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Säule Der Welten: Roman

Säule Der Welten: Roman

Titel: Säule Der Welten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Rücken. »Ich werde darüber nachdenken.«
    Für kurze Zeit schwiegen beide.
    »Du hättest mich auch fragen können«, sagte sie.
    »Ich habe gefragt.«
    Venera suchte noch nach einer Antwort, als es einen lauten Knall gab und Glasscherben auf sie niederregneten. Sie schrie überrascht auf, wollte zur Seite springen und schlug sich das Kinn an. Die Scherben zerkratzten ihr wie Raubtierkrallen die Rippen und den Oberschenkel.
    Zerschunden und benommen richtete sie sich auf. Erst jetzt merkte sie, dass sie auf dem Boden lag. Bryce kniete neben ihr. Die Kerze war ausgegangen, und sie spürte den Teppich aus zerbrochenem Glas zwischen sich und ihren Stiefeln mehr, als dass sie ihn sah. In dem Fensterchen klaffte ein Loch, die Bleirahmen waren verbogen und verdreht, ein Schwall kalter Nachtluft wehte herein. »Was war …« Jetzt hörte sie Schüsse.
    »Verdammter Mist.« Bryce stand auf und zog auch sie hoch. »Wir müssen hinaus. Sacrus ist eingetroffen.«

18
    Venera spürte immer noch einen Splitter im Fußballen, aber sie hatte keine Zeit, ihn zu suchen und herauszuziehen. Sie rannte mit Bryce um die Wette die Treppe hinauf. Von unten waren Stimmen und schwere Schritte zu hören.
    Sobald sie auf dem Dach herauskamen, bog Bryce nach rechts ab. »Ich muss zum Telegrafen!«, rief er noch, bevor er im Halbdunkel verschwand. Venera stellte fest, dass alle Laternen gelöscht waren; sie konnte nur die Umrisse der Zelte sehen, wo ihre Leute sich versammelt hatten. Schwarze Schatten huschten hin und her, und hier und dort blitzte ein Gewehrlauf. Dabei war es unheimlich still.
    Sie fand - mehr durch Instinkt - die Klappe des Hauptzelts und trat ein. Hier brannten noch Laternen, und Thinblood, Pamela Anseratte, Principe Guinevera, Moss und die Führer der anderen Staaten standen um einen Kartentisch herum. Alle blickten auf, als sie eintrat.
    »Ach, da sind Sie ja«, sagte Guinevera ungewohnt leutselig. »Wir glauben zu wissen, was Sacrus vorhat.«
    Sie trat an den Tisch und schaute auf die Karte. Überall auf dem ausgerollten Rechteck von Groß-Spyre waren kleine Spielfiguren verstreut, die Sacrus’ Streitkräfte
darstellten. Eine große Gruppe dieser Steine drängte sich ganz außen, wo Liris’ Ländereien verzeichnet waren.
    »Sie haben wahnsinnig viele Soldaten«, sagte Thinblood. Er wirkte nervös. »Wir schätzen, es sind über tausend. So etwas haben wir in Spyre noch nie erlebt.«
    Guinevera schnaubte. »Sie wollen offensichtlich unseren gesamten Kommandostab auf einen Schlag erwischen, um den Krieg zu beenden, bevor er überhaupt angefangen hat. Und es sieht so aus, als hätten sie gute Chancen. Was glauben Sie, Venera?«
    »Nun, ich …« Sie verstummte.
    Alle starrten sie an. Schweigend.
    Guinevera griff in seinen goldbestickten Mantel, zog ein Blatt Papier heraus und knallte es mit schockierender Heftigkeit vor ihr auf den Tisch. Venera sah ein schlechtes Porträt von sich - mit ihrer früheren Frisur - auf einem Plakat, auf dem Stand GESUCHT ZUR AUSLIEFERUNG NACH GEHELLEN, VENERA FANNING .
    »Es ist also wahr«, sagte Guinevera. Seine Stimme war rau vor Zorn, und die Hand, mit der er immer wieder das Plakat glattstrich, zitterte.
    Sie nagte an ihrer Unterlippe und versuchte, ihn mit ihrem Blick niederzuzwingen. »Das ist wohl nicht der richtige Zeitpunkt …«
    »Es ist der richtige Zeitpunkt!«, brüllte er. »Sie haben einen Krieg angezettelt!«
    »Sacrus hat ihn angezettelt«, gab sie zurück. »Und zwar schon, als …«
    Er schlug ihr mit voller Kraft ins Gesicht, und sie fiel zu Boden.
    Sie schmeckte Blut im Mund. Wo war Bryce? Warum eilte ihr Moss nicht zu Hilfe?

    Warum war Chaison nicht hier?
    Guinevera baute sich vor ihr auf, ein Fleischberg, der sie zurückzucken ließ. »Wagen Sie es nicht, Ihre Schuld auf andere abzuwälzen! Sie haben diese Katastrophe herbeigeführt, elende Hochstaplerin! Ich sage, wir hängen sie von der Mauer, dann kann Sacrus sie als Zielscheibe benützen.« Er bückte sich, um sie am Arm zu packen. Venera rappelte sich hastig auf.
    Ein Lichtstrahl schnitt durch die Zeltklappe, und das ganze Zelt erhob sich auf wundersame Weise in die Luft, als hätte ein Riese es vom Dach gepflückt. Das Husten dieses Riesen dröhnte Venera noch in den Ohren, als das Zelt schon in den ständigen Wirbelsturm am Rand der Welt hineingezogen wurde und davonflog wie ein zerrissenes Kopftuch.
    Noch ein greller Blitz - alle duckten sich. Dann rannten sie schreiend los. Plötzlich tauchten Soldaten

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