Saeculum
sagen und schluckte. »Wir werden die drei schon finden. Wir müssen einfach.«
B astian bildete einen Trupp mit Iris, Nathan und Alma, ein zweiter setzte sich aus Ralf, Arno, Steinchen, Carina und Doro zusammen, während Paul mit Georg, Lisbeth und Mona loszog. Georg hatte erst protestiert, er wollte keinesfalls Lisbeth mit ihrer Beule einer solchen Anstrengung aussetzen, doch Lisbeth hatte darauf bestanden, Sandra zu suchen. Da hatte er nachgegeben.
»Wir sind im Vorteil, wir haben Doro dabei«, sagte Ralf ständig und rieb sich dabei die Hände. Kurz nach dem Aufstehen hatte er schon Waffenrock und Kettenhaube angelegt, obwohl Paul ihm erklärt hatte, wie unpraktisch das beim Klettern im Wald war, doch Ralf hatte sich nicht umstimmen lassen. »Doro wird uns warnen, wenn Gefahr droht, und diesmal werden wir auf sie hören.«
Doro wird euch den letzten Nerv rauben, dachte Bastian, doch das behielt er für sich.
»Ralf, ihr geht in die Richtung, aus der wir ganz zu Anfang gekommen sind«, ordnete Paul an. »Achtet besonders auf Felsen und Höhlen - es kann gut sein, dass einer der drei sich versteckt oder abgestürzt ist. Ruft immer wieder nach ihnen. Und vor allem seht zu, dass ihr vollständig bleibt. Lasst keinen zurück!« Die fünf zogen los. »Iris, Nathan, Bastian, Alma - ihr nehmt euch die Gegend hinter den Gräbern vor. Ab und zu wird der Wald hier sehr dicht, passt ihr also auch auf, dass ihr euch nicht verliert. Wir starten unsere Suche in Richtung See und schlagen dann einen Bogen nach rechts. Viel Glück!«
Zu Beginn war ihre Route leicht zu bewältigen. Alma ging voran, Bastian hielt sich dicht hinter ihr. Zwischen ihnen hüpfte Roderick herum, sabbernd vor Begeisterung.
Es war ein wunderschöner Morgen. Sonnenstrahlen fielen in goldenen Streifen durch die Baumwipfel, es duftete nach Waldkräutern und dunkler Erde. Das Zwitschern der Vögel vermittelte den trügerischen Eindruck von Frieden. Als wäre nie jemand schreiend von der Nacht verschlungen worden. Als wäre alles in Ordnung.
Abwechselnd riefen sie die Namen der drei Vermissten. Aus der Ferne konnten sie auch die anderen rufen hören - Steinchens Stimme trug weit, ebenso Pauls. Dazwischen hörte man ab und zu Carina, Ralf oder Georg. Doch alle Rufe blieben ohne Antwort.
Wie Paul angekündigt hatte, wurde der Wald schnell sehr dicht, man musste sich durch tiefes, dürres Geäst kämpfen. Alma schimpfte ohne Pause, weil sie ständig mit ihrem Haar in den Zweigen hängen blieb.
»So wird das nichts«, sagte Bastian, als sie zwischendurch haltmachten, um zu verschnaufen. »Wenn wir hintereinanderlaufen, können wir nur einen schmalen Streifen absuchen. Außerdem sieht ein Blinder, dass sich durch dieses Gestrüpp seit Jahren niemand mehr geschlagen hat.«
Sie kehrten um und hielten sich dann ein Stück weiter rechts. Nun ging es besser voran. Trotzdem konnte Bastian sich nicht vorstellen, wie jemand sich hier bei Nacht zurechtfinden sollte. Es war schon bei vollem Tageslicht kein Spaziergang. Farne und Büsche standen so eng und hoch, dass man wie durch kniehohes Wasser ging. Dagegen war das Überwinden der bemoosten runden Felsen geradezu ein Vergnügen.
Roderick hüpfte neben ihnen her, verschwand immer wieder im Pflanzenmeer. Lief voran, wartete wedelnd, lief weiter. Wenn es eine Spur gab, dann hatte er nicht die geringste Lust, sie aufzunehmen.
Wo sie nun gingen, war der Wald spürbar älter als zuvor. Mächtige Baumriesen beherrschten ihn und ließen kaum Tageslicht bis zum Boden durchdringen. Da waren ein Bach, dessen Wasser im Halbdunkel fast schwarz wirkte, hüfthohe Farne und zerborstenes Holz. Es roch nach Harz und Moosen, der Boden war nass wie ein vollgesogener Schwamm.
»Sandra!«, brüllte Bastian mit aller Kraft, die er aufbringen konnte. Keine Antwort, nur das allgegenwärtige Rauschen in den Bäumen und das Rascheln flüchtender Tiere im Unterholz.
Sie würden hier niemanden finden. Mit jedem Schritt war Bastian davon fester überzeugt. Hatten sie sich nicht längst verirrt?
Nun türmten sich vor ihnen wieder Felsen auf, riesig und übereinandergeschichtet, umgeben von kleineren Steinen, die wie Pilze zwischen Büschen und dürren Jungbäumen hervorlugten.
Erschöpft setzte Bastian sich auf einen der Findlinge und atmete tief durch.
Nathan hockte sich neben ihn, sein Atem ging keuchend, seine dunklen Haare klebten ihm im Nacken. Er schnallte seinen Trinkschlauch vom Gürtel. »Ich habe heute noch nichts
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