Saga von Dray Prescot 16 - Vallian-Zyklus 02 - Wildes Scorpio
herleitet. Jedes Akhram muß ein Observatorium, eine Bibliothek und ein Refektorium enthalten. Wie erwartet, wurde ich nach einer kurzen Wartepause in einen kleinen Raum geführt, in dem mich Akhram sprechen würde. Gold ebnet nun mal den Weg, sogar unter Todalphemen. Grundsätzlich aber heißen Todalpheme alle Wißbegierigen willkommen; wenn ihre wichtige Arbeit es erlaubt, führen sie gern Gespräche mit Besuchern, denn normalerweise leben sie abseits aller menschlicher Geselligkeit. So führen sie oft ein einsames Leben, eingestimmt auf Wellen, Winde und Gezeiten. Ich rechnete also nur mit dem Problem, die Todalpheme von Bet-Aqsa davon überzeugen zu müssen, daß ich ihre geheime Information wirklich dringend brauchte.
Ich hatte mir gut überlegt, was ich anzog. Als König der Djangs wollte ich nicht auftreten, das hätte Mißtrauen oder gar Feindseligkeit erwecken können. Als Vallianer zu gehen, hätte wenig bedeutet. Schließlich begnügte ich mich mit einer einfachen kurzen rostroten Tunika, mit einem dunklen Gelb abgesetzt, umfangen von einem Lestenlendengürtel und einer breiten Schnalle. Rapier und Dolch schwangen an meiner Hüfte, und das alte Langschwert ragte über meiner Schulter auf.
»Und du bist ein Prinz, Dom?« fragte Akhram beim Betreten des Raumes. Er setzte sich, ein dicker, fleischiger Mann mit geschürzten Lippen unter rundlichen Wangen und dicken Tränensäcken. Sein »Dom« gefiel mir nicht, das als Gruß unter einfachen Leuten gebräuchlich ist und unter Freunden als Signal der Zuneigung gilt. Zum erstenmal spürte ich Unbehagen. Vielleicht hatte ich einen Fehler gemacht.
»Das ist nicht wichtig.« Ich trug ihm den Grund für meinen Besuch vor. Ich öffnete den Lestenlederbeutel und zeigte ihm den Inhalt. Dabei beobachtete ich seine Augen. Und seine Reaktion gefiel mir nicht. Er war ein Todalpheme, das streite ich ihm nicht ab. Und ich wußte auch, daß ich vieles über Kregen nicht wußte. Doch er hatte wenig Ähnlichkeit mit den Todalphemen, geschweige denn Akhram, die ich bisher kennengelernt hatte.
»Hübsche Steinchen«, sagte er und hob eine goldene Kette hoch. Doch auf seinem Gesicht zeichneten sich ganz andere Gefühle ab.
»Sie gehören alle dir, Exzellenz.« Ich wählte das Wort absichtlich. »Der Mann ist sehr krank. Nur die Savanti können ihn heilen.«
Hastig hob er den Kopf, und die Goldkette pendelte an seinen runden Fingern. »Du kennst also ihren Namen? Die Brüder werden unvorsichtig. Und du kommst von weither?«
»Von weither.« Ich schob den schweren Beutel zu ihm hinüber. »Sag mir, wo Aphrasöe liegt, dann gehören diese Schätze dir, und ich fliege sofort weiter.«
Es kam mir nicht seltsam vor, diese Worte zu sprechen, diese Forderung zu äußern. Die Suche nach Information hatte lange Perioden meines Lebens auf Kregen in Anspruch genommen. Hier ging es um ein Geheimnis, nach dem ich mich gesehnt, für das ich gelitten, etwas, von dem ich angenommen hatte, daß es mir mehr bedeutete als irgend etwas anderes auf zwei Welten. Das Paradies! Ich war aus dem Paradies Aphrasöe, der Schwingenden Stadt, verstoßen worden. Ich hatte mich immer wieder danach erkundigt, und stets ohne Ergebnis, und dann hatte mich das Leben in den Griff bekommen, und die Schwingende Stadt war verblaßt. Und jetzt saß ich hier und bot gelassen einen Goldschatz für das Geheimnis.
»Ich glaube, Dom«, sagte der Akhram und fuhr sich mit dem Finger über die Lippen. »Ich glaube, dieser Beutel gehört mir bereits, ob ich dir nun das Geheimnis verrate oder nicht.«
»Inwiefern?«
»Wir geben es nicht an jeden weiter, der uns darum bittet. Es ist eine große Verantwortung, die uns übertragen wurde.«
Wieder dachte ich nicht gründlich genug nach. »Das glaube ich nicht«, erwiderte ich. »Ihr seid zufällig auf die Information gestoßen ...«
»Maße dir nichts an!« fauchte er, geschüttelt von einem Zorn, den er nicht recht im Zaum zu halten vermochte. »Wir haben unsere Männer schon einmal losgeschickt. Gute Männer. In Vollers, die im fernen Havilfar viel gekostet hatten.«
Mit dem »fernen« Havilfar hoffte er eine Reaktion in mir auszulösen, die ihm meine Herkunft verriet.
Mit starrem Gesicht sagte ich: »Ich brauche die Information, und zwar schnell. Ich streite mich nicht mit dir über die Herkunft des Geheimnisses oder die verantwortungsvolle Aufgabe, die ihr damit erfüllt. Unser Mann liegt im Sterben. Du wirst es mir sagen.«
»Und wenn nicht?«
Ich legte die Hand
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