Sämtliche Dramen
Euch gleichfalls, Herr!
Junker Tobias
. Was du für Waffen bei dir hast, nimm sie zur Hand; von welcher Art die Beleidigungen sind, die du ihm zugefügt, weiß ich nicht; aber dein Nachsteller, hoch ergrimmt, blutig wie der Jäger, erwartet dich an der Gartenecke. Heraus mit der Klinge! Rüste dich wacker! Denn dein Gegner ist rasch, geschickt und mörderlich.
Viola
. Ihr irrt Euch, Herr; ich bin gewiß, daß niemand irgendeinen Zank mit mir hat. Mein Gedächtnis ist völlig rein und frei von Vorstellungen eines Unrechts, das ich jemanden zugefügt haben sollte.
Junker Tobias
. Ihr werdet es anders finden, ich versichre Euch: wenn Ihr also das Geringste aus Eurem Leben macht, so seid auf Eurer Hut: denn Euer Gegner hat alles für sich, was Jugend, Stärke, Geschicklichkeit und Wut einem verschaffen kann.
Viola
. Um Verzeihung, Herr, was ist er für ein Mann?
Junker Tobias
. Er ist ein Ritter, dazu geschlagen mit unversehrtem Schwert, auf gewirktem Boden; aber er ist ein rechter Teufel in Zweikämpfen: der Seelen und Leiber, so er geschieden, sind drei; und sein Grimm in diesem Augenblick ist so unversöhnlich, daß er keine andre Genugtuung kennt, als Todesangst und Begräbnis. Drauf und dran! ist sein Wort; mir nichts, dir nichts!
Viola
. Ich will wieder in das Haus gehn und mir eine Begleitung von der Dame ausbitten. Ich bin kein Raufer. Ich habe wohl von einer Art Leute gehört, die mit Fleiß Händel mit andern anzetteln, um ihren Mut zu prüfen: vielleicht ist er einer von diesem Schlage.
Junker Tobias
. Nein, Herr; seine Entrüstung rührt von einer sehr wesentlichen Beleidigung her; also vorwärts, und tut ihm seinen Willen! Zurück zum Hause sollt Ihr nicht, wenn Ihr’s nicht mit mir aufnehmen wollt, da Ihr Euch doch ebenso wohl ihm selbst stellen könntet. Also vorwärts, oder zieht gleich fasernackt vom Leder; denn schlagen müßt Ihr Euch, das ist ausgemacht, oder für immer verschwören, eine Klinge zu tragen.
Viola
. Das ist ebenso unhöflich als seltsam. Ich bitte Euch, erzeigt mir die Gefälligkeit, den Ritter zu fragen, worin ich ihn beleidigt habe; es ist gewiß nur aus Unachtsamkeit, nicht aus Vorsatz geschehn.
Junker Tobias
. Das will ich tun. Signor Fabio, bleibt Ihr bei diesem Herrn, bis ich zurückkomme. Ab.
Viola
. Ich bitte Euch, mein Herr, wißt Ihr um diesen Handel?
Fabio
. Ich weiß nur, daß der Ritter auf Tod und Leben gegen Euch erbost ist, aber nichts von den näheren Umständen.
Viola
. Um Verzeihung, was ist er für eine Art von Mann?
Fabio
. Sein Äußeres verrät nichts so Außerordentliches, als Ihr durch die Proben seiner Herzhaftigkeit an ihm werdet kennen lernen. Er ist in der Tat der behendeste, blutgierigste und verderblichste Gegner, den Ihr in ganz Illyrien hättet finden können. Wollt Ihr ihm entgegen gehn? Ich will Euch mit ihm aussöhnen, wenn ich kann.
Viola
. Ich würde Euch sehr verbunden sein; ich für mein Teil habe lieber mit dem Lehrstande als dem Wehrstande zu tun; ich frage nicht darnach, ob man mir viel Herz zutraut.
Beide ab.
¶
Fünfte Szene
Die Straße bei Olivias Garten.
Junker Tobias und Junker Christoph kommen.
Junker Tobias
. Ja, Freund, er ist ein Teufelskerl: ich habe niemals solch einen Haudegen gesehn. Ich machte einen Gang mit ihm auf Klinge und Scheide, und er tut seine Ausfälle mit so ’ner höllenmäßigen Geschwindigkeit, daß nichts dagegen zu machen ist; und wenn er pariert hat, bringt er Euch den Stoß so gewiß bei, als Euer Fuß den Boden trifft, wenn Ihr auftretet. Es heißt, er ist Fechtmeister beim großen Mogul gewesen.
Junker Christoph
. Hol’s der Henker, ich will mich nicht mit ihm schlagen.
Junker Tobias
. Ja, er will sich aber nun nicht zufrieden sprechen lassen: Fabio kann ihn da drüben kaum halten.
Junker Christoph
. Hol’s der Kuckuck! Hätte ich gewußt, daß er herzhaft und so ein großer Fechter wäre, so hätte ihn der Teufel holen mögen, eh’ ich ihn herausgefodert hätte. Macht nur, daß er die Sache beruhn läßt, und ich will ihm meinen Hans, den Apfelschimmel, geben.
Junker Tobias
. Ich will ihm den Vorschlag tun; bleibt hier stehn, und stellt Euch nur herzhaft an! Beiseit. Dies soll ohne Mord und Totschlag abgehn. Mein’ Seel’, ich will Euer Pferd so gut reiten als Euch selbst.
Fabio und Viola kommen.
Junker Tobias
zu Fabio. Ich habe sein Pferd, um den Streit beizulegen. Ich habe ihn überredet, daß der junge Mensch ein Teufelskerl ist.
Fabio
zu Junker Tobias. Der hat eben solch
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