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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Weltgeschäften nennt man’s undankbar,
    Mit trägem Widerwillen Schulden zahlen,
    Die eine milde Hand uns freundlich lieh;
    Viel mehr, dem Himmel so sich widersetzen,
    Weil er von Euch die königliche Schuld
    Zurücke fodert, die er Euch geliehn.
    Rivers
.
    Bedenkt als treue Mutter, gnäd’ge Frau,
    Den Prinzen, Euren Sohn; schickt gleich nach ihm
    Und laßt ihn krönen. In ihm lebt Euer Trost:
    Das Leid senkt in des toten Eduard Grab,
    Die Lust baut auf des blüh’nden Eduard Thron.
    Gloster, Buckingham, Stanley, Hastings, Ratcliff und andre treten auf.
    Gloster
.
    Faßt, Schwester, Euch; wir alle haben Grund,
    Um die Verdunklung unsers Sterns zu jammern:
    Doch niemand heilt durch Jammern seinen Harm. –
    Ich bitt’ Euch um Verzeihung, gnäd’ge Mutter,
    Ich sah Eu’r Gnaden nicht. Demütig auf den Knie’n
    Bitt’ ich um Euren Segen.
    Herzogin
.
    Gott segne dich! und flöße Milde dir,
    Gehorsam, Lieb’ und echte Treu’ ins Herz!
    Gloster
.
    Amen!
    Und lass’ als guten alten Mann mich sterben! –
    Beiseit.
    Das ist das Hauptziel eines Muttersegens:
    Mich wundert, daß Ihr’ Gnaden das vergaß.
    Buckingham
.
    Umwölkte Prinzen, herzbeklemmte Pairs,
    Die diese schwere Last des Jammers drückt!
    Hegt all in eurer Lieb’ einander nun.
    Ist unsre Ernt’ an diesem König hin,
    So werden wir des Sohnes Ernte sammeln.
    Der Zwiespalt eurer hochgeschwollnen Herzen,
    Erst neulich eingerichtet und gefugt,
    Muß sanft bewahrt, gepflegt, gehütet werden.
    Mir deucht es gut, daß gleich ein klein Gefolg
    Von Ludlow her den jungen Prinzen hole,
    Als König hier in London ihn zu krönen.
    Rivers
.
    Warum ein klein Gefolg, Mylord von Buckingham?
    Buckingham
.
    Ei, Mylord, daß ein großer Haufe nicht
    Des Grolles neugeheilte Wunde reize;
    Was um so mehr gefährlich würde sein,
    Je mehr der Staat noch wild und ohne Führer.
    Wo jedes Roß den Zügel ganz beherrscht
    Und seinen Lauf nach Wohlgefallen lenkt.
    Sowohl des Unheils Furcht als wirklich Unheil
    Muß, meiner Meinung nach, verhütet werden.
    Gloster
.
    Der König schloß ja Frieden mit uns allen,
    Und der Vertrag ist fest und treu in mir.
    Rivers
.
    So auch in mir, und so, denk’ ich, in allen;
    Doch weil er noch so frisch ist, sollte man
    Auf keinen Anschein eines Bruchs ihn wagen,
    Den viel Gesellschaft leicht befördern könnte.
    Drum sag’ ich mit dem edlen Buckingham,
    Daß wen’ge nur den Prinzen holen müssen.
    Hastings
.
    Das sag’ ich auch.
    Gloster
.
    So sei es denn; und gehn wir, zu entscheiden,
    Wer schnell sich auf nach Ludlow machen soll. –
    Fürstin und Ihr, Frau Mutter, wollt ihr gehn,
    Um mitzustimmen in der wicht’gen Sache?
    Alle ab außer Buckingham und Gloster.
    Buckingham
.
    Mylord, wer auch zum Prinzen reisen mag,
    Um Gottes willen, bleiben wir nicht aus:
    Denn unterwegs schaff’ ich Gelegenheit,
    Als Eingang zu dem jüngst besprochnen Handel,
    Der Königin hochmüt’ge Vetterschaft
    Von der Person des Prinzen zu entfernen.
    Gloster
.
    Mein andres Selbst! Du meine Ratsversammlung,
    Orakel und Prophet! Mein lieber Vetter,
    Ich folge deiner Leitung wie ein Kind.
    Nach Ludlow denn! Wir bleiben nicht zurück.
    Beide ab.
    ¶

Dritte Szene
    Eine Straße.
    Zwei Bürger begegnen sich.
    Erster Bürger
.
    Guten Morgen, Nachbar! Wohin so in Eil’?
    Zweiter Bürger
.
    Ich weiß es selber kaum, beteur’ ich Euch.
    Ihr wißt die Neuigkeit?
    Erster Bürger
.
    Ja, daß der König tot ist.
    Zweiter Bürger
.
    Schlimme Neuigkeit,
    Bei Unsrer Frauen! Selten kommt was Beßres;
    Ich fürcht’, ich fürcht’, es geht die Welt rundum.
    Ein andrer Bürger kommt.
    Dritter Bürger
.
    Gott grüß’ euch, Nachbarn!
    Erster Bürger
.
    Geb’ Euch guten Tag!
    Dritter Bürger
.
    Bestätigt sich des guten Königs Tod?
    Zweiter Bürger
.
    Ja, ’s ist nur allzuwahr: Gott steh’ uns bei!
    Dritter Bürger
.
    Dann, Leut’, erwartet eine stürm’sche Welt.
    Erster Bürger
.
    Nein, nein! Sein Sohn herrscht nun durch Gottes Gnaden.
    Dritter Bürger
.
    Weh einem Lande, das ein Kind regiert!
    Zweiter Bürger
.
    Bei ihm ist Hoffnung auf das Regiment,
    Daß in der Minderjährigkeit sein Rat
    Und, wann er reif an Jahren ist, er selbst
    Dann und bis dahin gut regieren werden.
    Erster Bürger
.
    So stund der Staat auch, als der sechste Heinrich
    Neun Monat alt gekrönt ward in Paris.
    Dritter Bürger
.
    Stund der Staat so? Nein, nein! Gott weiß, ihr Freunde!
    Denn dieses Land war damals hoch begabt
    Mit würd’ger Staatskunst; und der König hatte
    Oheime voll

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