Säule Der Welten: Roman

Titel: Säule Der Welten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder

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eine hochtrabende, großartige, prachtvolle Rede ausgedacht, und am Ende hatte sie dem Schurken in ihren Träumen eine Kugel in den Leib gejagt. Diese Rachefantasien hatten ihr durch viele Nächte geholfen und sie all die Cocktailpartys ertragen lassen, bei denen sie aus dem Augenwinkel sah, wie die Damen der Admiralität auf ihre Narbe deuteten und hinter ihren Fächern miteinander tuschelten.
    »Hm«, sagte sie.
    »Venera? Alles in Ordnung?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Pulver. Schnell!« Sie hielt die Waffe, und Eilen füllte das Pulver in die Kammer. Dann setzte Verena die blanke neue Kugel ein, ließ den Verschluss einrasten, hob die Waffe und drehte am Zündrad.
    »Alles hinlegen!« Niemand hörte sie, aber zum Glück öffnete sich in letzter Sekunde eine Lücke in den Reihen. Es gab einen gewaltigen Knall, und Venera wurde beinahe vom Dach geschleudert. Als sich die riesige Rauchwolke verzogen hatte, rappelten sich vor ihr fast alle benommen wieder auf.
    Das Ding war weder zielgenau noch von großer Durchschlagskraft, aber es war laut . Das könnte ihre Rettung sein.
    Sie rannte auf die Lirisianer zu. »Die Kanonen! Ruft irgendetwas von Kanonen!« Sie klappte das rauchende Gewehr auf und reichte es Eilen. »Nachladen.«
    »Aber wir haben die anderen Kugeln verloren.«

    »Eine haben wir noch.« Sie griff in ihre Jackentasche. Da waren die vertrauten Umrisse, die sie jahrelang betastet hatte. Sie zog ihre Kugel heraus und hielt sie in den Fackelschein. Jetzt zitterten ihr doch die Finger.
    »Trotzdem - zur Hölle mit dir«, flüsterte sie.
    Eilen blickte auf, sagte: »Ach?«, und hob das Gewehr. Für große Umstände war keine Zeit; Venera schob das verhasste Projektil in den Verschluss; es passte genau. Sie klappte den Bügel herunter.
    »Aus dem Weg!« In langen Sätzen, immer wieder den Kämpfenden ausweichend, überquerte sie das Dach und erreichte die Dachkante, die von den Leitern überragt wurde. Die Schüsse von unten hatten aufgehört; die Schützen wollten nicht die eigenen Männer treffen. Venera hüpfte auf eine Zinne und zielte fast senkrecht in die Tiefe. Zwischen ihren Füßen sah sie die überraschten Augen eines Sacrus-Soldaten, darunter ein halbes Dutzend Köpfe. Sie drehte am Zündrad.
    Die Explosion hob sie von den Beinen. Alles verschwand hinter einer Qualmwand. Als sie sich nach ein paar Metern taumelnd wieder aufrichtete, fand sie sich von jubelnden Menschen umringt. Mehrere Sacrus-Soldaten purzelten noch vom Dach, und vorerst tauchten keine neuen auf. Als sich der Rauch verzog, sah sie, dass sie das oberste Stück einer Leiter weggeschossen hatte.
    »Immer weiter laden«, sagte sie und drückte Eilen das Gewehr in die Arme. »Kugeln sind nicht wichtig - solange es nur blitzt und kracht.«
    Moss’ grinsendes Gesicht tauchte aus dem Dunkel auf. »Sie zögern!«
    Sie nickte. Sacrus hatte nicht so viele Soldaten, dass er es sich leisten konnte, sie wellenweise ins Feuer zu
schicken. Dunkelheit und Verwirrung würden helfen; und obwohl die Männer auf den Leitern den Donnerschlag des Morgengewehrs wahrscheinlich jeden Tag ihres Lebens gehört hatten, würden sie zurückschrecken, wenn er aus nächster Nähe ertönte.
    »Lange werden sie sich aber nicht abhalten lassen«, sagte sie. »Wo ist der Rest deiner Soldaten?«
    Jetzt runzelte Moss die Stirn. »S-sitzen in der F-Falle, fürchte ich. Guinevera hat sie in einen H-Hinterhalt gelockt. Jetzt stehen sie mit dem Rücken zum Nichts.« Er zeigte auf den Rand der Welt und den Nachthimmel dahinter.
    Venera sprang auf die Fahrstuhlplattform und sah sich rasch um. Sacrus’ Leute hatten sich in einer langen Reihe aufgestellt und zwei der Zugangswege zu Liris abgeriegelt. Auf der dritten Seite ragten gezackte Träger und zerschrammte Metallteile über den Rand der Welt. Und an der vierten Seite - hinter ihr - bildete ein Gewirr aus Dornengestrüpp und Mauerschutt eine natürliche Barriere, die Sacrus nicht einmal überwachte.
    Dahinter erleuchteten Hunderte von Fackeln die Dunkelheit, so dass Venera die Umrisse eines für ihre Begriffe kleinen, für Spyre aber riesigen Heeres erkennen konnte. Dort mochten höchstens tausend Mann stehen, aber das war der gesamte Widerstand, den Sacrus auf dieser Welt zu fürchten hatte.
    Jenseits der Armee breitete sich, ein Irrgarten von Einzelanwesen, Groß-Spyre aus. Irgendwo da draußen stand die langgestreckte niedrige Halle mit der entkernten Bombe, die Hoffnung auf Flucht bot.
    Sie wandte sich an