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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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am Fuß des riesigen Felsens. Etwas knirschte. Schließlich hörten sie seine Stimme, die hallte, als riefe er in einen Brunnen. »Ralf? Hörst du mich? Ist alles in Ordnung, bist du da unten gut gelandet?«
    Bastian hielt die Luft an, versuchte, das Regenrauschen auszublenden. Lauschte mit aller verfügbaren Kraft.
    Es kam eine Antwort, auch wenn Bastian sie nicht verstehen konnte. Ralfs Stimme, sehr dumpf.
    »Er ist in einen Schacht gestürzt!«, rief Paul. »Er sagt, er ist unverletzt.«
    Gemeinsam mit Iris kroch Bastian auf das Loch zu und spähte hinein. Es war wie ein Blick ins Nichts, in absolute Schwärze.
    »Ist wirklich alles in Ordnung?« Seine Stimme hallte.
    »Ja. Ich bin auf einem Haufen Laub und Zweige gelandet. Hier ist es nicht so nass und viel wärmer. Und es ist … groß. Ich weiß auch nicht. Ich bräuchte Licht.«
    »Da liegen Zweige?«, erkundigte sich Paul. »Sind trockene dabei? Könnten wir damit ein Feuer in Gang kriegen?«
    Die Antwort kam prompt. »Auf jeden Fall.«
    Bastian sah Paul entschlossen nicken. »Gut. Ich komme zu dir.«
    »Was?«, entfuhr es Bastian. »Ich dachte, wir holen Ralf wieder hoch! Das Holz kann er doch mitbringen. Wie willst du Arno denn da runterschaffen? Und selbst wenn wir das hinkriegen, wie kommt er wieder raus?«
    Ungeduldig schüttelte Paul den Kopf. »Denk doch nach. Es ist schon spät. Wir haben nur die Wahl, entweder hier zu übernachten oder da unten, wo es angeblich warm und trocken ist. Was meinst du, welche Chancen Arno und Steinchen hier oben haben, die Nacht gut zu überstehen?« Er deutete auf sein Gepäck. »Wir haben Seile. Wir können Arno morgen wieder hochziehen.«
    Er kramte in seinen Habseligkeiten und beförderte ein Zunderzeug hervor, das Steinchens ähnlich war. »Ralf? Fang das und mach Feuer!«
    Sie hörten Ralf fluchen. »Scheißfinsternis.«
    Sie warteten, während von unten das Geräusch vorsichtiger Schritte zu ihnen drang. Rascheln. »Ich hab es! Gott sei Dank!«
    Dann ein neues Geräusch. Etwas, das wie metallisches Reiben klang, immer und immer wieder. Dann Ralfs Stimme. »Wahnsinn. Das müsst ihr sehen.«
    Bastian kam näher, um ebenfalls einen Blick nach unten zu werfen, und half dann dabei, Paul zu sichern, der nun seine Beine in das Loch schwang, sich mit den Armen abstützte und sich langsam hinunterließ. Die ersten zwei Meter konnte er klettern, dann sprang er.
    Die Erde wird sie verschlingen, erinnerte sich Bastian und hätte beinahe gelacht. Wir arbeiten diesem Wahnsinn in die Hände, wir selbst verhelfen dem Fluch zum Leben.
    Krachen. Ralfs erleichtertes Auflachen. Ein »Geschafft!« von Paul. Danach fast eine Minute lang Schweigen. Bastian konnte von den beiden kaum etwas sehen, doch der flackernde Schein des kleinen Feuers drang bis zu ihm herauf.
    »Ralf hat recht«, rief Paul. »Hier unten ist genug Platz und warm ist es auch. Hier haben wir gute Chancen auf eine ruhige Nacht.«
    Dann war es wohl einen Versuch wert. Bastian kroch zu der Stelle, wo Arno lag, und strich ihm behutsam übers Haar. »Wir bringen dich ins Trockene, okay? Es wird wahrscheinlich wehtun, dafür wirst du heute Nacht nicht frieren müssen.«
    Paul wies sie an, das Seil aus seinem Beutel unter Arnos Achselhöhlen zu einer festen Schlinge zu knüpfen. »Dann lasst ihr ihn zu mir runter. Vorsichtig.«
    In die Gruppe kam Bewegung. Es war wohl die Aussicht auf das Feuer, auf Wärme und trockene Kleidungsstücke, die sie alle überzeugte.
    Gemeinsam mit Georg und Carina schob Bastian den erst stöhnenden, dann schreienden Arno vorsichtig durch den Erdspalt, dann ließen sie ihn langsam hinunter. Bastian litt mit ihm, Arnos Reise unter die Erde kam ihm endlos vor, und er atmete erst auf, als Paul ihnen zurief, dass alles gut gegangen war.
    Dann kam Steinchen an die Reihe und er stellte eine größere Herausforderung dar, in jeder Hinsicht. Immerhin konnte er selbst bis zu dem Loch kriechen, nachdem sie ihn geweckt hatten. Er passte sogar hindurch, doch ihn am Seil zu halten, ohne dass er abstürzte, würde so gut wie unmöglich sein.
    »Wir wickeln es einmal um diesen Felsvorsprung und hoffen, dass es nicht reißt«, schlug Georg hustend vor.
    Bis zum letzten Moment, bis zu dem Augenblick, als Steinchens Füße den Boden unter der Erde berührte, glaubte Bastian nicht, dass es gelingen würde. Als er Pauls »Wir haben ihn!« hörte, lehnte er sich gegen die Felswand und atmete tief durch.
    Lisbeth und Doro waren die Nächsten, die hinunterstiegen,

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