Sämtliche Dramen
Sinn;
Legt ihnen dar all Eure Sieg’ in Schottland,
Die strenge Zucht im Krieg, Weisheit im Frieden,
Auch Eure Güte, Tugend, fromme Demut;
Ließ in der Tat nichts, dienlich für den Zweck,
Im Sprechen unberührt, noch leicht behandelt.
Und als die Redekunst zu Ende ging,
Sagt’ ich: Wer seinem Lande wohl will, rufe:
»Gott schütze Richard, Englands großen König!«
Gloster
.
Und taten sie’s?
Buckingham
.
Nein, helf’ mir Gott, sie sagten nicht ein Wort.
Wie stumme Bilder, unbelebte Steine,
So sahn sie starr sich an und totenbleich.
Dies sehend schalt ich sie und frug den Mayor,
Was dies verstockte Schweigen nur bedeute.
Seine Antwort war, das Volk sei nicht gewohnt,
Daß sonst wer als der Sprecher zu ihm rede.
Gedrungen mußt’ er nun mich wiederholen:
»So sagt der Herzog, gibt der Herzog an«;
Doch sagt’ er nichts, es zu bestät’gen, selbst.
Als er geschlossen, schwenkten ein’ge Leute
Von meinem Troß, am andern End’ des Saals,
Die Mützen um den Kopf, ein Dutzend Stimmen
Erhoben sich: »Gott schütze König Richard!«
Ich nahm den Vorteil dieser wen’gen wahr:
»Dank, liebe Freund’ und Bürger!« fiel ich ein,
»Der allgemeine frohe Beifalls-Ruf
Gibt Weisheit kund und Lieb’ in euch zu Richard«;
Und damit brach ich ab und ging davon.
Gloster
.
Die stummen Blöcke! Wollten sie nicht sprechen?
Kommt denn der Mayor mit seinen Brüdern nicht?
Buckingham
.
Der Mayor ist hier nah bei. Stellt Euch besorgt,
Laßt Euch nicht sprechen als auf dringend Bitten
Und nehmt mir ein Gebetbuch in die Hand
Und habt, Mylord, zween Geistliche zur Seite,
Denn daraus zieh’ ich heil’ge Nutzanwendung.
Laßt das Gesuch so leicht nicht Eingang finden,
Tut mädchenhaft, sagt immer nein, und nehmt!
Gloster
.
Ich geh’, und wenn du weißt, für sie zu sprechen,
Wie ich dir nein für mich zu sagen weiß,
So bringen wir’s gewiß nach Wunsch zu Ende.
Buckingham
.
Geht, geht, auf den Altan! Der Lord Mayor klopft.
Gloster ab.
Der Lord Mayor, Aldermänner und Bürger treten auf.
Buckingham
.
Willkommen, Mylord! Ich wart’ umsonst hier auf:
Der Herzog, scheint’s, will sich nicht sprechen lassen.
Catesby kommt aus dem Schloß.
Nun, Catesby? Was sagt Eu’r Herr auf mein Gesuch?
Catesby
.
Er bittet Euer Gnaden, edler Lord,
Kommt morgen wieder oder übermorgen.
Er ist mit zwei ehrwürd’gen Vätern drinnen,
Vertieft in geistliche Beschaulichkeit,
Kein weltliches Gesuch möcht’ ihn bewegen,
Ihn von der heil’gen Übung abzuziehn.
Buckingham
.
Geh, guter Catesby, noch zum gnäd’gen Herzog;
Sag ihm, daß ich, der Mayor und Aldermänner,
In trift’ger Absicht, Sachen von Gewicht,
Betreffend minder nicht als aller Wohl,
Hier sind um ein Gespräch mit Seiner Gnaden.
Catesby
.
Ich geh’ sogleich, ihm solches anzumelden.
Ab.
Buckingham
.
Ha, Mylord, dieser Prinz, das ist kein Eduard!
Den find’t man nicht auf üpp’gem Ruh’bett lehnend,
Nein, auf den Knieen liegend in Betrachtung;
Nicht scherzend mit’ nem Paar von Buhlerinnen,
Nein, mit zwei ernsten Geistlichen betrachtend;
Nicht schlafend, seinen trägen Leib zu mästen,
Nein, betend, seinen wachen Sinn zu nähren.
Beglückt wär’ England, wenn der fromme Prinz
Desselben Oberherrschaft auf sich nähme;
Allein ich fürcht’, er ist nicht zu bewegen.
Mayor
.
Ei, Gott verhüte, daß uns Seine Gnaden
Nein sollte sagen!
Buckingham
.
Ich fürcht’, erwird es. Da kommt Catesby wieder.
Catesby kommt zurück.
Nun, Catesby, was sagt Seine Gnaden?
Catesby
.
Ihn wundert, zu was End’ Ihr solche Haufen
Von Bürgern habt versammelt, herzukommen,
Da Seine Gnaden dessen nicht gewärtig.
Er sorgt, Mylord, Ihr habt nichts Gut’s im Sinn.
Buckingham
.
Mich kränkt der Argwohn meines edlen Vetters,
Als hätt’ ich wider ihn nichts Gut’s im Sinn.
Beim Himmel! Ganz wohlmeinend kommen wir;
Geh wieder hin und sag das Seiner Gnaden.
Catesby ab.
Wenn fromm-andächt’ge Männer einmal sind
Beim Rosenkranz, so zieht man schwer sie ab:
So süß ist brünstige Beschaulichkeit.
Gloster erscheint auf einem Altan zwischen zwei Bischöfen; Catesby kommt zurück.
Mayor
.
Seht, Seine Gnaden zwischen zwei Bischöfen!
Buckingham
.
Zwei Tugendpfeilern für ein christlich Haupt,
Ihn vor dem Fall der Eitelkeit zu stützen:
Und, seht nur, ein Gebetbuch in der Hand,
Die wahre Zier, woran man Fromme kennt. –
Großer Plantagenet, erlauchter Prinz,
Leih’ unserem Gesuch ein günstig
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