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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Jahrhundert noch auch in unserm Besitz war. Das unerschöpfliche Glücksreservoir des bloßen menschlichen Daseins.
    Am 17. Februar 1791 weilte Jean Paul in Hof und schickte durch einen Boten Otto den Anfang des »Wuz«, den er unmittelbar nach den ersten Versuchen der »Unsichtbaren Loge« niedergeschrieben haben muß. »Bei diesen mit unendlicher Wollust empfangenen und gezeugten 4 Bogen bedenke 1) daß es in 10 Tagen geschah, 2) und in gestohlenen Stunden vor und nach der Schule, 3) daß es so viel ist, als schlägst du das Ei auf und besiehest das rinnende Hühnchen, 4) und daß es dürre Knospen und Vorübungen sind, damit unser Einer so gut einen Roman in die Welt setzen könnte als H. Thylo, 5) und was ein Vorredner noch beibringt. Suche im Wuz keinen eitlen eingeengten Orbilius, sondern nur ein in sich vergnügtes Ding.« Am 12. März konnte er dem Freunde bereits den Schluß der Dichtung übersenden. Bis zum letzten Buchstaben hält die glückliche Stimmung des Anfangs an. Auch die Schlußbogen sind »mit unendlicher Wollust« gezeugt. Damals hatte Jean Paul wohl auch nicht beabsichtigt, den Sohn des glücklichen Schulmeisterleins Maria in der »Unsichtbaren Loge« auftreten zu lassen. Erst nach der Ausarbeitung dieses Sektoren, ward ihm klar, daß der »Wuz« als Ganzes dem Roman anzuhängen war.
    Eine Vorübung für den ersten größeren Roman sollte diese »Art Idylle«, wie der Untertitel besagt, sein. Aber er wurde bald ein in sich ruhendes Ganzes. Nur die Wiederbelebung der eigenen Kinderzeit, die ja auch in der Kindheit Gustavs vorgenommen wurde, läßt den Gedanken einer Vorarbeit aufkommen. Aber wie oft hat Jean Paul sich seitdem in die entschwundenen Kindertage zurückversetzt. Hier floß ihm ein unerschöpfbarer Born der Poesie. Fast jedes Dichterleben hat eine solche Zeit, bei der es den Hebel nur anzusetzen braucht, um den Strom in Fluß zu bringen. Für Hölderlin war es die Zeit mit Susette Gontard, für Hoffmann das Bamberger Julia-Erlebnis. Es ist bezeichnend für Jean Paul, daß er im Quellgebiet allen Lebens: in seiner Jugend, am meisten zu Hause war und aus ihr immer neue Schöpferkraft ihm zuströmte.
    »Wie war Dein Leben und Sterben so sanft und meerstille, Du vergnügtes Schulmeisterlein Wuz!« so hebt die Dichtung an, und diese Atmosphäre von meeresstillem Dahingleiten, nur innerem Jubeln klingt bis zum letzten Wort durch. Mit seligem Zurückschauen breitet Jean Paul das Land der Kindheit vor uns aus, wie es ihm einst in Joditz sich abspielte, nur bewußter ins gleichbleibend Heitere getaucht. Wie es der Dichter selbst getan hatte, arbeitet sich Maria Wuz die eigene Bibliothek. Alle Bücher, deren Titel er erfährt, muß er emsig selbst schreiben, selber heften und in die Reihe stellen. Werthers Leiden schreibt er selbst und Rousseaus Bekenntnisse und überhaupt alle Bücher, die einst Jean Pauls Begeisterung erweckten, wenn er sie aus der Bibliothek des Pfarrers Vogel heimlich hinter dem Rücken des Vaters las. Mit zehn Jahren verpuppt Wuz sich in einem Alumnus und oberen Quintaner der Stadt Scheerau. Eine furchtbare Zeit würde für jeden andern anbrechen, nicht so für ihn. Er kennt die einzig wahre Kunst, glücklich zu sein, und außerdem allerlei kleine Kunstgriffe, diese Kunst zu unterstützen. Dazu braucht man sich nur am Abend eines noch so großen Leidtages im Bett zusammenzukrümmen, die Knie bis zum Nabel emporzuziehen und zu sprechen: »Siehst du, Wuz, es ist doch vorbei.« Und wenn man überdies noch dafür gesorgt hat, daß man morgens fröhlich aufwacht, weil man sich irgend etwas Angenehmes für die Morgenstunde aufhob: einen gebackenen Kloß oder ein Kapitel aus dem Robinson, dann kann nichts Irdisches mehr schrecken.
    Das Wichtigste aber dieser Kunst, immer glücklich zu sein, ist, daß man sich verliebt. Wie einst der kleine Jean Paul in Augustina, verliebt sich Wuz in Justel. Hier aber wird der Verliebte beim Wort genommen. Justel ist die ihm ewig Bestimmte, und eines Tages wird er sie zum Altar führen. Wie Jean Paul muß Wuz die verschiedenen Stadien der Liebe durchmachen. Ihr Schnupftuch spielt eine große Rolle. Später schenkt er ihr aus Ruß selbstgemalte Bilder von großen Potentaten, oder er darf ihr einen Leckerbissen zustecken. Wenn er am Sonntag aus der Stadt kommt, um das väterliche Dorf zu besuchen, sieht er schon von Weitem durch das Parterrefenster Justine sitzen, die da alle Sonntag einen ordentlichen Brief setzen lernt. Seine Seligkeit

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