Saeculum
gegessen«, stöhnte er.
»Das hat keiner von uns.« Bisher hatte Bastian sich nicht um das Rumoren in seinem Bauch gekümmert, doch jetzt merkte er, dass ihm bald übel werden würde. Er trank Wasser, bis sein Magen sich gefüllt anfühlte, und sah sich mutlos um.
Iris kramte in ihrer Gürteltasche und beförderte ein paar Blätter ans Tageslicht. »Salbei«, sagte sie. »Einfach kauen. Hilft gegen Hunger und ist eine echte Alternative zum Zähneputzen. Ehrlich.«
Es wirkte ein wenig. Der Heißhunger schrumpfte zu einem erträglichen Ziehen in der Magengegend zusammen. Gegen Bastians Mutlosigkeit hingegen half leider nichts. Sie waren sicher noch keine Stunde unterwegs, aber trotzdem sah er seine eigene Erschöpfung auch in den Augen der anderen drei.
»Warze!«, schrie er noch einmal. »Sandra! Lars!« Die dunklen Tannen schluckten seine Rufe. Keiner antwortete, nur der Wind frischte auf. Es war zum Verzweifeln.
»Wir kehren um, einverstanden? Wir finden hier niemanden. Vielleicht hatten die anderen mehr Glück. Wenn wir weiterlaufen, gehen wir wahrscheinlich auch noch verloren.«
Alma zögerte. »Dann kommen wir mit völlig leeren Händen zurück?«
»Ja. Und mit leeren Mägen. Aber auf diese Weise bringt die Suche nichts. Wir müssen Hilfe von außen holen, das hier entwickelt sich zu einer Katastrophe. Drei Leute sind unauffindbar. Wir kommen damit allein nicht klar.« Er spuckte die Salbeiblätter aus und wischte sich über den Mund. »Wir brauchen Suchmannschaften der Polizei. Hundestaffeln. Hubschrauber. Zum Teufel mit dem Mittelalter.«
»Bastian hat recht, wir drehen um«, stimmte Iris zu.
Nathan wirkte erleichtert, Alma bekümmert, doch auch sie war einverstanden.
»Dann los. Wenn Steinchen noch nicht zurück ist, kümmere ich mich ums Kochen.« Sie stand auf und sah sich suchend um. »Roderick?«
Seufzend schloss Bastian die Augen. Jetzt war auch noch der Hund verschwunden.
»Roderick! Roddie! Hierher, komm!«
Nichts. Alma war den Tränen nahe.
»Er findet uns«, tröstete Iris sie. »Er kommt mit dem Gelände hier besser klar als wir alle zusammen. Vielleicht hat er auch Hunger und jagt gerade Mäuse oder Kaninchen, hm?«
»Glaubst du? Ich weiß nicht. Ich habe nicht gut genug auf ihn aufgepasst.« Alma wirkte untröstlich. »Ich weiß nicht mal, wie lange er schon weg ist.«
Niemand hatte ihn weglaufen sehen. »Vorhin beim Bach war er noch da und sah viel fitter aus als irgendwer von uns«, erinnerte sich Nathan.
»Roderick!« Alma gab nicht auf. »Komm her, Süßer! Roddie!«
Das hat keinen Sinn, wollte Bastian einwenden, doch dann hörte er sich nähernde Geräusche im Unterholz. Hundewinseln. Roderick musste ein Stück zurückgelaufen sein, er kam aus Richtung des Lagers.
»Roddie! Braver Junge! Wo warst du denn? Was hast du denn da?« Alma lief ihrem Hund entgegen. »Oh, hat Roderick einen Knochen gefunden! Und so einen großen! Gut gemacht!«
Alles bestens, immerhin einer weniger abgängig, auch wenn es nur der Hund ist, dachte Bastian. Und wenigstens hat der schon was zwischen die Zähne bekommen. Und das Ding war groß, alle Achtung, wirklich ein Brock -
Er sah genauer hin und erstarrte. Bekam plötzlich keine Luft mehr, als hätte jemand ihm mit der Faust gegen die Brust geschlagen.
»Roderick?«, keuchte er. Der Hund wedelte mit dem Schwanz, wich aber zurück, als Bastian näher kam.
»Schhhh. Lass mich mal sehen.«
Knurren. Roderick schien genau zu spüren, dass man es auf seine Beute abgesehen hatte, und war nicht bereit, sie herzugeben. Obwohl er sie kaum schleppen konnte.
Doch Bastian hatte schon alles gesehen, was er sehen musste. Er sackte auf einem Baumstumpf zusammen, was Roderick wedelnd zur Kenntnis nahm. Sichtlich zufrieden legte er sich hin und begann, am Trochanter major zu kauen. Bastian drehte sich der Magen um.
»Was ist los?« Aus Iris' alarmierter Stimme schloss er, dass er übel aussehen musste.
Es gelang ihm, zu ihr hochzuschauen und angestrengt zu lächeln. »Kreislauf. Die Salbeiblätter waren wohl nicht genug.«
Nun sahen ihn alle an. »Ist ja kein Wunder!«, rief Alma. »Wir gehen zurück, jetzt gleich. Vielleicht finden wir am Weg noch Beeren, damit Bastian uns nicht umkippt.«
Kleine schwarze Punkte vor seinen Augen. Es war schwer, auf dem unebenen Boden voranzukommen, wenn alles sich drehte. Immer wieder blieb er stehen und hielt sich am nächsten Baum fest. Alma und Nathan hatten schon ziemlichen Vorsprung, und erst recht Roderick, mit
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