Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
als wenn wir Grönländer wären, die sich nichts lieber schenken lassen als Schnupftabak) und daß sie miteinander auf Reisen gehen werden. – Zwei der allerfeinsten und stiftfähigsten Leser, die ich aus diesen Kolonnen ausgeschossen, und wovon ich den einen ins Paulinum an die Fürstin, den andern zum wirklichen Minister abgefertigt hätte, würden mir wenigstens die Neuigkeit rapportieren, daß Fürst und Doktor miteinander bei beiden gewesen, und daß beide den Helden für einen sonderbaren scheuen schweigenden Briten, der alles dem Vater verdanke , angesehen hätten – – –
    Aber die letzte Neuigkeit, die mir die Leser erzählt haben, können sie ja unmöglich wissen, und ich will sie ihnen selber erzählen.
    – Eh’ ich das vortrage, klär’ ichs nur noch mit drei Worten auf, warum Viktor so hurtig stieg. Es kann Evangelisten Matthieu unter meinen Lesern geben, die dieses schnelle Steigen wie das des Barometers für das Zeichen eines frühen Fallens nehmen – welche sagen, Lorbeere und Salat, den man in 24 Stunden durch Spiritus auf einem Tuche zum Reifen nötigt, welken ebensobald wieder ab – ja die sogar spaßen und das fürstliche Gedärm mit seinem Äther für eine Fisch-Schwimmblase meines Helden ausgeben, der nur durch ihr Füllen stieg. – – Berghauptmänner lachen solche Leser aus und halten ihnen vor: daß die Menschen, besonders die Residenten auf Thronen, einen neuen Arzt für ein neues Spezifikum ansehen – daß sie einem neuen am meisten gehorchen – daß Sebastian das erstemal sich gegen jeden am feinsten betrug, hingegen bei alten Bekannten ohne Not nichts Witziges sagte – daß Jenner jeden liebte, den er zu durchschauen vermochte, und daß er glücklicherweise meinen Helden bloß für einen heitern Lebelustigen erkannte und um seinen Kopf keine Bosische Beatifikation bemerkte, die nach Phosphor stinkt und schmerzliche Funken auswirft – daß Viktor nicht wie Le Baut ein Scherbengewächs in einer Krone war, sondern eine darüber erhöhte, im Freien hängende Hyazinthe – daß er heiter war und heiter machte – und daß ein anderer Berghauptmann mit seinen Lesern gar nicht so viel Umstände gemacht haben würde als ich. Er hätte ihnen bloß den Hauptumstand gesagt, daß der Fürst an Viktor eine bezaubernde Ähnlichkeit mit seinem fünften (auf den sieben Inseln verlornen) Sohn, dem Monsieur, im Scherzen und Betragen gefunden und liebgewonnen hätte, und daß er diese Bemerkung schon in London, obgleich Viktor fünf Jahre jünger als jener war, gemacht.
    Jenner wollte selber seinen Liebling jedem vorstellen, also auch der Fürstin. Die Philosophen haben es zu erklären, warum Sebastian sich nicht eher, als bis er neben dem fürstlichen Eheherrn auf dem Kutschkissen saß, auf das tolle verliebte Streifchen Papier besann, das er in Kussewitz über den Imperator der montre à regulateur aufgeklebt und der Fürstin zum Kaufe dareingegeben hatte. Er fuhr zusammen und hielts für unmöglich, daß er ein solcher Narr sein können. Aber einem Menschen ist so etwas leicht. Seine Phantasie warf auf jede Gegenwart, auf jeden Einfall so viel Brennpunkt-Lichter aus tausend Spiegeln zurück und zog um die Zukunft, die darüber hinauslag, so viel gefärbten Schatten und blauen Dunst herum, daß er ordentlich erschrak, wenn ihm eine närrische Handlung einfiel; denn er wußte, wenn er sie noch zehnmal zurückgewiesen und noch dreißigmal übersonnen hätte, daß er sie dann – begehen würde. – Da beide vor die Fürstin traten: so war Viktor in jener angenehmen Verfassung, welche Informatoren und jungen Gelehrten nichts Neues ist, die ihnen die Glieder verknöchert und das Herz zersetzt und die Zunge versteinert – nicht die Gewißheit, daß Agnola (so hieß die Fürstin) jenes Uhr-Inserat gelesen habe, machte ihn so verlegen, sondern die Ungewißheit. In der Angst dachte er gar nicht daran, daß sie ja seine Handschrift und den Autor des Schnitzchens nicht einmal kenne; und denkt man auch in der Angst daran, so geht sie doch nicht weg.
    – Aber alles war zugleich über, unter, wider seine Erwartung. Die Fürstin hatte das empfindsame Gesicht mit der Reisekleidung weggelegt und ein festes feines Galagesicht dafür aufgetragen. Der gekrönte Ehevogt Jenner wurde von ihr mit so viel warmem Anstand empfangen, als wär’ er sein eigner – Ambassadeur vom ersten Range. Denn Jenner, dessen Herzscheibe sich am elektrisierenden Kissen einer schönen Wange oder eines Busentuchs voll

Weitere Kostenlose Bücher