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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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größten Werkes hineingehörte, und sammelte es in Studienbüchern, denen er die Überschrift »Das Genie« gab. Von Ottomar, der titanenhaft gegen das Mißverhältnis zwischen Außenwelt und innerer Berufung angeht, spannte sich hier der Bogen zum »Titan«. Die lebenskräftigste und entscheidende Gestalt des Werkes, Roquairol, war hier schon konzipiert, in den Studienbüchern der folgenden Jahre 1793 bis 1795 der ganze Plan in seinen Grundzügen durchmessen. Und doch konnte Jean Paul sich immer noch nicht entschließen, an die endgültige Niederschrift zu gehen. Noch immer hatte er das Gefühl, nicht reif genug zu sein, in seinem eigenen Leben noch nicht alle die Stufen durchgangen zu haben, die er seinen Helden hinanführen wollte. Im Juli 1797 las er Emilie von Berlepsch die erste Jobelperiode in Bad Eger vor, als seine Mutter in Hof den Todeskampf kämpfte. Aber auch jetzt wieder legte er das begonnene Werk zurück. Noch ganz andere Gewalten mußten auf ihn einstürmen, noch ganz andere Erlebnisse mußten ihm Situationen und Charaktere an die Hand geben, ehe der Plan in voller Klarheit vor ihm lag. Mit der ganzen Zeit wollte er abrechnen, mit Goethe und Schiller wie mit der Romantik. Er fühlte, wie Goethe in seinem »Wilhelm Meister« gewissermaßen seine Gesamtschau der Zeit gegeben hatte. Keinem geringeren Werke als den »Lehrjahren« wollte er den »Titan« entgegensetzen. Das Ungeheure des Planes lähmte immer wieder seine Hand.
    Und als er sich endlich an die Niederschrift gemacht, brach – genau wie beim »Hesperus« – noch von allen Seiten Stoff ein. Es ließe sich im einzelnen verfolgen, wie seine Verlobung mit Caroline von Feuchtersleben und ihr Kampf mit ihrer Familie für ihre Liebe die Gestalt der Liane und ihr Schicksal bestimmte. Wie die Titaniden, mit denen er rang, ihm Einzelzüge zutrugen. Zum Beispiel finden wir bei Linda, der eigentlichen Titanide des Romans, Charlotte von Kalbs seltsame Nachtblindheit wieder, wie die nervöse Erblindung Charlottens zur Zeit seines zweiten Aufenthalts in Weimar bereits Lianens Erblindung beeinflußt hat. Novalis und Friedrich Schlegel haben durch ihre Gestalten auf das Werk eingewirkt, und nicht zum wenigsten Fichte, und gerade der Fichte des Atheismusstreites. Und er, Jean Paul selbst, hat sich in dem Werk manifestiert. Wie sein Held Albano ging er zur Zeit des ersten Entwurfs die Welt an. Ganz der kühne Jüngling, der mit einer großen Tat die Sterne vom Himmel herunterholen will. Und als er das Werk endlich beendete, war er schon fast wie sein Bibliothekar Schoppe alias Leibgeber geworden, fest und unerbittlich in seiner Welt wurzelnd. Über zehn Jahre hatte er dem Kardinalwerk, wie er den Titan von Beginn an nannte, gewidmet. Die Zwischenwerke hatten nur den einen Zweck, das Publikum auf dieses Werk in Spannung zu halten und seinem Schöpfer den materiellen Unterhalt zu sichern. Die Hofer Jugendfreundinnen hatten am Beginn des Werks gestanden. Deutlich sind die mit Renate Wirth und Amöne und Karoline Herold verbrachten Jahre herauszukennen. Ja, in Froulay, dem Vater Lianens, wird man sogar noch den Kaufmann Herold, Amönens und Karolinens strengen und ein wenig boshaften Vater herausfinden können. Idoine, bei der der Roman endet, trägt bereits die Züge von Karoline Mayer. Die Entwickelung von zehn und mehr Jahren ist in dieser großartigen Konzeption eingefangen, und eine Entwickelung, die wirklich noch im Fließen ist. Der »Titan« umschließt noch die ganze Entwickelung Jean Pauls von den ersten Satiren über die Idyllen bis zu der italienisch-heroischen Haltung der Hauptgeschichte.
    Der »Titan« ist im Grunde der Roman, der Jean Paul bereits bei der »Unsichtbaren Loge« vorschwebte. Es besteht deshalb eine Ähnlichkeit des Stoffes, auch mit dem »Hesperus«, die in die Augen springt. In allen drei Romanen handelt es sich um den Entwickelungsgang eines Helden von der ersten Kindheit bis zur Reife des Mannes. In allen drei Romanen ist der Held in wunderbare Verhältnisse eingesponnen, von tausend Rätseln umgeben, die sich erst im Laufe der Geschichte klären. Immer ist eine politische Verwickelung zugrunde gelegt. Wenn in der »Unsichtbaren Loge« und im »Hesperus« das eigentümliche Erbverhältnis zwischen den preußischen und den fränkischen Hohenzollern eine Rolle spielte, so ist diesmal offenbar die alte Rivalität zwischen den Fürsten von Baireuth und denen von Ansbach zugrunde gelegt. Im »Titan« werden die Fürstentümer

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