Sag niemals nie
Schwestern
hatten gefälligst unschuldig, rein und ehrlich zu sein und sich nicht wie intrigante
Lügnerinnen aufzuführen. Vor allem aber durften sie nicht in knappen Unterhemden
und Boxershorts bei älteren Kerlen auf dem Schoß sitzen und hemmungslos
herumflirten. Wäre er nicht so tierisch sauer auf sie gewesen, hätte er auf der
Stelle ein Gedicht darüber geschrieben, dass sie ihn an Ophelia erinnerte.
Monique zeigte auf Jennys kaum
verhüllte Prachtmöpse. »Wer solsche Brüste 'at, dem verzei't man alles!«
Dans Hände zitterten jetzt
richtig schlimm. Er zog die Packung Camel aus seiner hinteren Hosentasche und
schob sich eine in den Mund. »Du hast hier überhaupt nichts zu suchen, Jenny«,
knurrte er, die unangezündete Zigarette zwischen den Zähnen. »Das ist meine Band«, fügte er kindischerweise
hinzu.
Damian hob seine hübsch
gebogenen, rotblonden Brauen. »Wenn du es genau wissen willst, Jenny singt
jetzt bei uns.« Dan wartete darauf, dass Damian in einen Lachkrampf ausbrach
und das Ganze als Gag enttarnte, aber Damians Gesicht blieb ernst.
»Dad sagt doch die ganze Zeit,
dass ich mir einen Job suchen soll, um meine Kaufsucht zu finanzieren«, rief
Jenny. Sie strahlte über das ganze Gesicht und in ihren Wangen hatten sich zwei
süße Grübchen gebildet.
»Wir finden, dass unser Sound
ein bisschen softer werden muss«, sagte Lloyd und streichelte Jenny über die
Locken. »Natürlich machen wir mit deinen Songs weiter, nur dass sie eben jetzt
Jenny singen wird.«
Entschuldigung?
Dan zündete sich die Zigarette
mit seinem neongrünen Bic an und warf es anschließend trotzig auf das
schneeweiße Sofa. Der Anblick von Damian, der Jennys Füße in den Händen hielt
und dabei seinen männlich-nackten Oberkörper zur Schau stellte, machte ihn
total aggressiv.
Damian sah Monique kritisch an.
»Na so was, ich dachte, du wärst nach St. Barts zurückgeflogen?«
Monique lächelte. »Isch 'abe
versucht, Dan dazu zu überreden, mit misch zu kommen, aber er sagt, er muss
die Schule fertisch machen vor'er.« Sie verdrehte die Augen. »Wie
langweilisch.«
»Serena van der Woodsen war
auch hier«, erzählte Jenny ihrem Bruder. »Aber sie ist schon wieder weg. Naja,
das ist dir ja sowieso egal.«
»Sie ist hübscher als du,
Monique«, sagte Lloyd und grinste fies. Er drückte Jenny die Taille. »Aber
nicht annähernd so hübsch wie du, mein kleiner Süßmops.«
Dan saugte wütend an seiner
Zigarette und versuchte verzweifelt, nicht laut herauszubrüllen. Natürlich wäre
es nett gewesen, Serena zu sehen, aber im Moment hatte er andere Probleme.
»Damian? Ah... kann ich mal kurz mit dir reden«, presste er zwischen den Zähnen
hervor.
»Ciao, ciao!«, rief Monique
plötzlich und schwebte davon, um einen glatzköpfigen Moby-Doppelgänger in weißem
Leinen-Trainingsanzug mit einem ihrer feuchten, pinienkernduftigen Küsse zu
begrüßen. Dan wartete darauf, dass Damian Jennys Füße losließ, aufstand, sich
etwas überzog und unter vier Augen mit ihm sprach wie ein Mann.
Tja.
Aber Damian blieb sitzen. »Wenn
du etwas loswerden willst, kannst du es auch vor Lloyd und deiner großen
Schwester sagen. Wir sind doch eine Familie, oder?«
Große Schwester?
Dan ballte die linke Hand zu
einer verschwitzten Faust. »Jenny ist nicht meine große Schwester«, zischte er.
»Ich werde in zwei Wochen achtzehn und sie wird im Juli erst fünfzehn.«
»Vielen Dank, echt!«, maulte
Jenny.
Damian und Lloyds Augen
weiteten sich etwas, aber sie sagten nichts. Dann rang sich Lloyd ein Grinsen
ab. »Naja, wenigstens ist sie nicht verheiratet.«
Damian stieß ihm den Ellbogen
in die Rippen. »Über- lass das mir.« Er zog eine Miniaturflasche Stoli aus der
Tasche seiner Jogginghose und trank einen Schluck. Seine rotblonden Haare waren
kürzer als letzte Woche und sty- lisch zerwühlt.
Was vermutlich etwas damit zu
tun hatte, dass die sagenhafte Sally Hershberger höchstpersönlich sie ihm erst
gestern geschnitten hatte.
»Dan«, sagte Damian. »Du hast
am Samstag echt scheiße gesungen, du hättest fast auf die Bühne gekotzt, und
dann hast du meine Frau gevögelt.«
Seine Frau?
Dans Magen machte einen
unangenehmen Hüpfer. Monique hatte nie erwähnt, dass sie die Frau von jemandem
war. Er hatte plötzlich das Bedürfnis, lang und kalt zu duschen.
»Wir haben uns auseinander
gelebt«, klärte Damian ihn auf.
Ach so, na dann.
»Deine Texte sind ganz groß,
okay?«, sagte er ernst. »Aber du bist einfach nicht mit dem
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