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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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nur deswegen beschäftigen, insofern sie der unsrigen eine Folie verschaffen. Und entgeht mir durch die sonderbare Verwicklung von äußeren Umständen der unbedeutende Nutzen, der jedem schlechten Kopf sein Ziel ist, so wird mir das wahrlich wieder zehnfach ersetzt, daß ich in der Betreibung meiner Wissenschaft die Seelenwollust genieße, die aus jeder Beschäftigung mit Wahrheiten quillt, den Reiz empfinde, den für mich jede Äußerung meiner Kräfte hat, und vielleicht auch die Ehre genieße, die ihm über kurz oder lang zuteil wird. Dies ist meine Verteidigung.«
    Selten ist ein so folgenschwerer Entschluß unter so schwierigen Umständen mit mehr Heroismus gefaßt und begründet worden. Mochte das Gedankenbild Jean Pauls noch von dem Rationalismus abhängig sein, der Heroismus seiner persönlichen Haltung weist weit darüber hinaus. Die Sätze, in denen er seinem Mentor den Abschluß seines Brotstudiums begründet, sollten jedem Erzieher und jedem jungen Menschen vor Augen stehen. Mit der Souveränität innerer Größe weist Jean Paul hier jede Halbheit des Lebens von sich zurück, die fast in jeder Generation den größten Teil kraftvoller Jugend verschlingt. Nur das Leben kann Früchte tragen, das aus dem Ganzen gelebt, das mit Leidenschaft für eine Sache eingesetzt wird. Wo die Öffentlichkeit der Halbheit jener Kompromißnaturen anvertraut ist, die die innere Berufung des sicheren Weges halber aufgeben, hat der Weg noch stets in den Abgrund geführt. Widriger können Umstände nicht sein als die, unter denen Jean Paul dem Ruf seiner Natur folgte. Er brach alle Brücken, die zur sicheren Futterkrippe führten, ab in dem Bewußtsein, daß seine eigentlichen Fähigkeiten den Menschen rascher und sicherer an das erstrebte Ziel tragen als ein ungeliebter Beruf. Und wenn sein Weg durch Hungerjahre führte, so sollte sich doch zeigen, wie sehr er mit seiner Überzeugung recht hatte.
    Die Ablehnung seines Aufsatzes machte ihn bei dem einmal eingeschlagenen Wege nicht wankend. Er steigerte seine Bemühungen. Nicht mehr Aufsätze, ein ganzes Buch wollte er schreiben, um durch das Honorar der Not zu steuern. Bei den Vorbildern, unter deren Einfluß er stand, war er sich über Stoff und Form bald im klaren. Auch hierin opferte er dem Geist des Rationalismus, daß er ein Werk zu schreiben gedachte, nicht aus irgendeinem inneren Anlaß, sondern um eben ein Werk zu schreiben. Es konnte nichts anders als eine Satire werden. Das Vorbild dazu fand er in des streitbaren Erasmus » Encomium moriae «, wozu der starke Einfluß Popes kam.
    Die Schrift des großen Humanisten war in der Tat dazu angetan, seinem Herzen die Zunge zu lösen. Mit vernichtender Ironie wendet sich Erasmus gegen die Krebsschäden seines Zeitalters. Poeten, Redner, Juristen, Gelehrte, Höflinge, Fürsten, ihnen allen hält er den Spiegel vor und trifft sie mit den Geißelhieben seiner Rede. Er züchtigt die Grammatiker, die von ihrer Gelehrsamkeit einen so hohen Begriff haben und doch den Knaben nur dummes Zeug beibringen. Am unbarmherzigsten – und hier kam er Jean Pauls Einstellung am meisten entgegen – verfolgt er »das stinkende Kraut der Theologen«, die »mit ihrem nichtsnutzigen Geschwätz Zeugs zusammenstottern, das kein Mensch verstehen kann, als wer auch so ein Stottermatz ist«. Die »Sauerei, Unwissenheit, Grobheit und Unverschämtheit der Mönche«, die gottlosen Päpste, die Christus durch ihr fluchwürdiges Leben noch einmal ermorden, über sie alle gießt er die Lauge seines Spotts und seiner Entrüstung aus. Es ist immerhin bezeichnend für Jean Paul, daß er auf dieses streitbare Vorbild einer kulturkämpferischen Zeit zurückging und nicht völlig dem Einfluß der gegenstandslosen und spielerischen Satire der Engländer unterlag.
    Das Thema der Dummheit beschäftigte Jean Paul bereits seit dem Sommer 1779, doch kam er damals über flüchtige Skizzierung des Gegenstandes nicht hinaus. In den beiden Vorarbeiten seines »Lobes der Dummheit«, den Aufsätzen »Von der Dummheit« und »Unterschied zwischen dem Narren und dem Dummen« führte er den Griffel der Satire schon sicherer, ja in der Anordnung des Stoffes war er sogar glücklicher als in dem größeren zur Veröffentlichung bestimmten Gemälde. Wie Erasmus führt er die Dummheit redend ein und läßt sie in witziger Rede nachweisen, wie sehr sie die Wohltäterin der Menschen sei. Im ersten Teil werden die Vorzüge des Dummen vor dem Weisen behandelt. Mit ausgezeichneter Ironie

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