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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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gutgetan hätte. »Es sind zwei weitere Gräber offen. Ich habe keine Erklärung dafür. Außer -« Er sah sie an, wusste, dass sie das Folgende nicht würde hören wollen. »Was ist, wenn wirklich noch jemand hier im Wald ist? Und wenn er uns etwas antun will?«
    Iris blickte nachdenklich zu Boden. Als sie den Kopf hob, waren ihre Züge so hart wie gestern, als er ihr die Rinde mit der Botschaft gezeigt hatte. »In diesem Fall«, sagte sie, »hätte er mich als Erste geholt.«
    Natürlich fragte Bastian nach, wieso, doch er bekam von Iris keine Antwort. Sie hatte den Weg zum Lager eingeschlagen und blieb uneinholbar vor ihm.
    Erst am Rand der Lichtung wartete sie. Die meisten der anderen schliefen noch, nur Doro stand bei den Gräbern und blickte ihnen entgegen.
    Iris rannte förmlich auf sie zu. »So, wir reden jetzt mal Klartext. Was ist hier los? Wo ist Sandra? Und wieso sind zwei weitere von diesen angeblichen Gräbern offen?«
    Doro hob den Kopf und sah zu den Baumwipfeln, wo das Sonnenlicht tief ziehende Nebelschwaden in einen goldenen Schleier verwandelte.
    »Wieso schreist du ausgerechnet mich an? Ich habe es euch allen doch erklärt, ich habe gleich zu Beginn davor gewarnt hierherzufahren.«
    Iris packte sie an einem der langen weiten Ärmel ihres Kleides. »Hör auf mit dem Theater. Ich will sofort wissen, was du mit all dem hier zu tun hast!« Sie deutete auf die Gräber. »Du weißt es, oder? Was ist mit Sandra, Warze und Lars passiert?«
    Doro befreite ohne Hast ihr Gewand aus Iris' Griff. »Natürlich weiß ich es. Tristram hat alles angekündigt.« Sie deutete auf die ausgehobenen Erdgruben zu ihren Füßen. »Heute Nacht sind wieder Tote aus ihren Gräbern gestiegen und wir haben sie schreien gehört.«
    Sie glaubte wirklich daran, Bastian konnte es in ihren Augen sehen. »Was sollen wir also deiner Meinung nach tun?«, fragte er.
    Iris bedachte ihn mit einem Blick, dem zu entnehmen war, dass sie ihn ab sofort für einen Zwangsjackenkandidaten hielt. Sogar Doro wirkte überrascht.
    »Ich fürchte, wir können nicht viel tun. Am besten wäre es, sofort zu verschwinden, aber das wird nicht klappen. Wir gehören ihm, er lässt uns nicht mehr fort.«
    »Sag mal - woher kennst du diese Sage eigentlich so genau? Du wusstest doch nicht mal, dass wir hierherkommen würden. Ich werde den Eindruck nicht los, du hast sie auswendig gelernt.«
    »Nein.« Doros Augen waren dunkel wie schwarze Brunnen. »Es ist eine bekannte Geschichte, auf den Märkten wird sie immer wieder erzählt. Ich habe sie im letzten Jahr sehr oft gehört, ich denke, das Schicksal hat sie mir zugespielt, damit ich euch warne, aber ihr -«
    »Wir haben nicht auf dich gehört, ja, ja, blabla, schon gut.« Iris ließ sich vor den Gräbern ins Gras fallen.
    »Deiner Meinung nach kommen wir also nicht mehr hier weg?«, fragte Bastian unbeirrt. »Wir verschwinden einfach, einer nach dem anderen, als hätte es uns nie gegeben?«
    »Möglich. Denn was Tristram verlangt, um den Fluch aufzuheben, können wir ihm nicht geben.«
    »Das Leben seines Bruders? Der ihn in die Falle gelockt hat?«
    »In die Gruft. Ja.«
    »Stimmt. Das wird allerdings schwierig, vor allem wenn man bedenkt, dass er schon seit gut siebenhundert Jahren tot ist.«
    Hinter Bastian schnaufte jemand. »Wer ist tot?«
    Steinchen war aufgewacht. Er rieb sich mit einer Hand die Augen, mit der anderen kratzte er sich im Schritt.
    »Der böse Bruder. Aus der Sage.«
    »Ludolf.« Klar, natürlich wusste Doro auch den Namen.
    Sie setzten Steinchen schnell über den Stand der Dinge ins Bild. Auch er war mit einem Schlag hellwach, als er hörte, dass Sandra fort war.
    »Okay«, sagte Bastian. »Wir wecken Paul und überlegen uns, wo wir mit der Suche anfangen. Wir müssen systematischer vorgehen als bisher, es kann doch nicht sein, dass …«
    Er unterbrach sich, als er Lisbeth aus dem Wald kommen sah. Georg stützte sie, sein Gesicht war blass und seine Arme zitterten leicht, als er ihr half, sich auf ihre Decke zu setzen.
    Bastian überquerte die Wiese im Laufschritt. »Ist etwas passiert?« Als er näher kam, erkannte er, dass die Frage hinfällig war. Die linke Seite von Lisbeths Stirn war rotblau verfärbt, ihre Arme zerkratzt.
    »Wer war das?«, fragte er, während er vorsichtig die Schwellung an Lisbeths Kopf berührte. Sie lag direkt am Haaransatz und war größer als eine Walnuss. Das musste auf jeden Fall gekühlt werden.
    »Niemand«, sagte sie matt. »Oder doch: ich selbst. Bin

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