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Säule Der Welten: Roman

Säule Der Welten: Roman

Titel: Säule Der Welten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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es für eine Katastrophe, wenn ihnen ein Baum auf den Zaun ihres Grundstücks fällt. Wenn ein Gast auf einer Party einen anderen brüskiert, ist das schon ein riesiger politischer
Skandal. In diesem System bin ich aufgewachsen und habe meine Ausbildung erhalten. Aber meine Vorgesetzten haben immer gewusst, dass da draußen größere Fische zu fangen sind. Sie haben nur abgewartet, all die Jahrhunderte über. Jetzt endlich haben sie ein Werkzeug in der Hand, mit dem sie die Welt erobern können - die wirkliche Welt, nicht nur diese schäbige Kopie, in der wir stehen. Auf der Bewertungsskala von Sacrus’ neuen Zielen zählen meine sämtlichen Leistungen nichts.«
    Venera nickte langsam. »Gerade werden alle Grenzen um Ihre Nation herum neu gezogen. Selbst wenn Sacrus den Schlüssel von mir niemals bekommt, muss es sich an ein neues Spyre gewöhnen, wenn die Kämpfe aufhören. Ich wette, man hat sich bereits einen jungen, leichter zu lenkenden Nachfolger herangezogen, der Ihren Platz in dieser neuen Welt einnehmen soll.«
    Er schnitt eine Grimasse. »Niemand lässt sich gern ausrangieren. Ich habe es aber kommen sehen. Im Grunde war es unvermeidlich, es sei denn …«
    »Es sei denn, Sie konnten Ihren Vorgesetzten beweisen, dass Sie immer noch nützlich sind«, sagte sie. »Etwa, indem Sie ihnen persönlich den Schlüssel brachten?«
    Er zuckte die Achseln. »Die gestrige Ratssitzung wäre sonst mein letzter öffentlicher Auftritt gewesen. Hier, als Ihr … äh … Gast, hätte ich zumindest noch Gelegenheit gehabt, für Sacrus die Verhandlungen zu führen. Überlegen Sie es sich - Sie sind umzingelt, von der Bewaffnung her unterlegen; Sie nähern sich dem Punkt, an dem Sie sich geschlagen geben müssen. Aber ich kann Ihnen die Telegrafencodes geben, und dann können
Sie unseren Befehlshabern mitteilen, dass wir zu einer Verständigung gelangt sind. Solange Sie hier noch Macht hatten, wären Sie der perfekte Verräter gewesen. Ein paar falsche Befehle, um die Streitkräfte in eine Falle zu schicken, und dann wären wir beide über die Mauer gesprungen. Ich hätte den Schlüssel wohlbehalten zu meinen Vorgesetzten gebracht, Sie könnten den Weg nach Hause antreten oder wo immer Sie auch hergekommen sind.«
    Venera kämpfte ihren Zorn nieder. Sarto war es gewöhnt, mit kalten politischen Gleichungen zu arbeiten; sie übrigens auch. Sein Vorschlag sollte sie nicht schockieren. »Aber wenn ich in Ungnade gefallen bin, kann ich mein Volk nicht mehr verraten.«
    »Ihre Nützlichkeit schwindet rasant«, erwiderte er und nickte. »Aber nein, ich habe Sie nicht verpetzt. Inzwischen sind Sie so gut wie nichts mehr wert. Sie haben nur noch den Schlüssel. Wenn Ihre eigene Seite sich gegen Sie wendet, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als sich selbst an Sacrus auszuliefern. Ich könnte noch ein paar Bonuspunkte einheimsen, wenn ich derjenige wäre, der Sie übergibt, aber nicht allzu viele, und …«
    »… Und für mich gäbe es keinen Grund, auf anständige Behandlung zu hoffen«, vollendete sie. »Warum sollte ich mich also darauf einlassen?«
    Er stand auf - langsam, mit Blick auf ihre Pistole - und entfernte sich ein paar Schritte. Dann blickte er zu dem einzigen kleinen Fenster auf. »Sehen Sie denn noch eine andere Möglichkeit?«, fragte er.
    Sie hielt die Frage zunächst für rhetorisch, aber etwas an seinem Tonfall … Es hatte aufrichtig geklungen.

    Venera saß eine Weile da und dachte nach. Sie ließ den Zwischenfall mit den Ratsmitgliedern auf dem Dach an sich vorüberziehen; wer hätte ihre Identität preisgeben können? Von dieser Frage hing alles ab - und davon, wann es geschehen war. Sarto sagte nichts, er wartete nur geduldig mit verschränkten Armen und starrte unverwandt zu dem Fensterchen empor.
    Endlich nickte sie und stand auf. »Schön«, sagte sie. »Jacoby, ich glaube, wir können immer noch zu einer … Verständigung gelangen. Ich habe mir Folgendes überlegt …«

19
    Es passierte wie so oft im ungünstigsten Moment. Veneras Gleichgewichtssinn ließ sie unmittelbar, bevor sie auf dem Boden aufkam, im Stich. Das Gestrüpp und die Bäumchen, die eben noch wie Speere nach oben geragt hatten, drehten sich und wurden zu abstrakten Dekorationen an einer riesigen Wand, die ihr entgegenraste. Ihre Füße hingen über horizontalen Gebäuden und den Soldatenspießen. Dann war die Wand da, sie prallte ab und überschlug sich wie eine Stoffpuppe. Seltsamerweise spürte sie keinerlei Schmerzen - aber das war

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