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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Veröffentlichung zu bearbeiten. Wenn er sich für den Namen des Freundes etwas von einer solchen Herausgabe versprochen hätte, wäre er wahrscheinlich dennoch mit Eifer an die Arbeit gegangen. Aber ihn leitete das Gefühl, Wichtigeres zu tun zu haben. Darauf beruht nicht zum wenigsten Jean Pauls ungeheure Leistungsfähigkeit, daß er es verstand, sich von scheinbaren Pflichten freizumachen, um seine Kraft für Wesentliches einsetzen zu können. Was ihm als Egoismus ausgelegt werden kann und ausgelegt worden ist, ist im Grunde die gesammelte Konzentration auf das eigene Schaffen. »Die wenigen, der Ermüdung, der Informazion und der Gesundheit abgegeizten Stunden,« schreibt er über seine Inanspruchnahme durch eigene Tätigkeit, »geben mir diese Elastizität nicht – meine eignen Arbeiten, denen ich nicht entsagen kann, wenn ich nicht meine Abhängigkeit und den Druck der immer sich erneuernden Bedürfnisse verewigen will, teilen sich schon in jene paar Stunden.« Auch hier sieht man, wie ernst der Dichter seinen Erzieherberuf auffaßte. Man kann sagen, daß er völlig in ihm aufging und das eigene Schaffen sogar ganz im Schatten dieser Beschäftigung mit der Kinderseele stand, aus der ihm die stärkste Kraft zuströmte.
    Es gehört durchaus zu dem Bilde, das wir uns von Jean Paul machen wollen, daß wir uns auch seine kleine »Winkelschule«, wie er selbst sie nannte, ansehen. Seine Schülerschar setzte sich, wie bereits gesagt, aus sechs Knaben im Alter von sieben bis fünfzehn Jahren und einem neunjährigen Mädchen zusammen. Wie streng durchdacht seine Erziehungsmethode war, kann man schon daraus ersehen, daß, als er sie viele Jahre später in seiner »Levana« didaktisch auseinandersetzte, sie noch durchaus die gleiche war, nach der er in Schwarzenbach unterrichtet hatte. Nur seine Grundsätze über die Erziehung der kleineren und unmündigen Kinder hatte er zur Zeit der »Levana« inzwischen an den eigenen Kindern erproben können. Was er aber in der zweiten Hälfte des Werkes über den Unterricht schreibt, beruht durchaus auf den Schwarzenbacher Erfahrungen.
    In der »Unsichtbaren Loge« konnte es auffallen, welchen Wert er auf die frühzeitige Anwendung des Zeichenunterrichts legt. Musik wachse der jungen Seele von selbst zu, aber des Zeichenunterrichts bedürfe sie, um in ein enges Verhältnis zur Wirklichkeit der Dinge zu kommen. Also gerade zur Praxis des Lebens wollte er seine Schüler erziehen, sie zu tüchtigen Menschen und nicht zu Träumern machen. Dazu gehört aber, daß die jungen Menschen zuerst einmal echte Kinder sind und nicht Karikaturen der Erwachsenen. Die Kindheit hat ihren eigenen Wert in sich und ihre eigenen Gesetze und Schmerzen und Freuden. »Ist denn die Kindheit nur der mühselige Rüsttag zum genießenden Sonntag des späteren Alters, oder ist sie nicht selber eine Vigilie dazu, die ihre eigenen Freuden bringt?« Dieser Satz allein stellt die ganze bis dahin gültige Erziehungsmethode auf den Kopf. Nicht das Alte Testament, wie es gewöhnlich der Fall ist, dürfe an den Toren des jungen Lebens stehen. Naturgeschichte, Geschichten aus der Geschichte, Geographie, Reisen, Rechnen, Geometrie wären die gesundesten Voressen der kindlichen Seele. Vom Naheliegenden, leicht in Gebrauch zu Nehmenden wäre auszugehen. Das Französische ist dem Lateinischen, das Sprechen den grammatischen Regeln voranzustellen. »Wir sind jetzt aus den philologischen Jahrhunderten heraus, wo die lateinische Sprache alle gelehrte Schlafröcke und Schlafmützen von Irland bis Sizilien in einen Bund zusammenknüpfte, und wo man kein Gelehrter sein konnte, ohne ein Inventarium alles griechischen und lateinischen Hausrats und einen Küchen- und Waschzettel dieser klassischen Leute im Kopfe zu führen.« Die Hauptschwierigkeit der alten Sprachen käme daher, daß sie zu früh betrieben würden. Für das Nächstliegende und das Anwendbare interessiere sich das Kind in erster Linie. Sicher hat Jean Paul mit diesen Beobachtungen recht. Der Lerneifer seiner Schüler zeigt, wie eng seine belebende Methode die Kinder an ihn band. Nicht selten standen sie besonders früh auf, um ihren Lehrer noch in den Frühstunden mit besonderen Ausarbeitungen zu erfreuen. Leo Vogel brachte einmal 135 Bogen Aufsätze.
    Aber hier zeigt sich bereits die Gefahr, der ein Dichter als Erzieher selten entgehen wird: die Hinneigung zur schriftlichen Fixierung, die gerade bei Jean Paul sehr nahelag. Er wollte die Zöglinge zum Handgreiflichen

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