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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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über die Metallstange. »So löst man Probleme bei uns zu Hause«, stellte er trocken fest und grinste breit, wobei er seine braungefärbten Zähne zeigte. Zum ersten Mal seit seiner Ankunft in Paris lachte er herzlich.
    Als sie den Fashionstore ohne weitere Zwischenfälle erreichten, atmete Sophie auf. Sie freute sich darauf, die beiden Mädchen, die notgedrungen die verschwitzten, abgetragenen Sachen vom vergangenen Tag trugen, zu stylen.
    »Welche ist deine Lieblingsfarbe?«, fragte Sophie die kleine Safa noch im Erdgeschoss.
    Etliche junge Pariserinnen und Touristen wühlten sich bereits durch die Regale und Ständer mit bunten Kleidern. Als wären sie im Schlaraffenland gelandet, sahen sich Inab und Safa begeistert um.
    »Orange, Gelb, Rosa. Und deine?«, erwiderte Safa und konnte den Blick von den vielen bunten Teilen um sie herum nicht abwenden.
    »Was für ein Zufall, das sind auch meine Lieblingsfarben«, sagte Sophie überrascht und lief weiter durch die Gänge. »Außerdem mag ich noch gerne Türkis und Lila. Du auch?«
    Als Safa nicht antwortete, drehte sich Sophie nach ihr um. Das afrikanische Mädchen war ihr nicht gefolgt, sondern stand staunend vor einer Frau, die mit gut zwanzig Kleidungsstücken auf dem Weg zur Kasse war.
    »Sie müssen aber eine große Familie haben«, sagte Safa in kindlichem Ton zu der Frau.
    Die schüttelte nur verwundert den Kopf.
    »Komm, Safa. Wir suchen euch jetzt ein paar Sachen aus. Dazu müssen wir aber in die Kinderabteilung«, erklärte Sophie, nicht ahnend, dass damit gleich die nächste Hürde auf sie wartete.
    Vor der Rolltreppe blieben ihre drei Begleiter wie angewurzelt stehen.
    »Hilfe, die Stufen bewegen sich ja«, zeigte sich diesmal Inab schreckhaft.
    Auch Safa und Idriss trauten der fahrenden Treppe nicht über den Weg. Die arme Sophie musste ganze Überzeugungsarbeit leisten, um die drei in die erste Etage zu locken.
    Als meine Mitarbeiterin mir später am Telefon dieses Erlebnis schilderte, musste ich schmunzeln. Als ich kurz nach meiner Ankunft in London zum ersten Mal in meinem Leben eine Rolltreppe gesehen hatte, war ich dem Gefährt gegenüber ebenso skeptisch gewesen. Es gab so vieles an Safa und deren Geschichte, das mich an meine eigene Vergangenheit erinnerte. Einzig die Unversehrtheit teilte ich nicht mit ihr – ich hoffte, dass Safa für immer gesund bleiben würde.
    Als Sophie sah, wie Safa und Inab die unzähligen Kleidchen, T-Shirts, Hosen, Röcke, Söckchen und Schuhe mit offenem Mund betrachteten, wurde ihr wieder bewusst, wie gut es den europäischen Kindern ging. Idriss dagegen starrte bloß gelangweilt in die Luft.
    »Ich gehe mal kurz raus, eine rauchen«, wandte er sich an seine Begleiterin.
    Nachdem er Sophie das Versprechen gegeben hatte, danach umgehend zu ihnen zurückzukehren, ließ sie ihn gehen.
    »Na, Safa, was gefällt dir von den Sachen denn am besten?« Sophie ging zu einem der vielen Kleiderständer, nahm einige Teile in die Hand und präsentierte sie ihr, als wäre sie eine engagierte Verkäuferin in einer Designerboutique. »Der Rock hier zum Beispiel? Oder dieser rosarote? Magst du Jeansstoff?«
    »Eigentlich brauche ich gar nichts«, sagte das Mädchen leise. Dann deutete sie doch zaghaft auf den Jeansrock, und ein Grinsen überzog das kleine, dunkle Gesicht.
    Nach gut einer halben Stunde hatten sie einige Teile ausgewählt und machten sich auf die Suche nach einer Umkleidekabine, in der Safa alleine verschwand.
    Nach einigen Minuten rief die Kleine verzweifelt Sophies Namen. Die Österreicherin schob den Vorhang zur Seite und traute ihren Augen nicht. Safa steckte mit dem Kopf in einem T-Shirt, das sie verzweifelt über ihre Kleidung zu streifen versuchte.
    »Das ist viel zu klein«, stöhnte sie.
    Nachdem sie Safa befreit hatte, erklärte Sophie ihr, dass man sich erst bis auf die Unterwäsche ausziehen musste, um die Sachen anzuprobieren. Es war weder Ungeschick noch Tollpatschigkeit, die Safa in diese Lage gebracht hatte, sondern Unwissen. Das Mädchen hatte sich noch nie zuvor selbst etwas zum Anziehen ausgesucht. Zeit ihres Lebens trug sie das, was andere abgelegt hatten. Am Ende entschied sie sich zusätzlich zu dem Rock und zwei T-Shirts für ein Paar Hello-Kitty-Turnschuhe, da ihre Sandalen sich in ihre Einzelbestandteile aufzulösen drohten, einen Haarreif und ein Sommerkleid.
    »Die ist ja toll!«, rief Safa, als sie eine rosarote Sonnenbrille entdeckte, und setzte sie verkehrt herum auf, so dass sie ihr

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