Sämtliche Dramen
Euch in Kisten schloßt und Kasten,
Bei Säuen stalltet, süße Sicherheit
In Gruft und Kerker suchtet und erbebtet
Selbst vor dem Schrei’n von Eures Volkes Hahn,
Als wär’ die Stimm’ ein englischer Soldat; –
Soll hier die Siegerhand entkräftet sein,
Die Euch gezüchtigt hat in Euren Kammern?
Nein! Wißt, der tapfre Fürst ist in den Waffen
Und schwebt als Adler über seiner Brut,
Herabzuschießen, wenn dem Nest was naht.
Und ihr abtrünn’ge, undankbare Art,
Blutdürst’ge Neros, die den Leib zerfleischen
Der Mutter England, werdet rot vor Scham!
Denn eure eignen Frau’n und blassen Mädchen,
Wie Amazonen, trippeln nach der Trommel,
Aus Fingerhüten Waffenhandschuh’ machend,
Aus Nadeln Lanzen, und das sanfte Herz
Zu blutiger und wilder Regung kehrend.
Louis
.
Dein Pochen ende hier, und scheid’ in Frieden!
Wir geben’s zu, du kannst uns überschelten:
Leb wohl! Wir achten unsre Zeit zu hoch,
Um sie mit solchem Prahler zu verschwenden.
Pandulpho
.
Erlaubt zu reden mir!
Bastard
.
Nein, ich will reden.
Louis
.
Wir wollen keinen hören. Rührt die Trommel!
Des Krieges Zunge führe nun das Wort
Für unsern Anspruch und für unser Hiersein!
Bastard
.
Ja, schlagt die Trommeln, und sie werden schrein;
Ihr auch, wenn wir euch schlagen. Wecke nur
Ein Echo auf mit deiner Trommel Lärm,
Und eine Trommel ist bereit zur Hand,
Die laut, wie deine, widerschallen soll;
Rühr’ eine andre, und die andre soll
So laut wie dein’ ans Ohr des Himmels schmettern,
Des tiefen Donners spottend: denn schon naht,
Nicht trauend diesem hinkenden Legaten,
Den er aus Spaß viel mehr als Not gebraucht,
Der krieg’rische Johann; und auf der Stirn
Sitet ihm ein Beingeripp’, des Amt es ist,
Zu Tausenden Franzosen aufzuschwelgen.
Louis
.
Rührt unsre Trommeln, sucht denn die Gefahr!
Bastard
.
Du wirst sie finden, Dauphin, das bleibt wahr!
Alle ab.
¶
Dritte Szene
Ebendaselbst. Ein Schlachtfeld.
Getümmel. König Johann und Hubert treten auf.
König Johann
.
Wie geht der Tag für uns? O sag mir, Hubert!
Hubert
.
Schlecht, fürcht’ ich; was macht Eure Majestät?
König Johann
.
Dies Fieber, das so lange mich geplagt,
Liegt schwer auf mir: oh, ich bin herzlich krank!
Ein Bote tritt auf.
Bote
.
Herr, Euer tapfrer Vetter, Faulconbridge,
Mahnt Eure Majestät, das Feld zu räumen;
Geruht zu melden ihm, wohin Ihr geht!
König Johann
.
Sagt ihm, nach Swinstead, dort in die Abtei.
Bote
.
Seid gutes Mutes, denn die große Hülfsmacht,
Die hier erwartet ward vom Dauphin, ist
Vorgestern Nacht auf Goodwin-Strand gescheitert.
Die Nachricht kam bei Richard eben an:
Schon fechten die Franzosen matt und weichen.
König Johann
.
Weh mir! Dies Fieber brennt mich grausam auf
Und läßt mich nicht die Zeitung froh begrüßen.
Fort denn nach Swinstead! Gleich zu meiner Sänfte!
Schwachheit bewältigt mich, und ich bin matt.
Alle ab.
¶
Vierte Szene
Ein andrer Teil des Schlachtfeldes.
Salisbury, Pembroke, Bigot und andre treten auf
Salisbury
.
Ich hielt den König nicht so reich an Freunden.
Pembroke
.
Noch einmal auf! Ermutigt die Franzosen!
Mißglückt es ihnen, so mißglückt es uns.
Salisbury
.
Der mißgeborne Teufel, Faulconbridge
Trotz allem Trotz, hält er die Schlacht allein.
Pembroke
.
Es heißt, der König räumte krank das Feld.
Melun kommt, verwundet und von Soldaten geführt.
Melun
.
Führt mich zu den Rebellen Englands hier!
Salisbury
.
In unserm Glück gab man uns andre Namen.
Pembroke
.
Es ist Graf Melun.
Salisbury
.
Auf den Tod verwundet.
Melun
.
Flieht, edle Englische, ihr seid verkauft;
Entfädelt der Empörung rauhes Öhr
Und neu bewillkommt die entlaßne Treu’!
Sucht euren König auf, fallt ihm zu Füßen:
Denn wird der Dauphin Herr des schwülen Tags,
So denkt er euch genommne Müh’ zu lohnen,
Indem er euch enthauptet; er beschwor’s,
Und ich mit ihm, und viele mehr mit mir
Auf dem Altare zu Sankt Edmunds-Bury,
Auf eben dem Altar, wo teure Freundschaft
Und ew’ge Liebe wir euch zugeschworen.
Salisbury
.
O wär’ das möglich! Sollt’ es Wahrheit sein!
Melun
.
Hab’ ich nicht grausen Tod im Angesicht?
Und heg’ in mir nur etwas Leben noch,
Das weg mir blutet, wie ein wächsern Bild,
Am Feuer schmelzend, die Gestalt verliert?
Was in der Welt kann mich zum Trug bewegen,
Jetzt, da kein Trug Gewinn mir bringen kann?
Warum denn sollt’ ich falsch sein, da ich weiß,
Daß ich hier sterb’ und dort durch
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