Sämtliche Dramen
Freiheit?
Bote
.
In Freiheit, Fürstin? Nein, so sagt’ ich nicht:
Octavia bindet ihn.
Cleopatra
.
In welchem Sinn?
Bote
.
Als Eh’gemahl.
Cleopatra
.
Ich zittre, Charmion.
Bote
.
Fürstin, er ist Octavien vermählt!
Cleopatra
.
Die giftigste von allen Seuchen dir!
Schlägt ihn.
Bote
.
Geduld, o Königin!
Cleopatra
.
Was sagst du? Fort,
Elender Wicht! Sonst stoß’ ich deine Augen
Wie Bälle vor mir her; raufe dein Haar,
Lasse mit Draht dich geißeln, brühn mit Salz,
In Lauge scharf gesättigt.
Bote
.
Gnäd’ge Fürstin,
Ich meldete die Heirat, schloß sie nicht!
Cleopatra
.
Sag, ’s ist nicht so: ich schenke dir ein Land,
Daß du im Glücke schwelgest; jener Schlag
Sei Buße, daß du mich in Wut gebracht,
Und ich gewähre jede Gunst dir noch,
Die Demut wünschen mag.
Bote
.
Er ist vermählt.
Cleopatra
.
Schurke, du hast zu lang gelebt ...
Zieht einen Dolch.
Bote
.
Dann lauf ich –
Was wollt Ihr, Fürstin, ’s ist nicht mein Vergehn!
Ab.
Charmion
.
O Fürstin, faßt Euch! Seid nicht außer Euch! –
Der Mann ist schuldlos!
Cleopatra
.
Wie manch Unschuld’gen trifft der Donnerkeil!
Der Nil ersäuf’ Ägypten! Werdet Schlangen,
Ihr sanftesten Geschöpfe! – Ruf’ den Sklaven:
Bin ich auch toll, ich beiß’ ihn nicht. – Ruft ihn!
Charmion
.
Er fürchtet sich vor dir.
Cleopatra
.
Ich tu’ ihm nichts.
Ihr Hände seid entadelt, weil ihr schlugt
Den Mindern als ich selbst: denn nur ich selbst
War Ursach’ meines Zorns. – Hieher denn, komm!
Bote kommt zurück.
Obwohl es redlich ist, war’s nimmer gut,
Die schlimme Nachricht bringen: Freudenbotschaft
Verkünd’ ein Heer von Zungen, doch die schlimme
Mag selbst sich melden, wenn man sie empfindet.
Bote
.
Ich tat nach meiner Pflicht.
Cleopatra
.
Ist er vermählt?
Ich kann nicht mehr dich hassen, als ich tat,
Sagst du noch einmal ja.
Bote
.
Er ist vermählt.
Cleopatra
.
Fluch über dich! So bleibst du stets dabei? –
Bote
.
Sollt’ ich denn lügen?
Cleopatra
.
O daß du es tät’st!
Und wär’ mein halb Ägypten überschwemmt,
Ein Pfuhl für schupp’ge Nattern! Geh, entfleuch:
Hätt’st du ein Antlitz wie Narziß, für mich
Schienst du ein Ungeheuer! – Er vermählt? –
Bote
.
Ich bitt’ Euch um Vergebung ...
Cleopatra
.
Er vermählt?
Bote
.
Zürnt nicht, daß ich Euch nicht erzürnen will;
Mich dafür strafen, was Ihr selbst verlangt,
Scheint höchst unrecht. – Er ist Octaviens Gatte.
Cleopatra
.
O daß dein Frevel dich zum Schurken macht,
Der du nicht bist! Wie! weißt du’s sicher? Fort!
Die Ware, die du mir von Rom gebracht,
Ist mir zu teuer; bleibe sie dir liegen,
Und möge dich verderben!
Bote ab.
Charmion
.
Faßt Euch, Hoheit!
Cleopatra
.
Antonius zu erheben, schalt ich Cäsarn ...
Charmion
.
Oft, gnäd’ge Fürstin.
Cleopatra
.
Dafür lohnt er nun! –
Führt mich von hier!
Mir schwindelt. Iras, Charmion! – Es geht vorüber!
Geh zu dem Boten, mein Alexas, heiß’ ihn
Octavias Züge schildern, ihre Jahre,
Ihr ganz Gemüt: er soll dir nicht vergessen
Die Farbe ihres Haars: gib schnell mir Nachricht!
Alexas ab.
Er geh’ auf immer! – Nein doch! Liebe Charmion,
Wenn er auch Gorgo ähnlich sieht von hier,
Von dort gleicht er dem Mars; sag dem Alexas,
Er melde mir, wie groß sie ist. Hab’ Mitleid,
Doch sag nichts, Charmion! – Führt mich in mein Zimmer!
Alle ab.
¶
Sechste Szene
In der Nähe von Misenum.
Es treten auf von der einen Seite Pompejus und Menas, mit Trommeln und Trompeten; von der andern Cäsar, Antonius, Lepidus, Enobarbus und Mäcenas mit Truppen.
Pompejus
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Ihr habt nun meine Geiseln, ich die Euern:
So laßt uns reden vor der Schlacht!
Cäsar
.
Sehr löblich,
Daß erst verhandelt werde; darum sandt’ ich
Voraus, was wir dir schriftlich zugestanden.
Hast du dies wohl erwogen, zeig’ uns an,
Ob’s in der Scheide hält dein zürnend Schwert
Und führt zurück Siziliens mut’ge Jugend,
Die sonst hier fallen muß.
Pompejus
.
Hört mich, ihr drei
Allein’ge Rechtsverweser dieser Welt,
Höchste Statthalter Jupiters: Ich weiß nicht,
Weshalb mein Vater Rache sollt’ entbehren,
Dem Sohn und Freunde blieben, da doch Cäsar,
Der sich dem edlen Brutus offenbart,
Euch bei Philippi für ihn kämpfen sah.
Was trieb den bleichen Cassius zur Verschwörung?
Was tränkte der altröm’sche biedre Brutus,
Und wer noch sonst für holde Freiheit focht,
Mit Blut das Kapitol? Nur daß ein
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