Sag niemals nie
Beispiel hier bei ihr.
Woah... schalt mal einen Gang
runter, Süße. Wie war's, wenn du dich erst mal mit ihm unterhältst?
Vanessa ging in die kleine
offene Küche, nahm ein altes Kinderglas mit Scooby-Doo-Aufdruck aus dem
Schrank, drückte ein paar Eiswürfel hinein und holte dann die Kanne mit dem
gefilterten Wasser aus dem Kühlschrank. Während sie langsam Wasser eingoss,
beobachtete sie Beverly aus den Augenwinkeln. Er hatte kleine, durchdringende
blassblaue Augen und kurze, fast schwarze Locken. Seine Handflächen und Nägel
waren schwarz verfleckt, wahrscheinlich Farbe - schließlich war er ja Künstler
-, und auf seinem verwaschenen grünen T-Shirt haftete etwas, das nach Sägemehl
aussah. Er hatte genau die weiten schwarzen Hosen an, die Vanessa angezogen
hätte, wenn sie ein Mann gewesen wäre, und orange, dünne Gummi- Flipflops, wie
man sie für neunundneunzig Cent in jeder Drogerie bekommt. Er unterschied sich
so sehr von den Leuten, mit denen sie zur Schule ging, dass Vanessa gar nicht
anders konnte, als ziemlich angetan zu sein.
Könnte das vielleicht auch
einfach damit zusammenhängen, dass er ein Typ war?
Als sie Beverly das Glas
reichte, stellte sie sich schon mal vor, wie es wäre, abends lang mit ihm
aufzubleiben und zusammen Filme zu gucken. Sie würde ihm Wasser bringen, und
er würde sich mit einem nachdenklichen, sexy Nicken bedanken, und dann würden
sie anfangen, Stanley Kubricks filmisches Werk zu analysieren... und zwar
nackt.
Vanessa ließ sich auf den Futon
fallen. Beverly setzte sich neben sie.
»Ich hänge im Moment
wohntechnisch ein bisschen in der Luft«, erklärte er. »Erst war ich im
Studentenheim und jetzt teile ich mir unten am Militärhafen in Brooklyn ein
Loft mit ein paar anderen Künstlern. Wir nutzen es als WG und Gemeinschaftsatelier.
Aber manchmal geht es dort ziemlich heftig ab.« Er lachte. »Weißt du, ich
brauche einfach einen Platz, an dem ich keine Angst haben muss, dass mir jemand
im Schlaf für irgendein abgefahrenes Kunstprojekt die Finger abhackt.«
Vanessa nickte glücklich. Oh
ja, sie verstand ihn vollkommen.
Ach was?
Natürlich hatte sie nie daran
gedacht, mit einem Mann zusammenzuziehen - mal abgesehen von Dan -, aber sie
war jetzt achtzehn, volljährig, konnte eigene Entscheidungen treffen und war
reif genug, einen männlichen Mitbewohner zu haben, ohne gleich lüstern über
ihn herzufallen.
Ja, klar.
»Wobei ich...« Beverly zögerte.
»Irgendwie hätte ich ein Problem damit, mit jemandem zusammenzuziehen, der mir
praktisch total fremd ist.«
Vanessas große braune Augen
weiteten sich. Dann wollte er also nicht bei ihr einziehen? »Ja, das versteh
ich natürlich«, sagte sie betroffen.
»Deshalb hab ich mir
überlegt... wie fändest du es, wenn wir uns ein paar Wochen Zeit lassen, um uns
ein paarmal zu treffen und erst mal ein bisschen abzuchecken? Dann sehen wir
ja, ob das mit uns was werden könnte.«
Vanessa schob die Hände unter
ihre Oberschenkel und fühlte sich peinlicherweise genauso, wie sich die von ihr
so gehassten Normalo-Trullas wahrscheinlich fühlten, wenn ein Schönling sie zu
einer Gala einlud oder wie diese Kostümveranstaltungen hießen, auf die sie
ständig gingen, um eine Ausrede zu haben, sich wieder ein neues Kleid anzuschaffen.
Beverly wollte also doch bei ihr einziehen. Er wollte sie vorher nur besser
kennen lernen. Sie freute sich, jemanden gefunden zu haben, der so intelligent
war, so kreativ - und so sexyl
»Ja, also... es gibt da
natürlich noch ein paar andere Leute, die sich für das Zimmer interessieren«,
sagte sie, weil sie nicht den Eindruck erwecken wollte, nur auf ihn gewartet zu
haben. »Aber grundsätzlich finde ich die Idee gut. Du hast total Recht. Man
möchte ja wissen, mit wem man zusammenzieht.«
»Eben.« Beverly trank sein
Wasser aus, stand auf und stellte das Glas ins Spülbecken.
Wow, er räumte sogar auf.
Als er ins Wohnzimmer
zurückkam, fragte er: »Wie wär's, wenn wir uns gleich dieses Wochenende
treffen... ?«
In diesem Moment kam Vanessa
eine Idee. Es gab keine bessere Möglichkeit, um diesem Egoisten Schwein Dan zu
beweisen, dass sie über ihn hinweg war und ihr Leben auch ohne ihn weiterging,
als mit einem anderen Mann bei seinem Konzert aufzutauchen. »Gerade fällt mir
ein... ein alter Freund von mir singt seit neuestem bei den Raves. Die haben
morgen einen Gig. Hättest du vielleicht Lust, mitzukommen?«
Zum Glück war Beverly erwachsen
genug, um nicht vor Begeisterung auf und
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