Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
so wollte – weiteten sich sogar ihre Ohren: für das Geräusch der Brandung sowie jenes ganz Andersartige – die Stille, die dennoch keineswegs leer zu sein schien, sondern vielmehr recht geschäftig. Jede Sehne, jeder Muskel in ihrem Körper schien sich zu spannen. Gleichsam im Alarmzustand. Er war hier. Sie konnte es spüren. Dies war der Ort, zu dem er ihre Kinder gebracht hatte.
»Nur nicht verkrampfen, Donna«, mahnte Mel.
»Ich weiß, daß sie hier sind, Mel. Mein ganzer Körper sagt mir, daß es so ist.«
»Dein ganzer Körper, so schön er auch ist, hat sich bereits zuvor geirrt. Erinnere dich, daß er es war, der dich dazu bewog, Victor zu heiraten.«
»Sie sind hier, Mel«, wiederholte sie, während das Auto östlich in die Ocean Avenue einbog. Donna blickte zu den Schildern mit den vorbeihuschenden Namen der Seitenstraßen – Carpender, Guadalupe, Santa Rita, Santa Fe, Torres, Junipero. Und von Mal zu Mal wurde sie sich ihrer Schlußfolgerungen sicherer. Sie fuhren an einem großen Gebäude im spanischen Stil vorbei. Auf einem Schild las man: Carmel Plaza. Siebenundsechzig Läden gab es dort. Sie fuhren die Dolores Street hinunter, bogen dann nach links ab.
»Wo genau sollen wir uns mit Marfleet treffen?«
»In einem Restaurant namens >Kleiner Pizza-Himmel<.«
»Pizza um diese Stunde?«
»Es ist Lunch-Zeit«, erklärte Mel nach einem kurzen Blick auf seine Armbanduhr.
»Warum hast du mich so lange schlafen lassen?«
»Ich wollte dich in bester Kampfkondition.« Er zwinkerte.
Sie lächelte. »Ich weiß, daß sie hier sind. Kannst du’s nicht spüren?«
»Was du fühlst – und, jawohl, ich fühle es auch -, ist eine gewisse Vertrautheit. Dieser Ort ist, in einem gewissen Sinn, gar nicht viel anders als Palm Beach. Er hat den gleichen – Rhythmus.«
Donna nickte. Das war genau das richtige Wort. »Nur noch besser«, fügte sie hinzu. »Und Victor war ja stets auf der Suche nach etwas Besserem.« Dann erspähte sie plötzlich das Schild, auf der rechten Seite: die Pizzeria. »Dort ist es, Mel.«
Mel manövrierte das Auto auf den Parkplatz. Dann stiegen sie aus. Er reichte ihr die Wagenschlüssel, damit sie sie in ihrer Handtasche verstaute. Sie sei so etwas wie die Schlüsselwärterin, hatte er im Flugzeug gesagt, und offenbar war es ihm damit sogar ernst gewesen.
»Bitte, vergiß nicht, daß Victor den größten Teil seines Lebens in Connecticut zugebracht hat.«
»Sicher, ich weiß«, sagte Donna und hakte sich bei Mel ein.
»Aber wenn man sich von Sonne und Meer erst einmal hat verwöhnen lassen, fällt es einem nicht gerade leicht, zu Eis und Schnee zurückzukehren.«
Sie wollten gerade ins Restaurant eintreten, als Mel plötzlich stehenblieb und sich zu Donna herumdrehte. Sie sah ihn fragend an. »Hör mal«, begann er zögernd,«nur für den Fall, daß Marfleet einen Bock geschossen hat und wir die Kinder nicht hier finden – vergiß nicht, daß ich dich liebe und daß immer noch Monterey bleibt.«
Sie lachte. »Noch etwas, das du sagen möchtest?«
»Ja«, erwiderte er ernst. »Wie viele Psychiater sind nötig, um in eine Lampe eine neue Glühbirne einzusetzen?«
»Na, wie viele?« fragte sie mit einem eigentümlichen Lächeln. »Nur einer«, lautete seine Antwort. »Aber nur, wenn sich die Lampe absolut nicht dagegen sperrt.«
Sie lachte noch immer leise, als der Kellner beide durchs Restaurant geleitete und hinaus auf die windgeschützte Terrasse, wo Mr. Marfleet wartete.
»Sie sind uns entgangen«, meldete Marfleet, kaum daß sie sich gesetzt hatten. Donna wollte ihren Ohren nicht trauen.
»Was!? Wie meinen Sie das?«
»Ich meine damit: Sie waren hier. Aber wir haben sie verloren.«
»Verloren – was soll das heißen!?« Donna hörte, daß ihre Stimme von Wort zu Wort schriller klang. Nein, bitte, nein. Dies konnte nicht wahr sein.
»Ich hatte einen meiner Leute hier«, erklärte der Detektiv. »Sollte sich umhören. Davon hat Mr. Cressy – oder Mr. Whitman, wie er sich nannte – vermutlich Wind gekriegt und ist ab durch die Mitte. Jedenfalls ist er verschwunden. Ich hatte sogar jemanden zur Observierung des Hauses eingesetzt, doch er ist offenbar mitten in der Nacht fort.«
Wie abwehrend schüttelte Donna den Kopf. Sie weigerte sich zu akzeptieren, was durch die Ohren in ihr Gehirn drang. Eine so weite Reise und dann dem Ziel so nah – sozusagen um eine Nacht verpaßt; um jene Nacht, die sie in irgendeinem Motelzimmer in Morro Bay verschlief, weil sie
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