Saga von Dray Prescot 18 - Vallian-Zyklus 04 - Goldenes Scorpio
konnten nicht länger warten. In der Stadt würde es zum Aufruhr kommen, wir würden von außen zuschlagen, und die Koordination dieser Aktionen würde den Sieg bringen.
Dann ritt Nath Nazabhan in das Lager. Er hatte sich als Widerstandskämpfer verkleidet. Ich begrüßte ihn freundlich in meinem Zelt, ahnte ich doch bereits, was er getan hatte.
»Aye, Majister – Jak der Drang. Wir stehen in deiner Schuld. Ich habe eine Phalanx mitgebracht. Wir sind hierher marschiert und erwarten deine Befehle ...«
Ich verhehlte nicht, daß er mir sehr willkommen war; gleichwohl äußerte ich barsche Worte.
»Man hat dich oft gewarnt, daß Schwert- und Schildkämpfer kein guter Gegner für eine Phalanx sind – allenfalls unter außergewöhnlichen Umständen ...«
»Wir haben viele Hakkodin und Bogenschützen mitgebracht ...«
»Dafür sei Vox Dank! Aber die Belagerten werden sich wehren, und Straßenkämpfe sind schmutzig und schwierig. Die Brumbytes ...«
»Ich werde die Phalanx aufmarschieren lassen, Majister, und deine Befehle erwarten.« Er sprach mit einer gewissen Sturheit, die ich aufreizend und zugleich seltsam vertraut fand, denn ich erkannte, wie sehr meine Lehren auf ihn abgefärbt hatten. Ich nickte.
»Dann erwartet die Signale. Volodu die Lunge wird sie blasen.«
»Quidang!«
Die Phalanx Nath Nazabhans war also die Armee, die mir aus dem Norden gemeldet worden war. Wir würden die Stadt schnell erobern müssen ...
Beim Abschied sagte er noch beiläufig: »Wir haben übrigens jetzt neue Flaggen für die Jodhris.« Ein anständiger, entschlossener Kämpfer war Nath Nazabhan, der genau wußte, wofür er sich einsetzte. »Die große Fahne Vallias aber weht über allen.«
Der Morgen des vorbestimmten Tages dämmerte strahlend herauf. Der Himmel zeigte ein dunkles schimmerndes Blau. Die Sonne Scorpios ließen ihr opalines Licht herabbrennen, das Rubinrot vermengte sich mit dem Smaragdgrün und funkelte und loderte überall, als wollte es den tiefen inneren Geist aller Dinge und Menschen offenbaren.
Ich band mir den vertrauten scharlachroten Lendenschurz um und zog den breiten Leistenledergurt in der mattsilbernen Schnalle fest zusammen. Daran machte ich eine Vielfalt von Waffen fest. Über die Schulter nahm ich das Krozair-Langschwert, das nicht am Auge der Welt geschmiedet worden war. Und weil Delia mir die Waffe ins Flugboot gelegt hatte, nahm ich einen lohischen Langbogen und einen Köcher voller Pfeile mit, die mit den rosafarbenen Federn der Zim-Korf von Valka versehen waren.
Und so wurde am großen Tag des Segensreichen Opaz das Signal gegeben.
In Vondium brach der Aufstand los.
Nach dem Plan sollten kleine unabhängige Gruppen an vorherbestimmten Stellen die Mauern angreifen und den Versuch machen, gewisse Tore und Brücken zu erobern. Dabei handelte es sich natürlich nur um Ablenkungsmanöver, und weil wir ihre Zahl bewußt kleingehalten hatten, hofften wir, daß die Hamalier ihre Swods entsprechend abziehen würden. Obwohl die Stadtmauer im allgemeinen ziemlich eingefallen war, rechnete niemand ernsthaft damit, daß schlecht ausgerüstete Guerillas gegen Berufskämpfer eine Chance hatten. Wir wollten die Swods aus den Hauptstoßrichtungen unserer Attacke heraus haben; meine Kommandanten waren überzeugt, daß wir es schaffen konnten. Der Hauptangriff, bei dem möglichst viele Kämpfer in einer einzigen unaufhaltsamen, tumulthaften Masse in die Stadt geschwemmt werden sollten, würde über die Voxyri-Brücke erfolgen. Dazu mußte zunächst der Voxyri-Drinnik, eine weite offene Weide, überquert werden. Der Plan sah vor, daß die Bürgeraufstände und die Ablenkungsangriffe gleichzeitig begännen, gefolgt von der über den Drinnik anstürmenden Masse, die dann die Brücke überrennen und durch das Voxyri-Tor fluten sollte.
Wir hatten uns den Voxyri-Komplex wegen der Brücke ausgesucht, die hier einen Doppelkanal überspannte und somit den offensten Zugang zur Stadt darstellte; und wegen des Tors, das infolge des starken Verkehrs zu den breitesten gehörte. Diese Tatsachen standen natürlich auch den Hamaliern bei ihren Planungen zur Verfügung.
Zu beweisen war hinterher nichts. Durchaus möglich, daß es in unseren Reihen Verräter gab. Gegen eine normale Wache hätte die Brücke problemlos genommen werden können.
Die gewaltigen Horden, die auf das Angriffssignal warteten, waren Guerillas, Freiheitskämpfer. Sie stellten keine ausgebildete Infanterie dar, nicht einmal Peltasts oder Hypaspists.
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