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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Freunde an ihn. Amöne und sogar seine frühere Braut Karoline Herold wie Renate, die inzwischen Mutter geworden ist, muß er immer aufs neue seiner alten Liebe versichern. Emanuel besucht er mehrere Male in Baireuth und wird wie ein Fürst von ihm aufgenommen. Zwei Freudentage verlebt er in Arzberg bei Pfarrer Vogel, und gewiß wurde jener alten Prophezeiung Vogels gedacht, daß dieser ihm einmal mehr zu verdanken haben werde als er ihm. Dem alten Rektor Werner in Schwarzenbach, der gerade in den kümmerlichsten Verhältnissen lebt, schickt er eine Geldsumme, die dieser einst seiner darbenden Mutter geborgt, gerade im rechten Augenblick zurück. Für seine ganze alte Umwelt, an der er so schwer gelitten und der er doch so viel zu verdanken hat, wird er zum Freudenbringer. Selbst Friedrich von Oerthel, bei dessen Bruder er in Weimar gelebt hatte und von dessen Mutter und Schwester er so liebevoll aufgenommen wurde, gehört jetzt schon zu den alten Freunden. Im Spätsommer kommt Oerthel für einige Wochen nach Hof und verliert sein Herz an Amöne. Jean Paul steht ihm bei den inneren Kämpfen schlichtend und tröstend bei.
    Noch immer lebt er mit seiner alten Mutter zusammen, aber wie anders ist jetzt sein Dasein in dem stillen und verhaßten Hof geworden!
    Es liegt in der Natur der Dinge, daß feindliche Äußerungen sich wie Klingen in der Luft zu kreuzen pflegen. Jean Paul konnte nicht ahnen, daß seine Briefstelle über Properz und Tyrtäus den Unmut Goethes erregt hatte. Er wußte noch nichts von dem »Chinesen in Rom« und den Xenien, die nicht nur ihn heruntersetzten, sondern auch, in dem dritten mitgeteilten Xenien, jeden treffen sollten, der für ihn eintrat. Es war aber natürlich, daß auch er sich, nach Hof zurückgekehrt, mit dem Geist von Weimar auseinandersetzte. Er tat es in der bereits erwähnten »Geschichte meiner Vorrede zur zweiten Auflage des ›Quintus Fixlein‹«. Wir werden sehen, von welcher eminenten Bedeutung die Weimarer Tage für sein weiteres Schaffen waren. Den Plan zum »Titan« trug er bereits im Kopf, als er nach Weimar kam. Herder und Charlotte von Kalb warfen ihm den alten Plan über den Haufen. Etwas ganz Neues, Großes war ihm aufgegangen. In der Kalb war ihm zum erstenmal das titanische Weib, seine Titanide, begegnet. In Goethe und Schiller hatte er titanische Menschen kennengelernt. Schon in seinen Beschreibungen, die er an Otto zu Papier brachte, ist das titanische Moment bei den Dioskuren scharf herausgearbeitet. Ja, schon die Bilder der beiden Großen, die er vor der Weimarer Reise in Baireuth zu Gesicht bekommen hatte, hatten ihm den starken Eindruck vermittelt, den die persönliche Berührung nur verdeutlichen konnte. »Schillers Portrait oder vielmehr seine Nase daran schlug wie ein Blitz in mich ein: es stellet einen Cherubim mit dem Keime des Abfalls vor und er scheint sich über alles zu erheben, über die Menschen, über das Unglück und über die – Moral. Ich konnte das erhabene Angesicht, dem es einerlei zu sein schien, welches Blut fließe, fremdes oder eigenes, gar nicht satt bekommen«, hatte er damals an Otto geschrieben. Und wenn er den Ritter Gaspard im »Titan« beschreibt, tut er es fast mit den gleichen Worten: »Ein Cherub mit dem Keime des Abfalls, ein verschmähender gebietender Geist stand da, der nichts lieben konnte, nicht sein eigenes Herz, kaum ein höheres, einer von jenen Fürchterlichen, die sich über die Menschen, über das Unglück, über die Erde und über das – Gewissen erheben, und denen es gleich gilt, welches Menschenblut sie hingießen, ob fremdes oder ihres.«
    Das Titanenerlebnis reifte aus. Schon im Juli konnte er in einem der ersten Briefe aus Hof an Charlotte schreiben: »Der ›Titan‹ hat seine Raupenhülse zerrissen.« Aber dieses Erlebnis konnte sich nur in großen Formen entladen. Im Vordergrund stand vorläufig jene Kunstanschauung Goethes und Schillers, die zu dem Zerwürfnis mit Herder geführt hatte. Wenn er im »Titan« den Erbprinz Luigi »mit der artistischen Kälte des Galerieinspektors« vor seinen Kunstwerken stehen läßt oder wenn er von dem Kunstrat Fraischdörfer spricht, »der sein Gesicht, wie die Draperie der Alten, in einfache edle große Falten geworfen hatte«, dann steht Goethe vor unsern Augen, wie ihn Charlotte von Kalb geschildert: »ganz kalt für alle Menschen und Sachen auf der Erde – er bewundert nichts mehr, nicht einmal sich – jedes Wort sei Eis – bloß Kunstsachen wärmen noch seine

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