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Säule Der Welten: Roman

Säule Der Welten: Roman

Titel: Säule Der Welten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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unterzeichnete und mit Befehlen um sich warf, setzten bereits wieder die vertrauten Schmerzen in ihrem Kiefer ein und strahlten nach oben aus. Die heutigen Kopfschmerzen würden mörderisch sein.
    Sie musste zumindest den Vertretern des Rates mit ihren Manuskripthaltern und ihren ernsten Gesichtern eine Erklärung für ihre vorzeitige Rückkehr liefern. »Die Expedition war erfolgreicher, als wir erwarten konnten«, sagte sie und ermahnte Brydda mit einem giftigen Blick zum Schweigen. »Wir haben einen Kunden gewonnen, der für die nächste Zeit keine Wünsche offenlässt. Und nachdem wir unsere Verkaufsziele damit erreicht hatten, bestand keine Notwendigkeit mehr, die kostspielige Reise fortzusetzen.«
    Das war weit mehr, als die meisten Nationen jemals
über ihre Geschäfte preisgaben, der Rat musste sich also wohl oder übel damit begnügen.
    Die Rückkehr der Herrin von Buridan war von hektischer Aktivität begleitet, und so war es schon fast Zeit zum Abendessen, als Venera sich endlich in ihre Wohnung zurückziehen konnte, um ihre nächsten Schritte zu planen. Sacrus hatte sich nicht gemeldet, hatte weder Forderungen noch Drohungen geschickt. Man glaubte wohl, sie jetzt fest in der Hand zu haben und sich wichtigeren Dingen zuwenden zu können. Aber diese Dinge waren auch für sie von Interesse.
    Sie ließ sich eine Mahlzeit heraufschicken und rief den Butler zu sich. »Ich will nicht gestört werden, aus welchem Grund auch immer«, erklärte sie ihm. »Ich habe bis tief in die Nacht hinein zu arbeiten.« Er verneigte sich, ohne eine Miene zu verziehen, und sie schloss die Tür und drehte den Schlüssel um.
    Im Zuge der Renovierungsarbeiten hatten die Arbeiter in eine Wand ihres Schlafzimmers ein Loch geschlagen. Sie hatte ihnen deshalb eine ordentliche Standpauke gehalten, doch dann hatte sie festgestellt, dass sich dahinter ein Hohlraum befand - ein alter, längst nicht mehr benützter Kamin. »Nehmt euch einen anderen Raum vor«, hatte sie die Männer angewiesen. »Ich werde mir für die Reparatur zuverlässigere Kräfte suchen.« Aber sie hatte auf die Reparatur verzichtet.
    Zehn Minuten, nachdem sie die Tür verschlossen hatte, tastete sie sich im Innern des Kamins eine Strickleiter hinunter. Das riesige Porträt von Giles Thrace-Guiles, das sonst vor dem Loch hing, hatte sie beiseitegestellt. Auf dem Grund des Schachts angekommen,
stemmte sie ein Kamingitter aus Zinn auf, das mit Delfinen und nackten Frauen verziert war, betrat ein Dienerzimmer, das sie zur Abstellkammer umfunktioniert hatte, und klopfte sich den Staub ab.
    Von hier aus konnte sie unbemerkt über den Korridor in den Weinkeller huschen und das Regal auf dem eingefetteten Boden beiseiteschieben. Und schon war sie im Versteck der Rebellen und hatte Buridan, Sacrus und alle anderen vorerst abgeschüttelt - mit Ausnahme der nagenden Zweifel ihres neu erwachten und noch ungewohnten Gewissens vielleicht.
     
    Das irre Orgeln aus den defekten Rohren des Buridan-Turms war verstummt. Was nicht hieß, dass Stille geherrscht hätte, als Venera aus dem filigranen Fahrstuhl trat; das ganze Bauwerk vibrierte und summte noch immer unter dem Ansturm des Windes. Aber zumindest konnte man die Geräusche jetzt ignorieren.
    »Die eiserne Lady ist da!«, rief einer der Männer, die draußen warteten. Venera runzelte die Stirn, als sie hörte, wie die Warnung durch die Gänge weitergegeben wurde. Im Fahrstuhlraum waren drei Wachen, und draußen lauerten zweifellos noch mehr. Sie faltete die Hände hinter dem Rücken und schritt provozierend langsam auf den Torbogen zu, als wollte sie sehen, ob sie sie aufhalten würden. Sie taten es nicht.
    Vom Fahrstuhlraum gelangte man auf die oberste Galerie im riesigen Innenhof des Turms. Es war auch die kleinste Galerie, denn der Raum verbreiterte sich nach unten. Von hier aus war die Wirkung schwindelerregend: man glaubte, hoch über einer Höhle zu
schweben, deren Wände aus Geländern bestanden. Venera stand da und schaute hinunter, während Bryces Anhänger sich lautlos um sie scharten. Von unten war das Echo von Hämmern und Sägen zu hören.
    Nach einer Weile kamen schnelle Schritte über die Treppe herauf, und Bryce persönlich erschien. Er war mit Gipsstaub bedeckt, und sein Haar war zerrauft. »Was ist?«, fragte er. »Kommen sie?«
    »Nein«, sagte Venera mit einem unterdrückten Lächeln. »Jedenfalls noch nicht. Was nicht heißen soll, dass ich nicht irgendwann eine Führung veranstalten muss. Aber vorerst sind

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