Saga von Dray Prescot 21 - Jikaida-Zyklus 03 - Ein Schicksal für Kregen
Erinnerungen!
Mein Blick fiel noch einmal auf die funkelnden Steine, die nach dem Tod des gespenstisch weißen Ungeheuers auf dem Boden zurückgeblieben waren. Wenn wir zu Hause in Esser Rarioch über Magie sprachen, hatten wir uns oft mit dem Phänomen von Zauberkräften beschäftigt, die von umgekehrter Kraft umschlossen waren. Ich dachte an die blauen Funken, die der Stein in Tarkshurs Ring versprüht hatte, und sammelte die herumliegenden Steine auf. Vielleicht konnten sie mir von Nutzen sein.
Und die gelbe Flüssigkeit, die aus den Giftstacheln des hüpfenden Borstenballs geströmt war ...
Da mir ein passender Behälter fehlte, sprach ich laut von meinem Bedarf und holte gleich darauf ein gut geeignetes Glasröhrchen aus meiner Öffnung in der Feuerkristall-Wand. Welche Macht hier auch am Werk war – sie würde wohl niemandem etwas zur Verfügung stellen, was ihm nicht fehlte; aber die Parameter waren weit gesteckt. Als ich gleich darauf meinen Weg durch den Korridor fortsetzte, um einen Weg ins Freie zu suchen, trug ich nicht nur die Steine bei mir, sondern auch ein Röhrchen mit giftigem Schleim.
Als ich in meinem frechen scharlachroten Schurz ausschritt, kam mir ein Refrain des beliebten Trinkliedes der Swods in den Sinn und ließ sich nicht mehr vertreiben. ›Der aufrechte Sogandar und die Sylvie‹ heißt dieses berüchtigte Lied, und der Refrain lautet: ›Keine Ahnung von nichts, von nichts, keine Ahnung von nichts ...‹ Und beim Singen müssen die Swods immer schrecklich lachen über die Bilder, die ihre lebhafte Phantasie ihnen dabei vorgaukelt.
Nun ja, hier und jetzt erfüllte mich dieses Lied.
Ich hatte keine Ahnung, worauf ich mich einließ, keine Ahnung von nichts, von nichts, keine Ahnung von nichts ...
13
So wie Tarkshurs Kataki-Expedition von der Hauptgruppe getrennt worden war, so hatten andere Expeditionen eigene Wege eingeschlagen. Mir begegneten etliche herumstreunende Ungeheuer – je tiefer wir in den Moder vordrangen, desto mehr Monster schienen einfach nur so herumzuschleichen –, und es gab einige hübsche kleine Kämpfe, ehe ich mir den Weg wieder freigeräumt hatte.
Ich verzichtete darauf, in die Räume einzudringen, die sich mir unterwegs einladend öffneten; mein Bestreben war es, einen Weg in die Freiheit zu finden.
Im unruhig erleuchteten Korridor gellte weiter vorn Geschrei auf und zeigte an, daß ich zumindest einen Teil der Expedition eingeholt hatte, die mit mir in den Berg eingedrungen war. Mag sein. Vielleicht wimmelte es hier unten aber auch von verirrten Reisenden, die den Ausgang suchten.
Vor mir stolzierte ein Wesen, das wie ein Chavonth aussah. Es entfernte sich von mir und schien mich noch nicht bemerkt zu haben. Der niedrige Kopf zeigte von mir fort, doch konnte ich mir vorstellen, wie er aussah. Chavonths sind ungezähmte sechsbeinige Raubtierkatzen, mit einem Gesichtsausdruck gnadenloser Schläue, bestimmt von flammenden Augen und rasiermesserscharfen Zähnen. Normale Chavonths haben ein Fell, das in Blau, Grau und Schwarz sechseckig gemustert ist. Dieses Exemplar aber wirkte irgendwie staubig ...
Aus einer Türöffnung, hinter der er offenbar Beute gesucht hatte, denn seine Arme waren mit goldenen Kelchen und Broschen und Perlenketten gefüllt, eilte ein Mann, ein Rapa. Er erblickte den Chavonth, als die mächtige Katze bereits zum Sprung ansetzte.
Der Rapa reagierte schnell. Er vermochte dem ersten geschmeidigen Sprung auszuweichen, doch traf ihn ein Hieb der Vordertatze voll am Bein.
Ich blinzelte.
Das Bein des Rapas wurde nicht von scharfen Krallen abgerissen, sondern zeigte sich übergangslos in Staub gehüllt. Dann wurde mir das Entsetzliche klar, während der Rapa bereits angstvoll aufschrie.
Sein Bein war nicht mit Staub bedeckt. Sein Bein war Staub.
Er brach zusammen, und der Staub-Chavonth stürzte sich auf ihn.
Augenblicklich verwandelten sich Rapa, Gold und Geschmeide in Staubhäufchen.
Nun hörte mich der Staub-Chavonth und wendete fauchend den Kopf in meine Richtung.
Und sprang sofort los.
Der Stahl, mit dem ein ehrlicher Mann sich vor Todesgefahren schützt, konnte mir hier nichts nützen.
Ich wandte mich zur Flucht und huschte in großen Sprüngen durch den Korridor. Staubtatzen prallten hörbar auf den Boden, das Tier schien Riesensätze zu machen.
Die Erinnerung an den sich in Staub verwandelnden Rapa hing vor meinem inneren Auge. Und ich sah ... wenn die Erinnerung mir nichts vorgaukelte ...
Ich machte kehrt,
Weitere Kostenlose Bücher