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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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das mit dem Zufall kann inzwischen keiner mehr glauben. An diesen Scheißfluch will ich nicht glauben. Und die dritte Möglichkeit …«, sie sah Bastian in die Augen. Er wusste genau, was sie meinte. Wen.
    »Die dritte Möglichkeit«, fuhr sie fort, »besteht immer noch. Allerdings haben wir es mit jemandem zu tun, der irre ist. Nicht genial. Um das alles hier so fürchterlich passend hinzubekommen, hat er einfach nicht genug drauf. Und er hätte mich längst einkassiert, das weiß ich.«
    »Wovon redet ihr?« Paul gähnte, streckte sich und stand auf. »Dritte Möglichkeit? Einkassiert?«
    »Nicht wichtig.« Mit einem Kopfschütteln hielt Iris ihre Hände näher ans Feuer. Paul sah sie mit einem prüfenden Blick an, doch sie sagte nichts mehr, zuckte nur mit den Schultern.
    »Wir hatten erbärmlich viel Pech die letzten Tage, aber jetzt wendet sich das Blatt, denke ich.« Paul lächelte Bastian an, als würde er nur zu ihm sprechen. »Dass wir diese … Halle gefunden haben, war riesiges Glück. Hier können wir es eine Weile aushalten.«
    Er sammelte herumliegende Äste auf und warf sie ins Feuer, dann setzte er sich neben Bastian, wofür Iris ein Stück zur Seite rücken musste. In ihrem verwunderten Gesicht spiegelte sich Bastians eigenes Erstaunen wider.
    Zum wiederholten Mal legte Paul ihm einen Arm um die Schultern. »Ist das nicht ein wundervoller Ort? Ich wünschte, er könnte erzählen, was sich in früherer Zeit hier abgespielt hat, von all den Ereignissen, deren Zeuge er geworden ist.« Er hob den Kopf, als ob er lauschte. »Der Ort atmet Geschichte, spürt ihr das auch? Man kann fast das Klirren der Rüstungen hören, das Rascheln der Roben, die Lieder der Minnesänger. Iris, willst du nicht für uns spielen?«
    »Nein.«
    »Schade.«
    Bastian merkte, dass er die Luft anhielt. Er fühlte sich in Pauls freundschaftlicher Umarmung überhaupt nicht wohl. Dafür kannten sie sich einfach nicht gut genug und diese seltsame Andeutung von gestern Nacht war ihm nach wie vor unangenehm. Es würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als mit Paul ein paar klare Worte zu wechseln, aber nicht hier, nicht vor der ganzen Gruppe.
    Der ganzen Gruppe minus Sandra, Warze und Lars, flüsterte es boshaft in seinem Inneren. Die hast du vor lauter Angst um deine eigene Haut fast vergessen, stimmt's?
    Er presste die Augen zusammen, und als er sie nach einiger Zeit wieder öffnete, fing er Lisbeths Blick auf, die Paul und ihn nicht aus den Augen ließ. Als sie merkte, dass Bastian sie ebenfalls ansah, lächelte sie.
    Er machte sich aus Pauls Griff frei, murmelte eine kurze Entschuldigung und tat, was er ohnehin vorgehabt hatte: nach Arno und Steinchen sehen.
    Beide lagen unmittelbar am Feuer, um warm zu werden, und bei Arno hatte das bereits mehr als nur Früchte getragen. Er war fieberheiß und nur halb bei Bewusstsein, bei jeder Berührung stöhnte er auf. Die Wunde auf seiner Stirn war verkrustet und begann sich zu entzünden. Das war zu befürchten gewesen.
    Ich hätte etwas zum Desinfizieren mitschmuggeln sollen, niemanden hätte es gestört. Wie unfassbar dumm von mir.
    Bilder aus alten Filmen tanzten durch seinen Kopf, in denen die Helden ihre Wunden ausbrannten, um sie zu reinigen. Bastian schüttelte sich. Nein. Morgen früh würden sie den Rückweg antreten und keiner würde in eine Fallgrube tappen. Danach war es eine Frage von ein oder zwei Stunden, bis Arno professionelle Hilfe bekam, von richtigen Ärzten mit richtigen Medikamenten.
    »Gib ihm regelmäßig zu trinken, ja?«, bat er Alma und ging weiter zu Steinchen.
    »Tomen, edler Gefährte«, begrüßte der ihn mit matter Stimme. »Wir haben Euch in ein elendes Schlamassel gebracht, nicht wahr?«
    »Mir geht es gut. Und dir? Zeig mir mal deine Arme.«
    Sie sahen besser aus, Gott sei Dank. Die Haut schlug immer noch Blasen, doch sie vermehrten sich nicht mehr und es schien, als würden sie bereits verheilen.
    »Kriegst du wieder gut Luft?«
    »Viel besser als heute Mittag«, nickte Steinchen. »Es geht aufwärts. Danke, dass du dich um mich gekümm -« Er spähte mit zusammengekniffenen Augen an Bastian vorbei.
    »Was ist los?«
    »Weiß nicht. Ich dachte, ich hätte jemanden dort stehen sehen, wo der Gang abzweigt. Augen. Da waren Augen.«
    Bastian konnte nichts erkennen, das übliche Problem. Er verfluchte seine Kurzsichtigkeit.
    Auch Iris' Kopf war sofort in die Richtung geschnellt, in die Steinchen wies, jeder Muskel an ihrem Körper war

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