Sämtliche Werke
lustig, das Essen ist bald fertig.
Weislingen (hebt ihn in die Höh und küsst ihn) .
Glückliches Kind! Das kein Übel kennt, als wenn die Suppe lang’ ausbleibt. Gott lass’ Euch viel Freud’ am Knaben erleben, Berlichingen!
Götz .
Wo viel Licht ist, ist starker Schatten – doch wär mir’s willkommen. Wollen sehen, was es gibt. (Sie gehen) .
Weislingen .
O dass ich aufwachte! Und das alles wäre ein Traum! In Berlichingens Gewalt! Von dem ich mich kaum losgearbeitet habe, dessen Andenken ich mied wie Feuer, den ich hoffte zu überwältigen! Und er – der alte, treuherzige Götz! Heiliger Gott, was will aus dem allen werden? Rückgeführt, Adelbert, in den Saal! Wo wir als Buben unsere Jagd trieben – da Du ihn liebtest, an ihm hingst wie an Deiner Seele. Wer kann ihm nahen und ihn hassen? Ach! Ich bin so ganz nichts hier! Glückselige Zeiten, ihr seid vorbei, da noch der alte Berlichingen hier am Kamin saß, da wir um ihn durcheinander spielten und uns liebten wie die Engel. Wie wird sich der Bischof ängstigen, und meine Freunde. Ich weiß, das ganze Land nimmt teil an meinem Unfall. Was ist’s! Können sie mir geben, wornach ich strebe?
Götz (mit einer Flasche Wein und Becher) .
Bis das Essen fertig wird, wollen wir eins trinken. Kommt, setzt Euch, tut, als wenn Ihr zu Hause wärt! Denkt, Ihr sied einmal wieder beim Götz. Haben doch lange nicht beisammen gesessen, lang’ keine Flasche miteinander ausgestochen. (Bringt’s ihm.) Ein fröhlich Herz!
Weislingen .
Die Zeiten sind vorbei.
Götz .
Behüte Gott! Zar vergnügtere Tage werden wir wohl nicht wieder finden, als an des Markgrafen Hof, da wir noch beisammen schliefen und miteinander herumzogen. Ich erinnere mich mit Freuden meiner Jugend. Wisst Ihr noch, wie ich mit dem Polacken Händel kriegte, dem ich sein gepicht und gekräuselt Haar von ungefähr mit dem Ärmel verwischte?
Weislingen .
Es war bei Tisch, und er stach nach Euch mit dem Messer.
Götz .
Den schlug ich wacker aus dazumal, und darüber wurdet Ihr mit seinem Kameraden zu Unfried. Wir hielten immer redlich zusammen als gute, brave Jungen, dafür erkennte uns auch jedermann. (Schenkt ein und bringt’s.) Kastor und Pollux! Mir tat’s immer im Herzen wohl, wenn uns der Markgraf so nannte.
Weislingen .
Der Bischof von Würzburg hatte es aufgebracht.
Götz .
Das war ein gelehrter Herr und dabei so leutselig. Ich erinnere mich seiner solange ich lebe, wie er uns liebkoste, unsere Eintracht lobte und den Menschen glücklich pries, der ein Zwillingsbruder seines Freundes wäre.
Weislingen .
Nichts mehr davon!
Götz .
Warum nicht? Nach der Arbeit wüßt’ ich nichts Angenehmers, als mich des Vergangenen zu erinnern. Freilich, wenn ich wieder so bedenke, wie mir Liebs und Leids zusammen trugen, einander alles waren, und wie ich damals wähnte, so sollt’s unser ganzes Leben sein! War das nicht all mein Trost, wie mir diese Hand weggeschossen ward vor Landshut, und Du mein pflegtest, und mehr als Bruder für mich sorgtest? Ich hoffte, Adelbert wird künftig meine rechte Hand sein. Und nun –
Weislingen .
O!
Götz .
Wenn Du mir damals gefolgt hättest, da ich Dir anlag mit nach Brabant zu ziehen, es wäre alles gut geblieben. Da hielt Dich das unglückliche Hofleben, und das Schlenzen und Scherwenzen mit den Weibern. Ich sagt’ es Dir immer, wenn Du Dich mit den eiteln, garstigen Betteln abgabst und ihnen erzähltest von missvergnügten Ehen, verführten Mädchen, der rauen Haut einer Dritten, oder was sie sonst gerne hören, Du wirst ein Spitzbub, sagt’ ich, Adelbert.
Weislingen .
Wozu soll das alles?
Götz .
Wollte Gott, ich könnt’s vergessen, oder es wär’ anders! Bist Du nicht ebenso frei, so edel geboren als einer in Deutschland, unabhängig, nur dem Kaiser untertan, und Du schmiegst Dich unter Vasallen? Was hast Du von dem Bischof? Weil er Dein Nachbar ist? Dich necken könnte? Hast Du nicht Arme und Freunde, ihn wieder zu necken? Verkennst den Wert eines freien Rittersmanns, der nur abhängt von Gott, seinem Kaiser und sich selbst! Verkriechst Dich zum ersten Hofschranzen eines eigensinnigen, neidischen Pfaffen!
Weislingen .
Lasst mich reden.
Götz .
Was hast Du zu sagen?
Weislingen .
Du siehst die Fürsten an, wie der Wolf den Hirten. Und doch, darfst Du sie schelten, dass sie ihrer Leut’ und Länder Bestes wahren? Sind sie denn ein Augenblick vor den ungerechten Rittern sicher, die ihre Untertanen auf allen Straßen anfallen, ihre
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