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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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meinem Hof,
    Noch heut, in der Mitternachtstunde.«
    Und als die Mitternachtstunde kam,
    Herr Peter hub an zu singen;
    Wohl über den Fluß, wohl über den Wald
    Die süßen Töne dringen.
    Die Tannenbäume horchen so still,
    Die Flut hört auf zu rauschen,
    Am Himmel zittert der blasse Mond,
    Die klugen Sterne lauschen.
    Frau Mette erwacht aus ihrem Schlaf:
    »Wer singt vor meiner Kammer?«
    Sie achselt ihr Kleid, sie schreitet hinaus; –
    Das ward zu großem Jammer.
    Wohl durch den Wald, wohl durch den Fluß
    Sie schreitet unaufhaltsam;
    Herr Peter zog sie nach seinem Hof
    Mit seinem Liede gewaltsam.
    Und als sie morgens nach Hause kam,
    Vor der Türe stand Herr Bender:
    »Frau Mette, wo bist du gewesen zur Nacht,
    Es triefen deine Gewänder?«
    »Ich war heut nacht am Nixenfluß,
    Dort hört ich prophezeien,
    Es plätscherten und bespritzten mich
    Die neckenden Wasserfeien.«
    »Am Nixenfluß ist feiner Sand,
    Dort bist du nicht gegangen,
    Zerrissen und blutig sind deine Füß’,
    Auch bluten deine Wangen.«
    »Ich war heut nacht im Elfenwald,
    Zu schauen den Elfenreigen,
    Ich hab mir verwundet Fuß und Gesicht,
    An Dornen und Tannenzweigen.«
    »Die Elfen tanzen im Monat Mai,
    Auf weichen Blumenfeldern,
    Jetzt aber herrscht der kalte Herbst
    Und heult der Wind in den Wäldern.«
    »Bei Peter Nielsen war ich heut nacht,
    Er sang, und zaubergewaltsam,
    Wohl durch den Wald, wohl durch den Fluß,
    Es zog mich unaufhaltsam.
    Sein Lied ist stark als wie der Tod,
    Es lockt in Nacht und Verderben.
    Noch brennt mir im Herzen die tönende Glut;
    Ich weiß, jetzt muß ich sterben.« –
    Die Kirchentür ist schwarz behängt,
    Die Trauerglocken läuten;
    Das soll den jämmerlichen Tod
    Der armen Frau Mette bedeuten.
    Herr Bender steht vor der Leichenbahr’,
    Und seufzt aus Herzensgrunde:
    »Nun hab ich verloren mein schönes Weib
    Und meine treuen Hunde.«
    22.
Begegnung
    Wohl unter der Linde erklingt die Musik,
    Da tanzen die Burschen und Mädel,
    Da tanzen zwei, die niemand kennt,
    Sie schaun so schlank und edel.
    Sie schweben auf, sie schweben ab,
    In seltsam fremder Weise;
    Sie lachen sich an, sie schütteln das Haupt,
    Das Fräulein flüstert leise:
    »Mein schöner Junker, auf Eurem Hut
    Schwankt eine Neckenlilie,
    Die wächst nur tief in Meeresgrund –
    Ihr stammt nicht aus Adams Familie.
    Ihr seid der Wassermann, Ihr wollt
    Verlocken des Dorfes Schönen.
    Ich hab Euch erkannt, beim ersten Blick,
    An Euren fischgrätigen Zähnen.«
    Sie schweben auf, sie schweben ab,
    In seltsam fremder Weise,
    Sie lachen sich an, sie schütteln das Haupt,
    Der Junker flüstert leise:
    »Mein schönes Fräulein, sagt mir, warum
    So eiskalt Eure Hand ist?
    Sagt mir, warum so naß der Saum
    An Eurem weißen Gewand ist?
    Ich hab Euch erkannt, beim ersten Blick,
    An Eurem spöttischen Knickse –
    Du bist kein irdisches Menschenkind,
    Du bist mein Mühmchen, die Nixe.«
    Die Geigen verstummen, der Tanz ist aus,
    Es trennen sich höflich die beiden.
    Sie kennen sich leider viel zu gut,
    Suchen sich jetzt zu vermeiden.
    23.
König Harald Harfagar
    Der König Harald Harfagar
    Sitzt unten in Meeresgründen
    Bei seiner schönen Wasserfee;
    Die Jahre kommen und schwinden.
    Von Nixenzauber gebannt und gefeit,
    Er kann nicht leben, nicht sterben;
    Zweihundert Jahre dauert schon
    Sein seliges Verderben.
    Des Königs Haupt liegt auf dem Schoß
    Der holden Frau, und mit Schmachten
    Schaut er nach ihren Augen empor;
    Kann nicht genug sie betrachten.
    Sein goldnes Haar ward silbergrau,
    Es treten die Backenknochen
    Gespenstisch hervor aus dem gelben Gesicht,
    Der Leib ist welk und gebrochen.
    Manchmal aus seinem Liebestraum
    Wird er plötzlich aufgeschüttert,
    Denn droben stürmt so wild die Flut,
    Und das gläserne Schloß erzittert.
    Manchmal ist ihm, als hört’ er im Wind
    Normannenruf erschallen;
    Er hebt die Arme mit freudiger Hast,
    Läßt traurig sie wieder fallen.
    Manchmal ist ihm, als hört’ er gar,
    Wie die Schiffer singen hier oben
    Und den König Harald Harfagar
    Im Heldenliede loben.
    Der König stöhnt und schluchzt und weint
    Alsdann aus Herzensgrunde.
    Schnell beugt sich hinab die Wasserfee
    Und küßt ihn mit lachendem Munde.
    Unterwelt
1.
    »Blieb’ ich doch ein Junggeselle!« –
    Seufzet Pluto tausendmal –
    »Jetzt, in meiner Eh’standsqual,
    Merk ich, früher ohne Weib
    War die Hölle keine Hölle.
    Blieb’ ich doch ein Junggeselle!
    Seit ich Proserpinen hab,
    Wünsch ich täglich mich ins Grab!
    Wenn sie keift, so

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