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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Tabernakel
    Ein Herz, das ohne Falsch und Makel.
    Die Dichter jagen vergebens nach Bildern,
    Um ihre weiße Haut zu schildern;
    Selbst Gautier ist dessen nicht kapabel –
    O diese Weiße ist implacable!
    Des Himalaja Gipfelschnee
    Erscheint aschgrau in ihrer Näh’;
    Die Lilie die ihre Hand erfaßt,
    Vergilbt durch Eifersucht oder Kontrast.
    Gräfin Bianka ist der Name
    Von dieser großen weißen Dame;
    Sie wohnt zu Paris im Frankenland,
    Und diese liebt der Elefant.
    Durch wunderbare Wahlverwandtschaft
    Im Traume machte er ihre Bekanntschaft,
    Und träumend in sein Herze stahl
    Sich dieses hohe Ideal.
    Sehnsucht verzehrt ihn seit jener Stund’,
    Und er, der vormals so froh und gesund,
    Er ist ein vierfüßiger Werther geworden,
    Und träumt von einer Lotte im Norden.
    Geheimnisvolle Sympathie!
    Er sah sie nie und denkt an sie.
    Er trampelt oft im Mondschein umher
    Und seufzet: ›Wenn ich ein Vöglein wär!‹
    In Siam ist nur der Leib, die Gedanken
    Sind bei Bianka im Lande der Franken;
    Doch diese Trennung von Leib und Seele
    Schwächt sehr den Magen, vertrocknet die Kehle.
    Die leckersten Braten widern ihn an,
    Er liebt nur Dampfnudeln und Ossian;
    Er hüstelt schon, er magert ab,
    Die Sehnsucht schaufelt sein frühes Grab.
    Willst du ihn retten, erhalten sein Leben,
    Der Säugetierwelt ihn wiedergeben,
    O König, so schicke den hohen Kranken
    Direkt nach Paris, der Hauptstadt der Franken.
    Wenn ihn alldort in der Wirklichkeit
    Der Anblick der schönen Frau erfreut,
    Die seiner Träume Urbild gewesen,
    Dann wird er von seinem Trübsinn genesen.
    Wo seiner Schönen Augen strahlen,
    Da schwinden seiner Seele Qualen;
    Ihr Lächeln verscheucht die letzten Schatten,
    Die hier sich eingenistet hatten;
    Und ihre Stimme, wie’n Zauberlied,
    Löst sie den Zwiespalt in seinem Gemüt;
    Froh hebt er wieder die Lappen der Ohren,
    Er fühlt sich verjüngt, wie neugeboren.
    Es lebt sich so lieblich, es lebt sich so süß
    Am Seinestrand, in der Stadt Paris!
    Wie wird sich dorten zivilisieren
    Dein Elefant und amüsieren!
    Vor allem aber, o König, lasse
    Ihm reichlich füllen die Reisekasse,
    Und gib ihm einen Kreditbrief mit
    Auf Rothschild frères in der Rue Lafitte.
    Ja, einen Kreditbrief von einer Million
    Dukaten etwa; – der Herr Baron
    Von Rothschild sagt von ihm alsdann:
    ›Der Elefant ist ein braver Mann!‹«
    So sprach der Astrolog, und wieder
    Warf er sich dreimal zur Erde nieder.
    Der König entließ ihn mit reichen Geschenken,
    Und streckte sich aus, um nachzudenken.
    Er dachte hin, er dachte her;
    Das Denken wird den Königen schwer.
    Sein Affe sich zu ihm niedersetzt,
    Und beide schlafen ein zuletzt.
    Was er beschlossen, das kann ich erzählen
    Erst später; die indischen Mall’posten fehlen.
    Die letzte, welche uns zugekommen,
    Die hat den Weg über Suez genommen.
    Schelm von Bergen
    Im Schloß zu Düsseldorf am Rhein
    Wird Mummenschanz gehalten;
    Da flimmern die Kerzen, da rauscht die Musik,
    Da tanzen die bunten Gestalten.
    Da tanzt die schöne Herzogin,
    Sie lacht laut auf beständig;
    Ihr Tänzer ist ein schlanker Fant,
    Gar höfisch und behendig.
    Er trägt eine Maske von schwarzem Samt,
    Daraus gar freudig blicket
    Ein Auge, wie ein blanker Dolch,
    Halb aus der Scheide gezücket.
    Es jubelt die Fastnachtsgeckenschar,
    Wenn jene vorüberwalzen.
    Der Drickes und die Marizzebill
    Grüßen mit Schnarren und Schnalzen.
    Und die Trompeten schmettern drein,
    Der närrische Brummbaß brummet,
    Bis endlich der Tanz ein Ende nimmt
    Und die Musik verstummet.
    »Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
    Ich muß nach Hause gehen –«
    Die Herzogin lacht: »Ich laß dich nicht fort,
    Bevor ich dein Antlitz gesehen.«
    »Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
    Mein Anblick bringt Schrecken und Grauen –«
    Die Herzogin lacht: »Ich fürchte mich nicht,
    Ich will dein Antlitz schauen.«
    »Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
    Der Nacht und dem Tode gehör ich –«
    Die Herzogin lacht: »Ich lasse dich nicht,
    Dein Antlitz zu schauen begehr ich.«
    Wohl sträubt sich der Mann mit finsterm Wort,
    Das Weib nicht zähmen kunnt er;
    Sie riß zuletzt ihm mit Gewalt
    Die Maske vom Antlitz herunter.
    »Das ist der Scharfrichter von Bergen!« so schreit
    Entsetzt die Menge im Saale
    Und weichet scheusam – die Herzogin
    Stürzt fort zu ihrem Gemahle.
    Der Herzog ist klug, er tilgte die Schmach
    Der Gattin auf der Stelle.
    Er zog sein blankes Schwert und sprach:
    »Knie vor mir nieder, Geselle!
    Mit diesem

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