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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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des Gatten,
    Nur der Mißgunst eines Neidharts
    Fiel als Opfer Don Fredrego,
    Calatravas Ordensmeister.
    Das Verbrechen, das Don Pedro
    Nicht verzieh, das war sein Ruhm,
    Jener Ruhm, den Doña Fama
    Mit Entzücken ausposaunte.
    Auch verzieh ihm nicht Don Pedro
    Seiner Seele Hochgefühle
    Und die Wohlgestalt des Leibes,
    Die ein Abbild solcher Seele.
    Blühend blieb mir im Gedächtnis
    Diese schlanke Heldenblume;
    Nie vergeß ich dieses schöne
    Träumerische Jünglingsantlitz.
    Das war eben jene Sorte,
    Die geliebt wird von den Feen,
    Und ein märchenhaft Geheimnis
    Sprach aus allen diesen Zügen.
    Blaue Augen, deren Schmelz
    Blendend wie ein Edelstein –
    Aber auch der stieren Härte
    Eines Edelsteins teilhaftig.
    Seine Haare waren schwarz,
    Bläulichschwarz, von seltnem Glanze,
    Und in üppig schönen Locken
    Auf die Schulter niederfallend.
    In der schönen Stadt Coimbra,
    Die er abgewann den Mohren,
    Sah ich ihn zum letzten Male
    Lebend – unglücksel’ger Prinz!
    Eben kam er vom Alkanzor,
    Durch die engen Straßen reitend;
    Manche junge Mohrin lauschte
    Hinterm Gitter ihres Fensters.
    Seines Hauptes Helmbusch wehte
    Frei galant, jedoch des Mantels
    Strenges Calatrava-Kreuz
    Scheuchte jeden Buhlgedanken.
    Ihm zur Seite, freudewedelnd,
    Sprang sein Liebling, Allan hieß er,
    Eine Bestie solzer Rasse,
    Deren Heimat die Sierra.
    Trotz der ungeheuern Größe
    War er wie ein Reh gelenkig,
    Nobel war des Kopfes Bildung,
    Ob sie gleich dem Fuchse ähnlich.
    Schneeweiß und so weich wie Seide
    Flockten lang herab die Haare;
    Mit Rubinen inkrustieret
    War das breite goldne Halshand.
    Dieses Halshand, sagt man, barg
    Einen Talisman der Treue;
    Niemals wich er von der Seite
    Seines Herrn, der treue Hund.
    O der schauerlichen Treue!
    Mir erbebet das Gemüte,
    Denk ich dran, wie sie sich hier
    Offenbart vor unsern Augen.
    O des schreckenvollen Tages!
    Hier in diesem Saale war es,
    Und wie heute saß ich hier
    An der königlichen Tafel.
    An dem obern Tafelende,
    Dort, wo heute Don Henrico
    Fröhlich bechert mit der Blume
    Kastilian’scher Ritterschaft –
    Jenes Tags saß dort Don Pedro
    Finster stumm, und neben ihm,
    Strahlend stolz wie eine Göttin,
    Saß Maria de Padilla.
    Hier am untern End’ der Tafel,
    Wo wir heut die Dame sehen,
    Deren große Linnenkrause
    Wie ein weißer Teller aussieht –
    Während ihr vergilbt Gesichtchen
    Mit dem säuerlichen Lächeln
    Der Zitrone gleichet, welche
    Auf besagtem Teller ruht:
    Hier am untern End’ der Tafel
    War ein leerer Platz geblieben;
    Eines Gasts von hohem Range
    Schien der goldne Stuhl zu harren.
    Don Fredrego war der Gast,
    Dem der goldne Stuhl bestimmt war –
    Doch er kam nicht – ach, wir wissen
    Jetzt den Grund der Zögerung.
    Ach, zur selben Stunde wurde
    Sie vollbracht, die dunkle Untat,
    Und der arglos junge Held
    Wurde von Don Pedros Schergen
    Hinterlistig überfallen
    Und gebunden fortgeschleppt
    In ein ödes Schloßgewölbe,
    Nur von Fackelschein beleuchtet.
    Dorten standen Henkersknechte,
    Dorten stand der rote Meister,
    Der, gestützt auf seinem Richtbeil,
    Mit schwermüt’ger Miene sprach:
    ›Jetzt, Großmeister von San Jago,
    Müßt Ihr Euch zum Tod bereiten,
    Eine Viertelstunde sei
    Euch bewilligt zum Gebete.‹
    Don Fredrego kniete nieder,
    Betete mit frommer Ruhe,
    Sprach sodann: ›Ich hab vollendet‹,
    Und empfing den Todesstreich.
    In demselben Augenblicke,
    Als der Kopf zu Boden rollte,
    Sprang drauf zu der treue Allan,
    Welcher unbemerkt gefolgt war.
    Er erfaßte, mit den Zähnen,
    Bei dem Lockenhaar das Haupt,
    Und mit dieser teuern Beute
    Schoß er zauberschnell von dannen.
    Jammer und Geschrei erscholl
    Überall auf seinem Wege,
    Durch die Gänge und Gemächer,
    Treppen auf und Treppen ab.
    Seit dem Gastmahl des Belsazar
    Gab es keine Tischgesellschaft,
    Welche so verstöret aussah
    Wie die unsre in dem Saale,
    Als das Ungetüm hereinsprang
    Mit dem Haupte Don Fredregos,
    Das er mit den Zähnen schleppte
    An den träufend blut’gen Haaren.
    Auf den leer gebliebnen Stuhl,
    Welcher seinem Herrn bestimmt war;
    Sprang der Hund und, wie ein Kläger,
    Hielt er uns das Haupt entgegen.
    Ach, es war das wohlbekannte
    Heldenantlitz, aber blässer,
    Aber ernster, durch den Tod,
    Und umringelt gar entsetzlich
    Von der Fülle schwarzer Locken,
    Die sich bäumten wie der wilde
    Schlangenkopfputz der Meduse,
    Auch wie dieser schreckversteinernd.
    Ja, wir waren wie versteinert,
    Sahn uns an mit starrer Miene,
    Und gelähmt war jede Zunge
    Von der Angst und

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