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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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und Textilien schwer beladene Handelsschiffe aus Asien diese Passage durchqueren. Wer diese Meerenge kontrolliert, der kontrolliert die Energieversorgung Europas.
    Auch für das benachbarte Äthiopien ist Dschibuti aufgrund seiner Lage am Meer von größter wirtschaftlicher Bedeutung. Denn durch Dschibuti führt die einzige Lebensader, die Äthiopien, einen der größten Staaten Afrikas, mit Waren versorgt. Die Nachbarländer Dschibutis, Eritrea und Somalia, befinden sich seit Jahren in einem verheerenden Bürgerkrieg. Dies ist nicht zuletzt der Grund dafür, dass die USA und Frankreich in dem nur rund vierundzwanzigtausend Quadratkilometer großen Land Dschibuti riesige Militärbasen stationiert haben. Die deutsche Kriegsmarine liegt ebenfalls hier vor Anker. Gemeinsam überwachen die Soldaten den Luftraum und die Küste Ostafrikas sowie jene des arabischen Raums.
    Dschibuti ist förmlich ein Tummelplatz für Diplomaten, Geheimdienstagenten, Waffenhändler und Militärbedienstete aus aller Herren Länder. Flüchtlinge aus Ostafrika, Männer, Frauen und Kinder aus Somalia, Eritrea, Äthiopien und dem Sudan versuchen von hier aus nach Asien und in die reichen Golfstaaten wie Dubai oder Katar zu gelangen, in der Hoffnung auf Arbeit und ein besseres Leben. Skrupellose Schlepperbanden haben daraus ein blühendes Geschäft gemacht. Auf rostigen alten Kähnen pferchen sie Hunderte Menschen zusammen und bringen sie von Dschibuti in den Jemen. Viele Flüchtlinge ertrinken jährlich, weil die desolaten Kähne, auf denen menschenunwürdige Zustände herrschen, sinken oder die Schlepper sie auf dem offenen Meer einfach über Bord werfen. Selbstverständlich nachdem sie die Überfahrt bezahlt haben.
     
    »Fardouza, gibt es hier immer noch Piratenangriffe?«, fragte ich die fünffache Mutter, die Dschibuti wie ihre Westentasche kannte, als wir an dem mächtigen Hafen vorbeifuhren. Doch meine Worte gingen im Lärm des Fahrtwindes unter.
    »Was sagst du, Waris?«, brüllte Fardouza, während sie konzentriert auf die Straße blickte, um den Peugeot nicht in einem der vielen Schlaglöcher endgültig zu Schrott zu fahren.
    Ich beugte mich zu ihr hinüber. »Die Soldaten. Sie sind doch hier, um etwas gegen die Piraterie zu unternehmen, richtig? Können sie überhaupt etwas bewirken?«, versuchte ich erneut den Lärm zu übertönen.
    Ungefähr zehn Jahre zuvor hatten unzählige brutale Piratenüberfälle für Aufsehen gesorgt. Etliche junge Fischer aus Somalia konnten der Versuchung, auf hoher See schnell an viel Geld zu kommen, nicht widerstehen. Viele hatte der andauernde Hunger in das Verbrechen getrieben, weil die großen internationalen Fischfangflotten das Meer vor Somalia faktisch leer gefischt hatten und somit die Existenz aller kleinen Fischer bedroht war. Die italienische Müllmafia wiederum missbrauchte jene Küstengebiete, die den einheimischen Fischern geblieben waren, um hier auf illegalem Weg ihre Chemieabfälle loszuwerden. Unzählige Fischerfamilien, die mit dem verseuchten Fang ihren Hunger gestillt hatten, erkrankten an bis dahin noch unbekannten Infektionen. Viele starben an Krebs, immer mehr Kinder kamen mit Missbildungen zur Welt. Was hatten die Fischer also noch zu verlieren? Die Piraterie war ihre letzte Chance, an ein bisschen Geld zu kommen und zu überleben.
    »Ich denke schon!«, rief mir Fardouza zu. »Seit die vielen Soldaten hier stationiert sind, gibt es keine Piratenangriffe mehr. Es wird tatsächlich ruhiger am Golf von Aden.«
    Die Probleme der somalischen Fischer waren damit freilich nicht gelöst.
    Kurz darauf erreichten wir die Altstadt von Dschibuti-Stadt, die mir die Müdigkeit nach unserer langen Odyssee aus den Augen trieb. Ich liebte diese Gegend. Viele Gebäude hier erinnerten an die einstige Pracht, in der sie während der französischen Kolonialzeit gestrahlt hatten. Heute dämmerten sie trist vor sich dahin und warteten auf ihren kompletten Verfall. Auf den Märkten dagegen herrschte reges Leben. Das farbenfrohe Treiben zwischen den unzähligen bunten Ständen begeisterte mich. Kinder, Hausfrauen, Marktschreier, windige Geschäftsmänner, Bettler – sie alle tummelten sich auf den schmalen Wegen zwischen bunten Tüchern, T-Shirts, Schmuck, Obst, Getreide, Gewürzen … einfach allem, was es in dieser Stadt zu verkaufen gab.
    Ein besonders lukratives Geschäft war auf diesen Märkten natürlich auch der Handel mit Kath, der gängigsten Alltagsdroge Ostafrikas.
    Der Kathstrauch wächst in

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