Sämtliche Werke
Vaterlande!
Liebetraut .
Wisst Ihr auch warum, hochwürdiger Herr?
Abt .
Weil er da geboren und erzogen ist.
Liebetraut .
Wohl! Das mag die eine Ursache sein. Die andere ist: Weil, bei einer näheren Bekanntschaft mit den Herrn, der Nimbus von Ehrwürdigkeit und Heiligkeit wegschwindet, den uns eine neblichte Ferne um sie herumlügt; und dann sind sie ganz kleine Stümpfchen Unschlitt.
Olearius .
Es scheint, Ihr seid dazu bestellt, Wahrheiten zu sagen.
Liebetraut .
Weil ich’s Herz dazu hab’, so fehlt mir’s nicht am Maul.
Olearius .
Aber doch an Geschicklichkeit, sie wohl anzubringen.
Liebetraut .
Schröpfköpfe sind wohl angebracht, wo sie ziehen.
Olearius .
Bader erkennt man an der Schürze und nimmt in ihrem Amt ihnen nichts übel. Zur Vorsorge tätet Ihr wohl, wenn Ihr eine Schellenkappe trügt.
Liebetraut .
Wo habt Ihr promoviert? Es ist nur zur Nachfrage, wenn mir einmal der Einfall käme, dass ich gleich vor die rechte Schmiede ginge.
Olearius .
Ihr seid verwegen.
Liebetraut .
Und Ihr sehr breit.
(Bischof und Abt lachen.)
Bischof .
Von was anders! – Nicht so hitzig, Ihr Herrn. Bei Tisch geht alles drein. – Einen andern Diskurs, Liebetraut!
Liebetraut .
Gegen Frankfurt liegt ein Ding über, heißt Sachsenhausen –
Olearius (zum Bischof) .
Was spricht man vom Türkenzug, Ihro Fürstliche Gnaden?
Bischof .
Der Kaiser hat nichts Angelegners, als vorerst das Reich zu beruhigen, die Fehden abzuschaffen und das Ansehn der Gerichte zu befestigen. Dann, sagt man, wird er persönlich gegen die Feinde des Reichs und der Christenheit ziehen. Jetzt machen ihm seine Privathändel noch zu tun, und das Reich ist, trotz ein vierzig Landfrieden, noch immer eine Mördergrube. Franken, Schwaben, der Oberrhein und die angrenzenden Länder werden von übermütigen und kühnen Rittern verheeret. Sikkingen, Selbitz mit einem Fuß, Berlichingen mit der eisernen Hand spotten in diesen Gegenden des kaiserlichen Ansehens –
Abt .
Ja, wenn Ihro Majestät nicht bald dazu tun, so stecken einen die Kerl am End in Sack.
Liebetraut .
Das müsst’ ein Kerl sein, der das Weinfass von Fuld in den Sack schieben wollte.
Bischof .
Besonders ist der letztere seit vielen Jahren mein unversöhnlicher Feind und molestiert mich unsäglich; aber es soll nicht lang’ mehr währen, hoff’ ich. Der Kaiser hält jetzt seinen Hof zu Augsburg. Wir haben unsere Maßregeln genommen, es kann uns nicht fehlen. – Herr Doktor, kennt Ihr Adelberten von Weislingen?
Olearius .
Nein, Ihro Eminenz.
Bischof .
Wenn Ihr die Ankunft dieses Manns erwartet, werdet Ihr Euch freuen, den edelsten, verständigsten und angenehmsten Ritter in einer Person zu sehen.
Olearius .
Es muss ein vortrefflicher Mann sein, der solche Lobeserhebungen aus solch einem Mund verdient.
Liebetraut .
Er ist auf keiner Akademie gewesen.
Bischof .
Das wissen wir. (Die Bedienten laufen ans Fenster.) Was gibt’s?
Ein Bedienter .
Eben reit Färber, Weislingens Knecht, zum Schlosstor herein.
Bischof .
Seht, was er bringt, er wird ihn melden.
(Liebetraut geht. Sie stehen auf und trinken noch eins.)
(Liebetraut kommt zurück.)
Bischof .
Was für Nachrichten?
Liebetraut .
Ich wollt’, es müsst’ Sie Euch ein andrer sagen. Weislingen ist gefangen.
Bischof .
O!
Liebetraut .
Berlichingen hat ihn und drei Knechte bei Haslach weggenommen. Einer ist entronnen, Euch’s anzusagen.
Abt .
Eine Hiobspost.
Olearius .
Es tut mir von Herzen leid.
Bischof .
Ich will den Knecht sehn, bringt ihn herauf – Ich will ihn selbst sprechen. Bringt ihn in mein Kabinett. (Ab.)
Abt (setzt sich) .
Noch ein Schluck,
(Die Knechte schenken ein.)
Olearius .
Belieben Ihro Hochwürden nicht eine kleine Promenade in den Garten zu machen? Post coenam stabis seu passus mille meabis.
Liebetraut .
Wahrhaftig, das Sitzen ist Ihnen nicht gesund. Sie kriegen noch einen Schlagfluss.
(Abt hebt sich auf.)
Liebetraut (vor sich) .
Wann ich ihn nur draußen hab’, will ich ihm fürs Exerzitium sorgen. (Geht ab.)
(Jagsthausen.)
Maria. Weislingen.
Maria .
Ihr liebt mich, sagt Ihr. Ich glaub’ es gerne und hoffe mit Euch glücklich zu sein und Euch glücklich zu machen.
Weislingen .
Ich fühle nichts, als nur dass ich ganz Dein bin. (Er umarmt sie.)
Maria .
Ich bitte Euch, lasst mich. Einen Kuss hab’ ich Euch zum Gottespfennig erlaubt. Ihr scheint aber schon von dem Besitz nehmen zu wollen, was nur unter Bedingungen Euer ist.
Weislingen .
Ihr seid
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