. Braucht es nicht mehr.«
Er hob die Tasche hoch. Ließ sie fallen. Ein wüster Akkord hallte durch den Keller.
Bastian schnellte mit einem Aufschrei nach vorne, hoffte, damit Iris' Aufschluchzen zu übertönen. »Spinnst du? Lass ihre Sachen in Ruhe!« Er riss die Tasche an sich, drückte sie Carina in die Hände und wusste im gleichen Moment, dass er ein Idiot war, ein dämlicher Schwachkopf ohne Instinkte.
Simon war schneller hinter ihm, als er es für möglich gehalten hätte. Ein Tritt gegen die rechte Kniekehle, sein Bein knickte weg, Bastian schlug wie ein Kohlesack auf dem Boden auf. Hatte plötzlich Simons Knie in der Magengrube, sein ganzes Gewicht.
»Kann es sein, dass du Iris gernhast?« Simon sah ihn nicht an, sondern betrachtete mit gerunzelter Stirn das Messer, das er in der Hand hielt, als könne es ihm eine Antwort geben. »Hat sie dir nicht gesagt, dass sie vergeben ist?« Taschenlampenlicht brach sich an der Klinge. »Dein Pech. Ich hatte es mir schon gedacht, aber Paul hat es abgestritten - der lügt ständig, der Paul. Der Arsch.« Simon drehte die Klinge vor Bastians Gesicht und lächelte, als sie Lichtflecken auf die Wände warf. Legte wieder den Kopf schief.
Bastian bekam kaum Luft. Jeder Atemzug tat weh. Tut doch was, macht was …
Durch das Rauschen in seinem Kopf hörte er die Stimmen der anderen. Sah, dass Paul und Lars gleichzeitig auf Simon zuschnellten.
Es war ein Fehler gewesen, ihn zu unterschätzen. Simon war nicht langsam und er war auch nicht abgelenkt gewesen. Er riss Bastian die Brille aus dem Gesicht und fuhr blitzschnell mit der Messerspitze auf sein linkes Auge zu, verharrte davor, knapp, so knapp.
»Zwei kleine Äugelein, die Äuglein eines Schweins, die schauten auf die falsche Braut, da war es nur noch eins«, sang Simon. »Macht noch einen Schritt näher und das Schweinchen braucht nur noch eine halbe Brille.« Er beugte sich tiefer über Bastians Gesicht, stützte sich mit der linken Hand auf dessen Stirn ab. Bastian presste die Lider zusammen, fühlte die scharfe Spitze auf seiner Haut.
Die anderen schrien, aus dem Tumult konnte er seinen Vater heraushören, der »Lassen Sie ihn! Sofort!« brüllte, und dann die eine Stimme, die zu hören Bastian gefürchtet hatte.
»Simon?«
Das Gewicht auf Bastians Körper verlagerte sich.
»Simon, hier bin ich. Ich bin zurückgekommen.«
Der Druck der Messerspitze auf Bastians Auge verschwand und er wagte es, die Lider zu öffnen. Da stand Iris, direkt neben einer der Laternen, keine fünf Schritte entfernt. Ihr Gesicht war nass und tränenverschmiert.
»Zurückgekommen. Scheiße. Zu ihm oder zu mir?« Simons Worte trieften vor Misstrauen.
»Natürlich zu dir. Wir gehören doch zusammen.«
Das Gewicht verschwand von Bastians Brust, er tat einen tiefen Atemzug, rollte sich auf die Seite, krümmte sich.
»Abstand von mir, alle!«, rief Simon. »Und du, meine Süße, komm her. Komm zu mir.«
Tu es nicht, tu es nicht, tu es nicht!
»Du weißt, dass du unsere Regeln verletzt hast?«
»Sicher. Tut mir sehr leid.«
»Das wird nicht ganz genügen. Aber gut. Lass uns das zu Hause besprechen. Bekomme ich keinen Kuss?«
Bastian hob den Kopf. Er sah Iris' Gesicht, all die Verzweiflung, den Ekel. Simon stand vor ihr, das Messer jetzt in Höhe ihres Bauchnabels.
Sie beugte sich
Weitere Kostenlose Bücher