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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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scheu
    Des Nachts wie leuchtende Schatten vorbei.
    Sind spindeldürre, von Kindeslänge,
    Höschen und Wämschen anliegend enge,
    Von Scharlachfarbe, goldgestickt;
    Das Antlitz kränklich, vergilbt und bedrückt.
    Ein güldnes Krönlein, gespickt mit Rubinen,
    Trägt auf dem Köpfchen ein jeder von ihnen;
    Ein jeder von ihnen bildet sich ein,
    Ein absoluter König zu sein.
    Daß sie im Feuer nicht verbrennen,
    Ist freilich ein Kunststück, ich will es bekennen;
    Jedoch der unentzündbare Wicht,
    Ein wahrer Feuergeist ist er nicht.
    Die klügsten Waldgeister sind die Alräunchen,
    Langbärtige Männlein mit kurzen Beinchen,
    Ein fingerlanges Greisengeschlecht;
    Woher sie stammen, man weiß es nicht recht.
    Wenn sie im Mondschein kopfüber purzeln,
    Das mahnt bedenklich an Pissewurzeln;
    Doch da sie mir nur Gutes getan,
    So geht mich nichts ihr Ursprung an.
    Sie lehrten mir kleine Hexereien,
    Feuer besprechen, Vögel beschreien,
    Auch pflücken in der Johannisnacht
    Das Kräutlein, das unsichtbar macht.
    Sie lehrten mich Sterne und Zeichen deuten,
    Sattellos auf dem Winde reiten,
    Auch Runensprüche, womit man ruft
    Die Toten hervor aus ihrer Gruft.
    Sie haben mir auch den Pfiff gelehrt,
    Wie man den Vogel Specht betört
    Und ihm die Springwurz abgewinnt,
    Die anzeigt, wo Schätze verborgen sind.
    Die Worte, die man beim Schätzegraben
    Hinmurmelt, lehrten sie mich, sie haben
    Mir alles expliziert – umsunst!
    Hab nie begriffen die Schatzgräberkunst.
    Wohl hatt ich derselben nicht nötig dermalen,
    Ich brauchte wenig, und konnt es bezahlen,
    Besaß auch in Spanien manch luftiges Schloß,
    Wovon ich die Revenuen genoß.
    Oh, schöne Zeit! wo voller Geigen
    Der Himmel hing, wo Elfenreigen
    Und Nixentanz und Koboldscherz
    Umgaukelt mein märchentrunkenes Herz!
    Oh, schöne Zeit! wo sich zu grünen
    Triumphespforten zu wölben schienen
    Die Bäume des Waldes – ich ging einher,
    Bekränzt, als ob ich der Sieger wär!
    Die schöne Zeit, sie ist verschlendert,
    Und alles hat sich seitdem verändert,
    Und ach! mir ist der Kranz geraubt,
    Den ich getragen auf meinem Haupt.
    Der Kranz ist mir vom Haupt genommen,
    Ich weiß es nicht, wie es gekommen;
    Doch seit der schöne Kranz mir fehlt,
    Ist meine Seele wie entseelt.
    Es glotzen mich an unheimlich blöde
    Die Larven der Welt! Der Himmel ist öde,
    Ein blauer Kirchhof, entgöttert und stumm.
    Ich gehe gebückt im Wald herum.
    Im Walde sind die Elfen verschwunden,
    Jagdhörner hör ich, Gekläffe von Hunden;
    Im Dickicht ist das Reh versteckt,
    Das tränend seine Wunden leckt.
    Wo sind die Alräunchen? Ich glaube, sie halten
    Sich ängstlich verborgen in Felsenspalten.
    Ihr kleinen Freunde, ich komme zurück,
    Doch ohne Kranz und ohne Glück.
    Wo ist die Fee mit dem langen Goldhaar,
    Die erste Schönheit, die mir hold war?
    Der Eichenbaum, worin sie gehaust,
    Steht traurig entlaubt, vom Winde zerzaust.
    Der Bach rauscht trostlos gleich dem Styxe;
    Am einsamen Ufer sitzt eine Nixe,
    Todblaß und stumm, wie’n Bild von Stein,
    Scheint tief in Kummer versunken zu sein.
    Mitleidig tret ich zu ihr heran –
    Da fährt sie auf und schaut mich an,
    Und sie entflieht mit entsetzten Mienen,
    Als sei ihr ein Gespenst erschienen.
    Spanische Atriden
    Am Hubertustag des Jahres
    Dreizehnhundertdreiundachtzig
    Gab der König uns ein Gastmahl
    Zu Segovia im Schlosse.
    Hofgastmähler sind dieselben
    Überall, es gähnt dieselbe
    Souveräne Langeweile
    An der Tafel aller Fürsten.
    Prunkgeschirr von Gold und Silber,
    Leckerbissen aller Zonen,
    Und derselbe Bleigeschmack,
    Mahnend an Lokustes Küche.
    Auch derselbe seidne Pöbel,
    Buntgeputzt und vornehm nickend,
    Wie ein Beet von Tulipanen;
    Nur die Saucen sind verschieden.
    Und das ist ein Wispern, Sumsen,
    Das wie Mohn den Sinn einschläfert,
    Bis Trompetenstöße wecken
    Aus der kauenden Betäubnis.
    Neben mir, zum Glücke, saß
    Don Diego Albuquerque,
    Dem die Rede unterhaltsam
    Von den klugen Lippen floß.
    Ganz vorzüglich gut erzählte
    Er die blut’gen Hofgeschichten
    Aus den Tagen des Don Pedro,
    Den man »König Grausam« nannte.
    Als ich frug, warum Don Pedro
    Seinen Bruder Don Fredrego
    Insgeheim enthaupten ließ,
    Sprach mein Tischgenosse seufzend:
    »Señor! glaubt nicht, was sie klimpern
    Auf den schlottrigen Gitarren,
    Bänkelsänger, Maultiertreiber,
    In Posaden, Kneipen, Schenken.
    Glaubet nimmer, was sie faseln
    Von der Liebe Don Fredregos
    Und Don Pedros schöner Gattin,
    Doña Blanka von Bourbon.
    Nicht der Eifersucht

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