Säule Der Welten: Roman
wie
vom Donner gerührt. Sein Kopf drehte sich langsam, wie von fremden Kräften bewegt, zu dem Sprecher herum.
August Virilio lümmelte lässig in seinem Stuhl und hatte die Finger giebelförmig aneinandergelegt. »Artikel Fünf, Absatz Zwölf, Paragraf Zwei der Charta«, erklärte er sachlich. »Die Identität ist anzuerkennen, wenn es keinen anderen nachweislichen Erben gibt. Und Buridan ist Mitglied des Rates. Die Zugehörigkeit wurde nie außer Kraft gesetzt.«
»Reine Formalität! Eine Gefälligkeit!« Aber Ennersins Stimme hatte ihre Sicherheit verloren. Er appellierte an Pamela Anseratte, aber die lächelte nur und spreizte abwehrend die Finger.
Dann wanderte ihr Blick weiter zu Venera, und sie sagte: »Sieht ganz danach aus, als wären Sie tatsächlich im Recht, meine Liebe. Sie bekommen Ihre Stimme. Möchten Sie …?«
Venera hob lächelnd die rechte Hand: »Ich stimme dafür«, sagte sie.
Sicher konnte man Ennersin bis auf die Straße hinaus hören. Venera begleitete ihre Gäste lächelnd zur Tür. Ihr war schwindlig vor Erleichterung, und sie war überzeugt, dass ihr albernes Grinsen das nur allzu deutlich verriet. Das Fest neigte sich dem Ende zu, auch wenn natürlich Türen und Säle für alle Nachtschwärmer bis zum Morgen geöffnet bleiben würden. Aber die Ratsmitglieder waren müde; niemand würde es ihnen verübeln, wenn sie sich zeitig verabschiedeten.
Ennersin schrie immer noch auf Jacoby Sarto ein. Es war Musik in Veneras Ohren.
Sie suchte nach Garth, fand ihn aber nicht sofort. Doch - da war er, er drückte sich am Eingang herum. Er hatte sich umgezogen und trug nun unauffällige Straßenkleidung. Hatte er sich davonstehlen wollen? Im Geiste sah ihn Venera durch den Geheimausgang im Weinkeller schlüpfen, um den Soldaten des Rates zu entgehen. Vielleicht war er dann von hinten gekommen und hatte sich unter die Schaulustigen auf der Straße gemischt, die den Ausgang der Abstimmung abwarteten. Sie schmunzelte; sie selbst hätte es wahrscheinlich so gemacht.
Da war Ennersin, er rauschte an Garth vorbei, ohne ihn wahrzunehmen. Diamandis schaute ihm voller Abscheu nach, drehte sich um und sah, dass Venera ihn beobachtete. Er breitete die Arme aus und zuckte die Achseln. Sie winkte ab und antwortete mit einem Lächeln.
Es war Zeit, sich wieder unter die Gäste zu mischen; noch war das Fest nicht vorüber, und sie war frei von Kopfschmerzen. Sie hatte große Lust, ihren Sieg mit einer Runde durch den Saal zu feiern. Eine Weile schwamm sie wie benommen durch einen Nebel von strahlenden Gesichtern und Glückwünschen. Dann schüttelte sie (sicher zum hundertsten Mal) jemandem die Hand, schaute auf und sah, dass es Jacoby Sarto war.
»Gut gemacht, Lady Fanning«, sagte er ohne jede Spur von Ironie.
Sie sah sich um. Wie durch ein Wunder waren sie im Moment allein. Wahrscheinlich hatte ein einziger Blick aus Sartos Augen unter den dichten Brauen genügt, um die Menge zurückzudrängen.
»Danke.« Mehr fiel ihr nicht ein. Eine mehr als klägliche Antwort, wie sie selbst fand, aber sie hatte ihr Pulver verschossen. Zu ihrer Überraschung lächelte Sarto.
»Ich habe Ennersins Vertrauen verloren«, sagte er. »Und ich werde Jahre brauchen, um einige von den Verbündeten zurückzugewinnen, die ich heute im Stich gelassen habe.«
»Ach ja?« Sein Umschwenken bei der Abstimmung wurde immer rätselhafter. Es war nicht Veneras Art, vorsichtig auf den Busch zu klopfen, und so fragte sie geradeheraus: »Warum?«
Er schien verwirrt. »Warum ich für Sie gestimmt habe?«
»Nein - den Grund kenne ich.« Wieder stand der Schlüssel unausgesprochen zwischen ihnen. »Ich meine«, sagte sie, »warum haben Sie sich überhaupt in aller Öffentlichkeit gegen mich gestellt, wenn Sie doch wussten, was ich gegen Sie in der Hand hatte?«
»Ach so.« Jetzt schaute er sich um. Als er sich vergewissert hatte, dass niemand in Hörweite war, sagte er: »Man hat mich zum Hüter von Sacrus’ Vermögen bestellt. Auch Sie sind ein Teil davon. Wenn es möglich war, Sie zu kaufen, sollte ich das tun. Wenn nicht, und falls Sie mit der Enthüllung von … gewissen Einzelheiten drohen sollten … nun, dann hatte ich den Auftrag, von mörderischem Jähzorn überfallen zu werden.« Er öffnete seine Jacke ein wenig, damit sie die Pistole sehen konnte, die er darunter trug. »Sie hätten keine Chance gehabt, Ihr Wissen öffentlich zu machen«, sagte er und lächelte schwach.
»Und warum haben Sie dann nicht …«
»Weil
Weitere Kostenlose Bücher