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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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Bergbewohner sich Zeichen geben. Es ruft auch dich … Schau, es ist der Johannisabend!
    DIEGO
    Inmitten der Massengräber!
    VICTORIA
    Massengräber, Wiesen, was ändert das an meiner Liebe? Sie schadet wenigstens niemandem, sie ist selbstlos! Aber dein Wahn, deine sinnlose Aufopferung, wem helfen die? Jedenfalls nicht mir, jedes Wort von dir ist wie ein Messerstich!
    DIEGO
    Weine nicht, du Tapfere! Es ist zum Verzweifeln! Warum ist das alles über uns gekommen? Ich hätte deine bitteren Tränen getrunken und den Mund geküsst, den sie verätzen, ich hätte dein Gesicht mit so vielen Küssen bedeckt, wie ein Olivenbaum Blätter hat!
    VICTORIA
    Ah! Jetzt erkenne ich dich wieder! Das ist unsere Sprache, die du verlernt hattest! (Will ihm die Hände reichen.) Ich will dich wiedererkennen …
    ( DIEGO weicht zurück, deutet auf die Pestmale. Sie streckt die Hand weiter aus, zögert.)
    DIEGO
    Siehst du, du hast auch Angst …
    ( VICTORIA drückt die Hand auf seine Male. Er tritt verstört zurück. Sie streckt die Arme aus.)
    VICTORIA
    Komm schnell! Hab keine Angst mehr!
    (Aber das Stöhnen und die Flüche werden immer lauter. Er blickt sich nach allen Seiten um wie ein Irrer und flieht.)
    VICTORIA
    Ah! Einsamkeit!
    CHOR DER FRAUEN
    Wir sind Wächterinnen! Diese Ereignisse sind zu groß für uns, wir warten darauf, dass sie zu Ende gehen. Wir werden unser Geheimnis bis zum Winter hüten, bis zur Stunde der Freiheit, wenn die Schreie der Männer verstummt sind und sie zu uns zurückkommen, um sich das zu holen, ohne das sie nicht leben können: die Erinnerung an die freien Meere, den leeren Sommerhimmel, den ewigen Duft der Liebe. Und wir warten wie welkes Septemberlaub. Es hält einen Augenblick inne, dann drückt das Gewicht des Wassers auf ihnen sie hinunter. Jetzt liegen wir auch am Boden. Mit gebeugtem Rücken warten wir, dass die Schreie all der Kämpfe verhallen, wir hören, wie tief in uns sanft das glückliche Meer brandet. Wenn die nackten Mandelbäume voller Reifblüten stehen, dann, ja dann werden wir uns ein wenig aufrichten, empfänglich für den ersten Hauch der Hoffnung, und im neuen Frühling erheben wir uns ganz. Und dann kommen diejenigen, die uns lieben, auf uns zu, und je näher sie kommen, desto mehr werden wir wie die salz- und wasserschweren Boote, reich an Düften, die das steigende Wasser nach und nach aufhebt, bis sie endlich auf dem glatten Wasser schwimmen. Ah! Wind soll kommen, Wind soll kommen …
    (Dunkel.)
     
    (Licht auf dem Quai. DIEGO kommt und ruft jemandem zu, den er entfernt am Meer sieht. Im Hintergrund der CHOR der Männer.)
    DIEGO
    He! Hallo!
    EINE STIMME
    He! Hallo!
    (Ein SCHIFFER taucht auf, nur sein Kopf schaut über den Rand des Quais.)
    DIEGO
    Was machst du?
    DER SCHIFFER
    Ich bringe Nachschub.
    DIEGO
    In die Stadt?
    DER SCHIFFER
    Nein, die Stadt wird im Prinzip von der Verwaltung versorgt. Auf Lebensmittelkarten natürlich. Ich bringe Brot und Milch. Weit draußen ankern Boote, einige Familien haben dort Zuflucht vor der Krankheit gesucht. Ich bringe ihre Briefe und nehme Vorräte mit zurück.
    DIEGO
    Aber das ist verboten.
    DER SCHIFFER
    Die Verwaltung verbietet es. Aber ich kann nicht lesen und war auf See, als die Ausrufer das neue Gesetz verkündeten.
    DIEGO
    Nimm mich mit.
    DER SCHIFFER
    Wohin?
    DIEGO
    Aufs Meer. Zu den Booten.
    DER SCHIFFER
    Das ist aber verboten.
    DIEGO
    Du hast von dem Gesetz weder gelesen noch gehört.
    DER SCHIFFER
    Das verbietet nicht die Verwaltung, sondern die Menschen auf den Booten. Sie sind nicht sicher.
    DIEGO
    Wie, nicht sicher?
    DER SCHIFFER
    Na ja, Sie könnten es einschleppen.
    DIEGO
    Was einschleppen?
    DER SCHIFFER
    Psst! (Er blickt sich um.) Die Keime, was sonst! Sie könnten die Keime einschleppen.
    DIEGO
    Ich zahle, was es kostet.
    DER SCHIFFER
    Bitte bedrängen Sie mich nicht. Ich bin schwach.
    DIEGO
    Ich zahle alles, was es kostet.
    DER SCHIFFER
    Auf Ihre Verantwortung?
    DIEGO
    Ja.
    DER SCHIFFER
    Steigen Sie ein. Das Meer ist ruhig.
    ( DIEGO will hineinspringen, aber hinter ihm taucht die SEKRETÄRIN auf.)
    DIE SEKRETÄRIN
    Nein! Sie fahren nicht!
    DIEGO
    Wie?
    DIE SEKRETÄRIN
    Das ist nicht vorgesehen. Außerdem kenne ich Sie, Sie nehmen nicht Reißaus.
    DIEGO
    Mich kann nichts hindern.
    DIE SEKRETÄRIN
    Es genügt, dass ich es will. Und ich will es, denn ich habe etwas mit Ihnen vor. Sie wissen, wer ich bin!
    (Sie weicht ein wenig zurück, wie um ihn mitzuziehen. Er folgt ihr.)
    DIEGO
    Sterben macht mir nichts. Aber schmutzig

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