Säule Der Welten: Roman
bitte?«
»Einen Termin.« Sie beugte sich zu ihm: »Hatten Sie einen vereinbart?«
Er konnte sich dem protokollarischen Reglement nicht entziehen und antwortete nach kurzem Zögern sarkastisch: »Nein!«
Venera entließ ihn mit einer hoheitsvollen Geste. »Dann klären Sie das mit meinem Diener. Diese Herren haben im Moment Vorrang. Sie haben nämlich einen Termin.«
Seine Augen funkelten belustigt. Venera sah, wenn auch widerwillig, ein, dass sie nicht irgendeinen Lakaien vor sich hatte, sondern einen erfahrenen Veteranen aus einer der großen Nationen. Und nachdem sie soeben fast ihr neues Haus in Brand gesteckt und ihren einzigen Freund auf dieser gottverlassenen Welt getötet hätte, konnte sie nicht ausschließen, dass auf ihr Urteilsvermögen heute nicht allzu viel Verlass war.
Sie warf einen Blick auf Diamandis, der sich ostentativ zurückhielt.
Dann stieß sie einen tiefen Seufzer aus und verneigte sich vor der Delegation. »Ich bitte um Vergebung. Ich vergesse meine Manieren. Wenn wir es kurz machen, kann ich meinen anderen Termin einhalten, ohne auch dort noch die Gemüter zu erregen. Mit wem habe ich die Ehre?«
Nur wenig besänftigt, sagte er: »Ich bin Jacoby Sarto von der Nation Sacrus. Ihre … Auferstehung von den Toten … hat unter den großen Nationen für einigen Wirbel gesorgt. Nun verlangt man, dass Sie Beweise vorlegen, bevor man Ihre Behauptungen für bare Münze nimmt.«
»Ich weiß«, sagte sie schlicht.
»Nächsten Donnerstag«, fuhr er fort, »um vier Uhr in den Amtsräumen des Rates. Bringen Sie die Belege mit.« Er wandte sich zum Gehen.
»Ach du meine Güte.« Er drehte sich wieder um und sah sie drohend an. Venera gab sich zerknirscht. »Es gibt da nur ein klitzekleines Problem … eigentlich eher eine günstige Gelegenheit. Ich habe mir an diesem Tag … ganz zufällig … verschiedene Verpflichtungen aufhalsen lassen. Meine früheren Schuldner und Gläubiger … Aber verstehen Sie mich nicht falsch, ich will mich Ihrer Aufforderung nicht entziehen. Warum treffen wir uns nicht um acht Uhr abends im großen Salon meines Hauses? Dieser Zeitpunkt würde es mir erlauben, meinen Verpflichtungen nachzukommen und …«
»Schon gut.« Er drehte sich um und beratschlagte mit seinen Begleitern. Es dauerte nicht lange. »Meinetwegen.« Er trat dicht an sie heran und schaute auf sie
herab, wie ihr Vater es zu tun pflegte, als sie noch klein war. Venera zitterte innerlich - aber sie verzog keine Miene. Sie hatte auch auf die Drohungen ihres Vaters nie reagiert. »Keine Spielchen«, warnte er sehr leise. »Es geht um Ihr Leben.« Dann gab er den anderen ein kurzes Zeichen, ihm zu folgen, und alle entfernten sich.
Garth beugte sich vor und murmelte: »Was für Verpflichtungen? Du hattest für diesen Tag nichts eingeplant.«
»Jetzt schon«, sagte sie und sah Sarto und seinem Gefolge nach. Dann erklärte sie Garth, was sie vorhatte, und er bekam vor Schreck ganz große Augen.
»In einer Woche? Das Haus ist ein einziger Trümmerhaufen.«
»Dann weißt du ja, womit du dich für den Rest des Tages beschäftigen kannst«, fauchte sie. »Stelle so viele Leute ein, wie du brauchst - du kannst ja ein paar von meinen Schmuckstücken zu Geld machen. Noch etwas, Garth«, sagte sie, als er sich zum Gehen wandte. »Ich möchte mich für mein Benehmen vorhin entschuldigen.«
Er schnaubte. »Ich habe schon schlimmere Dinge getrieben, wenn man mich aufgeweckt hat. Aber von dir hätte ich mehr erwartet.«
Seltsamerweise schmerzte dieser Satz viel mehr als alle Vorwürfe, die sie sich hätte vorstellen können.
»Du hast noch nichts von den Pferden erzählt«, sagte Garth am Abend dieses Tages. Er stemmte sich gegen das hintere Ende eines tonnenschweren Weinregals, während Venera von vorne zog. Widerwillig rutschte der hölzerne Koloss auf dem Kellerboden ein paar Zentimeter
weiter. »Wie - uff! -, wie haben sie dir denn gefallen?«
»Darüber bin ich mir selbst noch nicht so recht im Klaren«, sagte sie und hielt inne, um auf dem Boden aus vernietetem Eisen einen besseren Stand für ihre Füße zu suchen. »Sie waren schön und grotesk zugleich. Dali-Pferde wurden sie von den Haltern genannt. Ein Dali ist offenbar jedes vierbeinige Tier, das unter geringerer Schwerkraft aufgezogen wurde, als es ihm von seiner Evolution her zuträglich ist.«
Garth nickte, und sie beschäftigten sich weiter mit dem Regal. Allmählich näherte es sich der Wand, wo sich die kleine Rebellenzelle Zugang zum
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