Safari
oder ein Drogenabhängiger, der seinen Rausch ausschlief! Irgendjemand, irgendwer!
Dann sah er, dass die Gestalt kein Mensch war.
3
Er brach angesichts der offenkundigen Enttäuschung nicht in Tränen aus. Auch ergriff er nicht angsterfüllt und mit schreckgeweiteten Augen die Flucht. Stattdessen stand er einfach da und sah zu, wie der einsame Bewohner des Autowracks nonchalant auf ihn zugeschlendert kam. Er hatte zwei Augen, wie Walker. Er hatte zwei Ohren, wie Walker. Er hatte Haare, mehr als Walker. Er hatte einen Schwanz, anders als Walker, und bewegte sich in einem gemütlichen Trott auf allen vieren vorwärts.
Der Hund war ein echter Straßenköter, ein vierzigpfündiger Klumpen hündischer Unbekümmertheit, der aussah, als ob er von einem betrunkenen Seelöwen bei der Kopulation mit einem Ballen Stahlwolle von Industriemaßen gezeugt worden wäre. Furchtlos und ohne Angst kam er geradewegs auf ihn zu, ließ die Zunge seitlich heraushängen, wedelte mit dem Schwanz und setzte sich hin.
Keine schöne achtzehnjährige Ausreißerin, dachte Walker wehmütig. Nicht einmal ein zugekiffter Junkie. Aber ein Wesen von der Erde, lebendig und anheimelnd vertraut. Es war Gesellschaft, wenngleich nicht von der Sorte, die er sich erhofft hatte. Er ertappte sich, wie er den Köter insgeheim beneidete. Unbeschwert von den höheren Kräften der Denkfähigkeit mochte er seine neue Umgebung sogar genießen. Oder vielmehr seine transplantierte vertraute Umgebung. Genau wie Walker komplett und intakt zusammen mit einer Kopie seiner unmittelbaren Umgebung verschleppt worden war, war dies offenbar auch der Töle widerfahren. Vielleicht fragte sie sich, warum sie nicht über eine gewisse Linie hinaus streunen konnte, ohne einen Elektroschock zu bekommen, aber zweifellos wurde ihre Verwunderung durch eine stete Versorgung mit Wasser und Futter gelindert. Walker fragte sich, wie die Nahrungssteine des Hundes aussehen mochten und ob sie sich überhaupt so sehr von denen unterschieden, die er bekam.
»Tja, da sind wir nun«, murmelte er vor sich hin, während er sich niederbeugte, um den Kopf des Hundes zu streicheln. »Zwei terrestrische Säuger, ziellos umhertreibend auf einem Meer außerirdischer Gleichgültigkeit.«
»Spar dir deine Metaphern, Kumpel. Das ist weder die Zeit noch der Ort dafür.«
Walker erstarrte. Die Worte waren keine auditive Illusion gewesen. Er hatte gesehen, wie sich die Schnauze des Hundes bewegte und die Laute herauskamen. Was bedeutete, dass die hundeförmige Gestalt, auf die er hinabstarrte, kein echter Hund sein konnte. Sie war eine Erfindung der Aliens, entworfen und hergestellt in einer unvorstellbaren Alienwerkstatt, um ihm die Einsamkeit erträglicher zu gestalten und seine Melancholie zu lindern.
Der Hund sprach wieder. »Warum hast du aufgehört, mich zu streicheln? Ich bin schon tagelang nicht mehr gestreichelt worden.« Er zog die Zunge ein, drehte sich um und deutete mit dem struppigen Kopf in Richtung Korridor. »Die Vilenjji streicheln mich nicht. Ich habe sie darum gebeten, aber sie antworten nur mit ihrem platten, fischäugigen Glotzen.« Die Zunge kam wieder hervor, als ihr Besitzer hechelte. »Ich wünschte aber dennoch, sie würden ab und zu mit mir spazieren gehen. Ich bin es leid, hier in der Gasse herumzuhängen.« Der Hund schielte an Walker vorbei, der sich plötzlich in das reglos verharrende Modell einer Bildhauerklasse verwandelt hatte, und jubelte aufgeregt: »He, du hast einen Teich!« Mit einem kurzen spitzen Bellen sprang er an dem gaffenden Rohstoffmakler vorbei.
»Warte – warte einen Moment!« Walker erwachte aus seiner Trance und rannte dem Hund hinterher. Weil er nicht nass werden und auch sonst nichts tun wollte, bis er besser verstand, was hier vor sich ging, blieb ihm nichts weiter übrig, als am Ufer zu stehen und zu rufen, während der Hund in der Portion See schwamm und spielte. Erst als der Köter davon genug hatte, paddelte er zurück, trabte an Land und schüttelte sich trocken. Geistesabwesend fragte sich Walker, ob die Aliens dies auch aufzeichnen mochten und ob sie die eingebaute Fähigkeit des Hundes, Wasser aus seinem Fell zu entfernen, jetzt angeregt diskutierten.
Der Köter setzte sich und begann, sich zu säubern. Zwischen methodischem, energischem Lecken schielte er zu dem verwirrten Menschen hoch, dessen Gehege er gegenwärtig teilte.
»Ich komme aus Chicago. Illinois.« Als ein benommener Walker immer noch zögerte, half der Hund nach:
Weitere Kostenlose Bücher