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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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multireligiöse Stadt, die nur knapp zwei Fahrstunden nördlich vom Busbahnhof lag.
    Das Khamfi, das sie an diesem Abend sahen, war die Leichenhauptstadt der Welt. Kirchen, Häuser und Geschäfte wurden angezündet. Das präzise, ungerührte Auge der Kamera schickte Bilder in den dämmrigen Bus und badete die Flücht
linge in einem Kaleidoskop von Farben. Jubril spürte diesen Lichteffekt selbst hinter geschlossenen Lidern, immer, wenn die Kamera auf verkohlte Leichen zoomte, über die elektrisch-blauen Flammen huschte. Wutschreie schallten aus den Fernsehern in den Bus, verstärkt von der Unruhe der Flüchtlinge. Jubril lauschte auf die Stimme des Häuptlings, konnte sie aber nicht hören. Saß er noch auf seinem Platz? Schlief er? Warum sagte er nichts, da doch alle anderen sprachen? Jubril spitzte die Ohren, lenkte die Aufmerksamkeit in Richtung Häuptling, wandte dann den Kopf zu ihm um.
    Die Flüchtlinge sprangen von den Sitzen auf, als sie die hungrig aussehenden, mit Benzin und Streichhölzern herumlaufenden almajeris sahen, die Menschen ebenso rücksichtslos wie Dinge in Brand steckten. Sie waren viel jünger als Jubrils Freunde Musa und Lukman. Schock und matte Klagelaute wichen heller Wut. Dabei war es gar nicht der Anblick brennender Leichen, der die Flüchtlinge aufbrachte – oder jener der von Brandbomben zerstörten Geschäfte ihrer Landsleute aus dem Süden, der brennenden Jugendlichen, die durch ihr Benzin umkamen, ehe sie etwas damit anstecken konnten. Im ganzen Land waren die Menschen immun gegen solche Bilder geworden; Jahrzehnte der Militärherrschaft hatten sie ebenso abgehärtet wie die vielen gegen die Bevölkerung gerichteten Terroranschläge. Nein, was sie wirklich aufbrachte, war der Anblick von kostenlosem Benzin in den Händen der almajeris .
    Die Schreie der Flüchtlinge drangen hinaus in den dunkler werdenden Abend und bewirkten, dass die Leute draußen sich wieder um den Bus versammelten. Die Veranden leerten sich; die Wartenden scharrten sich um den Bus wie geflügelte Termiten um eine leuchtende Glühbirne. Allein bei dem Wort Benzin wurde Jubril unwohl. Er musste an Lukman denken, an das Glas mit Benzin und die Streichhölzer in seiner Tasche. Dann fiel ihm Musa und dessen Schwert wieder ein. Und er dachte an die Meute, die ihn durch das breite Tal gejagt hatte,
an die Schüsse, die Steine. Ihm war, als wären alle Menschen um ihn herum lauter Lukmans und Musas, die ihm jeden Moment auf die Schliche kommen würden. Die Wunden unter den Kleidern schienen zu brennen. Er verbarg das Gesicht und versuchte, ganz normal zu atmen.
    »Wo ist unser Fahrer?«, rief Madame Aniema, als hätte sie jemand geschlagen. »Ist er schon mit dem Diesel zurück?« Der Schock, solche Wut in der Stimme dieser netten Frau zu hören, hätte Jubril fast seine Augen öffnen lassen.
    »Der Fahrer ist noch nicht zurück!«, sagte Emeka.
    »Haben diese Kinder Wasser oder Benzin in der Hand?«, fuhr sie fort.
    »Wasser ke ? Benzin!«, antwortete Tega.
    »Denen gibt man Benzin, um Leute zu verbrennen, und wir kriegen keins, um nach Haus zu fahren?«, rief Ijeoma.
    »Unser Benzin, unser Benzin … Öl aus dem Süden!«, begannen einige Passagiere zu skandieren.
    Einen Moment lang klang es, als würde der Bus vor Wut explodieren. Jubril machte die Augen auf.
    Die Warteschlange vor der Toilette verlor sich in der Menge, denn wer auf dem Boden gesessen hatte, war aufgesprungen. Gleich hinter sich konnte Jubril Monica spüren, deren Kind von dem allgemeinen Trubel angesteckt wurde, so dass es lauthals schrie, um sich trat und mit winzigen Ärmchen herumfuchtelte. Monica wippte mit dem Fuß auf und ab und wiegte den Kleinen, um ihn zu besänftigen und die Monotonie seines Geschreis zu unterbrechen. Jubril drängte gegen die Person, die vor ihm stand; er wollte etwas mehr Platz zwischen sich und Monica schaffen.
    »Wer gibt diesen Muslim-Kids überhaupt das Benzin?«, fragte Monica.
    »Die Politiker!«, rief Emeka. »Mit dem Benzin aus dem Süden verbrennen sie unsere Leute und unsere Geschäfte!«
    »Niemand soll je wieder unser Öl anrühren«, sagte Monica.
»Die einen nehmen bloß unser Ölgeld für ihre Scharia, die andern vertreiben uns aus dem Norden!«
    Laut flogen im Bus Pläne hin und her, wie man die Regierung und die multinationalen Ölgesellschaften am besten daran hindern könnte, im Delta nach Öl zu bohren. Manche sagten, sie würden sich gleich darum kümmern, sobald sie zu Hause seien, und verfluchten

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