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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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veranstalten, zu genießen, unfähig zu wagen, einander offen zu hassen und zu lieben und zu ertragen, bohren sie sich in ihre Geldhügel und achten öffentlich den Reichsten und geheim den Verwandten oder gar niemand – ohne Geschmack und ohne Patriotismus und ohne Lektüre«, – so sind damit die Hofer gemeint, wie sie Jean Paul und Hermann mit ihrer Mißachtung und ihrem kleinen Haß das Leben sauer machten. Da Scheerau auch Residenz ist, so sind auch Züge von Baireuth hineingeflossen. Das »Stille Land« hat offenbar Züge der Baireuther Eremitage oder Fantaisie, die beide von Jean Paul damals noch nicht gekannt waren, von denen er nur aus Beschreibungen etwas wußte. Diese Orte enthüllen sich erst genauer im »Siebenkäs«.
    Am 29. Februar 1792 war die »Unsichtbare Loge« beendet. In einem Gefühl von instinktartiger Gewißheit sandte er das Manuskript an Karl Philipp Moritz, den Verfasser des »Anton Reiser«, nach Berlin. Einer jener Briefe, wie deren Jean Paul einige zwanzig bereits geschrieben hatte, begleitete die Sendung. Nach Absendung verreiste er für einige Zeit nach Steben und Venzka. Als er nach Schwarzenbach zurückkehrte, fand er zwei Briefe von Moritz vor. Im zweiten stand: »Und wenn Sie am Ende der Erde wären, und müßt’ ich hundert Stürme aushalten, um zu Ihnen zu kommen: so fliege ich in Ihre Arme! Wo wohnen Sie? Wie heißen Sie? Wer sind Sie? Ihr Werk ist ein Juwel; es haftet mir, bis sein Urheber sich mir näher offenbart!« Erst später erfuhr Jean Paul, daß Moritz bei der ersten Lektüre ausgerufen hatte: »Das begreife ich nicht. Das ist ganz etwas Neues. Das ist noch über Goethe!«

Idylle n
     
    Jean Paul hatte als einer der Ersten einen Blick für das Verhängnisvolle der deutschen Kultur, nach dem Muster entlegener Völker und Zeiten das Gerüst des eigenen Geistes zu errichten. In seiner »Vorschule der Ästhetik« hat er sich später mit dem Geist der Alten auseinandergesetzt, aber schon früh beginnen seine Bemühungen, die Schicht der uns aufgepfropften Latinität zu durchdringen und im nordischen Bildungsgut das eigene Erdreich aufzuschürfen und ans Licht zu bringen. Zwei Völker bestimmten noch immer das Gesicht des geistigen Europa: England und Frankreich. Bekannt ist Jean Pauls Abneigung gegen den französischen Einfluß, dem die deutschen Höfe und die deutsche Gesellschaft hemmungslos erlegen waren. Schon als Student, in einer kurzen Periode, da er der französischen Eleganz zuneigte, war ihm die Abhängigkeit des französischen Geistes von der spätrömischen Zivilisation aufgegangen. Bald hatte er sich den englischen Schriftstellern zugewendet, die der Umklammerung der Latinität weniger erlegen waren. Dieses alte Inselvolk hatte das germanische Erbe besser und reiner bewahrt als der Kontinent, und von hier kam ihm die Kraft, abseits einer der Latinität zugeneigten Kultur nach der eigenwüchsigen Form zu suchen.
    Jean Paul stand dadurch von vornherein in einem bewußten Gegensatz zu der allgemeinen Geistesrichtung der Zeit. Sowohl Goethe wie die deutsche Romantik in ihren Anfängen suchte das Erbe der Griechen zu verwalten und zu vermehren. Jean Paul hingegen stieg in sein Inneres nieder, um aus bisher unentdeckten Schachten neues Metall ans Tageslicht zu heben. Es sollte verhängnisvoll für ihn werden. Das Erbe der Alten zeigte sich als stärker, und man maß den um eine eigene Form Ringenden nach einem Maß, das gerade er ablehnte. Die seit einem Jahrhundert verschüttete deutsche Seele begrub auch ihn in Vergessenheit und Unverständnis.
    Dieses Bemühen, die fremdartigen Schichten, die uns überwachsen hatten, hinwegzuräumen und den reinen Boden des Menschlichen, das ist für ihn: des deutschen Wesens bloßzulegen, waren der Hauptantrieb seiner Erziehertätigkeit. Pestalozzi und Basedow haben den Erzieher Jean Paul stark beeinflußt und ihm vielleicht erst die Wege gewiesen, die er später in seiner groß angelegten Erziehlehre »Levana« ausbaute. Aber was ihn über seine Vorgänger hinaushob, war ein Kulturprogramm, das die menschliche Erziehung zugleich ins Geistige hineinprojizierte. Hinter seiner Erziehungsmethode stand das Idealbild einer volkhaften, eigenwüchsigen Kultur. Seine großen Romane sind als pädagogische Romane angelegt, der Erziehungsgedanke bleibt oberster Leitpunkt ihres Dichterischen. Immer handelte es sich in ihnen um die innere Gestaltung, das ist: Bildung eines Volkes. Wenn er Dichter sein wollte, so erstrebte er dieses Ziel in

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