Sämtliche Dramen
sucht Ihr mit dem Bruder,
Was für Gesellen in der Nähe; geht
Mit ihm, laßt mich nur machen!
Bellarius und Arviragus ab.
Cloten
.
Halt! Wer seid ihr,
Die vor mir fliehn? Wohl tückische Waldräuber?
Man spricht von solchen. – Welch ein Sklav’ bist du?
Guiderius
.
Nicht so sehr Sklave, daß ich solchen Gruß
Erwidert’ ohne Schlag.
Cloten
.
Du bist ein Räuber,
Ein Spitzbub’ und ein Schuft: ergib dich, Dieb!
Guiderius
.
Wem? Dir? Wer bist du? Ist mein Arm so stark
Wie deiner nicht? Mein Herz nicht ganz so stark?
In Worten bist du freilich stärker, denn
Ich trage nicht den Dolch im Mund. Wer bist du?
Weshalb mich dir ergeben?
Cloten
.
Niedrer Schuft,
Kennst mich an meinen Kleidern nicht?
Guiderius
.
Nein, Schurke!
Noch deinen Schneider, deinen Großpapa:
Er machte dir das Kleid, das, wie es scheint,
Dich macht.
Cloten
.
Wie, auserlesner Schelm, mein Schneider
Hat’s nicht gemacht.
Guiderius
.
Fort denn, und danke dem,
Der dir’s geschenkt! Du bist ein rechter Narr.
Mich ekelt’s, dich zu schlagen.
Cloten
.
Bösewicht,
Hör’ meinen Namen nur, und zittre!
Guiderius
.
Nun?
Wie ist dein Name denn?
Cloten
.
Cloten, du Schurke!
Guiderius
.
Du Doppelschurke! Sei Cloten dein Name,
Ich zittre nicht davor; wär’s Kröte, Spinne,
Das rührte eh’ mich.
Cloten
.
Mehr dich noch zu schrecken,
Ja, völlig zu vernichten, sollst du wissen,
Ich bin der Kön’gin Sohn.
Guiderius
.
Das tut mir leid;
Du scheinst nicht edel, wie dein Stamm.
Cloten
.
Und noch
Fürcht’st du dich nicht?
Guiderius
.
Die ich verehre, fürcht’ ich:
Die Klugen; über Narren lach’ ich nur,
Die fürcht’ ich nicht.
Cloten
.
So stirb des Todes denn!
Wenn ich mit eignen Händen dich erschlagen,
So folg’ ich jenen nach, die erst geflohn,
Und auf Luds Tore pflanz’ ich eure Köpfe.
Ergib dich, wilder Räuber des Gebirges!
Sie gehn fechtend ab.
Bellarius und Arviragus treten auf.
Bellarius
.
Kein Mensch ist weiter dort.
Arviragus
.
Nichts in der Welt: Ihr irrtet Euch in ihm.
Bellarius
.
Ich weiß nicht, lang’ ist’s her, seit ich ihn sah,
Doch keinen Zug des Angesichts von damals
Hat Zeit verwischt; dies Stottern seiner Stimme,
Dies Sprudeln, wenn er spricht, ist seins: ich bin
Gewiß, es ist Cloten.
Arviragus
.
Hier blieben sie:
Wird nur mein Bruder nicht von ihm beschädigt!
Ihr sagt, er ist so schlimm.
Bellarius
.
Nur dürftig ausgebildet
Zum Menschen, mein’ ich, nahm er auch nicht wahr,
Was Graus und Schrecken sei: so macht der Mangel
An Urteil furchtbar oft. Doch sieh, dein Bruder!
Guiderius kommt, mit Clotens Kopf.
Guiderius
.
Der Cloten war ein Narr, ein leerer Beutel,
Kein Geld darin. Nicht Herkules konnt’ ihm
Das Hirn ausschlagen, denn er hatte keines;
Hätt’ ich dies nicht getan, so trug der Narr
Jetzt meinen Kopf, wie seinen ich.
Bellarius
.
Was tatst du?
Guiderius
.
Ich weiß wohl, was: ich schlug ab Clotens Kopf,
Der Kön’gin Sohn, wie er mir selbst gesagt;
Der mich Verräter, Räuber nannt’, und schwur,
Daß er allein uns all’ hier fangen wolle,
Abnehmen unsre Köpfe, wo, Gott Lob,
Sie stehn, und über Luds Stadt henken.
Bellarius
.
Weh!
Wir alle sind verloren.
Guiderius
.
Würd’ger Vater,
Was können wir verlieren, als was er
Zu nehmen schwur: das Leben? Das Gesetz
Beschützt uns nicht: drum, weshalb schwächlich zagen,
Wenn ein hochmüt’ger Fleischklotz uns bedroht,
Der Richter spielt und Henker, alles selbst,
Weil das Gesetz wir fürchten? Von Genossen
Wie viele saht ihr?
Bellarius
.
Keine Seele weiter
Kann man ersehn; doch muß, vernünft’ger Weise,
Gefolge bei ihm sein. Sucht’ er auch Ehre
Zumeist in stetem Wechsel, ja, und das
Vom Schlechten nur zum Schlimmern, konnte doch
Verrücktheit, Aberwitz so rasen nicht,
Allein hieher zu kommen. Möglich wohl,
Wie man am Hof gehört, daß unsers Gleichen,
Felswohner jagen hier, als vogelfrei,
Und mit der Zeit zur Bande werden könnten:
Er hört’ es wohl, brach auf (es sieht ihm gleich)
Und schwur, uns einzufangen; – doch nicht glaublich,
Daß er allein kam: weder wagt’ er das,
Noch litten sie’s; drum fürchten wir mit Grund,
Wenn wir den Schweif von diesem Leib für schlimmer
Noch halten als das Haupt.
Arviragus
.
Das Unheil komme,
Wie Gott es sendet; aber dennoch tat
Mein Bruder recht.
Bellarius
.
Ich hatte keine Lust
Zu jagen heut; Fidelios Krankheit machte
Den Weg mir lang.
Guiderius
.
Mit seinem eignen
Weitere Kostenlose Bücher