Saga von Dray Prescot 22 - Jikaida-Zyklus 04 - Ein Sieg für Kregen
Lippen.
»Psst, Dom! Bist du nicht bei Verstand? Sei vorsichtig!«
Er zog mich aus dem hellen Sonnenschein in die Schatten unter dem Dachvorsprung. Noch einmal schaute er sich mit rollenden Augen um. Er benahm sich im Grunde nicht mehr wie ein Chulik – und vermutlich hatte der Verlust seiner Hauer entscheidend dazu beigetragen.
Breite Blätter eines strahlend grünen Baums – ein Flüchtling aus dem Dschungel oder Vorbote der zurückkehrenden Dschungelvegetation – schützte uns vor neugierigen Augen. Kimche starrte mich an und fuhr sich mit der Zunge über die dicken Lippen.
»Ich hatte dich gar nicht für einen Hamalier gehalten. Wenn du das bist, werde ich dich bekämpfen und umbringen, so wahr ich hier stehe. Hast du das verstanden?«
»Ja.«
Ein Faktor, den ich nicht vergessen hatte, war das schlichte Problem, daß die Insel Pandahem unter der Knute Phu-Si-Yantongs stand. Mit der Hilfe der eisernen Legionen Hamals hatte er unter dem Deckmantel des Hyr-Notor die Königreiche der Insel besiegt und in seine Gewalt gebracht. Dabei war Königin Lust aus Lome sein Werkzeug gewesen, eine Pandahemerin, die sich inzwischen in Vallia aufhielt. Auch andere Herrscher waren unterworfen oder getötet worden. Mit Hilfe menschlicher Marionetten regierte nun Yantong über die Insel. Wenn es überhaupt einen Widerstand gegen Hamal gab, dann würde Turko bis zu seinem Khamorro-Hals darin stecken, soviel stand für mich fest.
»Ich kenne die Probleme, die sich euch Pandahem stellen ...«
»Nenn mir deinen Namen, deinen Rang, deine Position, Dom.«
Er hatte keine Angst vor mir oder meinen Waffen. Es bereitete ihm bestimmt keine Mühe, mich mit dem Rücken nach unten übers Knie zu nehmen und mir – schnapp! – das Rückgrat zu brechen, womit dann ein weiterer hamalischer Cramph zu den Eisgletschern Sicces eingegangen wäre!
»Ich bin Jak der Sturr. Und ich kämpfe gegen Hamal.«
Seine Chulik-Augen funkelten mich an.
Er nickte. »Schön. Und Turko steckt in der Klemme. Daß du dir nicht einbildest, du könntest ihn täuschen – er hat Freunde.«
»Wann kann ich ihn sprechen? Wo ist er?«
»Noch vor dem Morgengrauen hat er das Zelt des Schwarzen Algon aufgesucht, um ihm noch einmal gut zuzureden. Ich habe nicht das Gefühl, daß ihm das gelungen ist.« Kimche verzog den Mund. »Ich glaube, Turko muß endlich meinem Rat folgen und dem Yetch das Rückgrat brechen.«
Ich seufzte.
Probleme, Probleme ...
»Erzähl mir mehr davon, Kimche der Greifer.«
Die Geschichte war simpel und logisch und alles andere als hübsch. Ein junger Khibil aus der Ringertruppe, ein gewisser Andrinos, hatte sich unsterblich in ein Khibilmädchen verliebt, das beim Schwarzen Algon Sklavin war. Sie arbeitete bei ihm in einer magischen Nummer mit einem Feuerschlucker. Der machtbesessene Schwarze Algon wollte sie nicht freilassen oder verkaufen. Andrinos war verzweifelt. Seine Kameraden hatten geschworen, ihm zu helfen, aber da sie mit Gold nicht weiterkamen, schien nur noch Gewalt helfen zu können, um Saenci – so hieß das Mädchen – freizubekommen.
»Typisch Turko, sich in eine solche Sache hineinziehen zu lassen. Gibt es denn kein Argument, das den Schwarzen Algon dazu brächte, sich von dem Mädchen zu trennen?«
»Bei der Verräterischen Likshu, da gibt es nur eine Lösung – den Kerl in zwei Teile zu brechen!«
Bisher hatte ich Chuliks als ungezügelte, unmenschliche Diffs im allgemeinen eher verabscheut. Sie hatten mir viel Kummer bereitet. Aber das gleiche galt für viele andere Diffs – und auch Apims, bei Krun! In jüngster Zeit hatten verschiedene Ereignisse dazu geführt, daß sich meine Einstellung zu den gelbhäutigen Hauern veränderte; dabei vergaß ich den Chulik nicht, bei dem ich vor der Schlacht an den Drachenknochen gesprochen hatte. So vermochte ich mich recht vernünftig mit Kimche dem Greifer zu unterhalten und ihm unvoreingenommen zu begegnen. Wahrlich, das Leben bringt so manche Veränderungen!
»Das Zelt des Schwarzen Algon? Und du meinst, dieser Bursche unterstützt die Hamalier?«
»Aye. Nimm dich in acht, wenn du zu ihm gehst. Er hat viele Freunde bei den Ringern aus dem Stall von Jimstye Zahnlücke. Er ist der Todfeind aller, die hier im ›Goldenen Prychan‹ wohnen – eine Truppe, die sehr auf Kameradschaft hält.«
Wenn man auf Kregen am Leben bleiben will, muß man sich Namen merken können. Namen bringen Macht – nicht Macht, die man mißbrauchen kann, sondern Macht aus dem eigenen Ich
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