Saga von Dray Prescot 23 - Spikatur-Zyklus 01 - Die Bestien von Antares
überall, wo sie erschien, für Lebhaftigkeit sorgten. Jilian, mit ihrer Peitsche und ihrer Klaue.
»Steh doch nicht nur so herum, Jak!« rief sie.
Delia sagte: »Ach, wenn er sich so anstellt, muß man schon ein beidhändiges Schwert nehmen, um ihn hochzukriegen. Los, Dray!«
Ich schluckte. Dann setzte ich alles auf eine Karte und fragte mit einer Stimme, die allenfalls ein heiseres Krächzen war: »Wohin?«
Beide Frauen – prächtig anzuschauen – starrten mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
»Also, das weiß ich doch nicht!« rief Jilian.
»Ich habe keine Ahnung«, fügte Delia hinzu. »Aber wir müssen uns beeilen.«
Nun kniff ich entschlossen den Mund zu, stemmte beide Hände auf den Tisch und schloß die Augen.
Enevon hüstelte. »Ich glaube, Majis, es geht um die Angelegenheit dieses Ortyg Voinderam ...«
»Diesen absolut geistlosen Kerl würde ich zu gern mit meiner Kralle ...«, setzte Jilian an.
Und plötzlich begriff ich, was hier vorging ... nun ja, zum Teil. Ortyg Voinderam war mit Lady Fransha durchgebrannt, und als Herrscherin von Vallia wußte Delia zweifellos weitaus mehr über die Angelegenheit, als man im allgemeinen ahnte. Aus ihrer Reaktion schloß ich, daß der dumme junge Voinderam sich nicht darum bemüht hatte, die Herrscherin zu fragen. In Herzensangelegenheiten hätte Delia sich niemals eingemischt. Gleichwohl war sie als Herrscherin von solchen Dingen betroffen.
Schließlich konnten sich aus dem Zusammengehen zweier bedeutender Häuser neue Koalitionen bilden, außerdem wurden hier neue Geschäftsgrundlagen geschaffen – oder es bestand sogar die Gefahr, daß Köpfe rollten.
Wieder mischte ich mich in das Gespräch und versuchte so zu tun, als kenne ich mich mit der Situation aus. »Es weiß also niemand, wohin Ortyg verschwunden ist?«
»Wohin er die arme Fransha gebracht hat!«
»Ich bitte dich, Jilian«, sagte ich so gelassen, wie ich konnte. »Vielleicht ist sie ja freiwillig mitgegangen. Vielleicht lieben sich die beiden ...«
»Natürlich lieben sie sich! Deshalb hat sie ihn ja begleitet, und deshalb müssen wir sie zurückholen!«
Ich schüttelte den Kopf und griff nach meinem Glas Vela-Tränen. Ich schlürfte den starken Rotwein, der aus Süd-Valka kommt. Schon hatte ich wieder den Boden unter den Füßen verloren. Diese Frauen ...
Plötzlich kam mir ein Einfall, und ich begann mit lauter Stimme Befehle zu geben. »Ruft alle Mitglieder beider Haushalte zusammen. Auch alle unsere Kammerherrn. Setzt euch mit Naghan Vanki in Verbindung. Laßt einen schnellen Voller bereitstehen. Sattelt ein Dutzend Zorcas und zwei Dutzend Totrixes. Die Schwertwache des Herrschers soll sich rüsten – nein.« Ich hatte plötzlich das Gefühl, weit genug gegangen zu sein. Der Schwertwache des Herrschers durften keine überflüssigen Arbeiten aufgebürdet werden; es hatte keinen Sinn, die Männer zu unmöglichen Zeiten ausrücken und ihr Ausbildungsprogramm unterbrechen zu lassen. »Nein, der letzte Befehl gilt nicht.«
Delia durchschaute den Unsinn sofort.
»Du magst das ja alles für lustig halten, Dray. Dabei ist es sehr ernst. Ortyg und Fransha haben sich leidenschaftlich verliebt, und ihre Verbindung wird im allgemeinen sogar befürwortet.«
»Warum dann ...?«
»Weil die Familien sich niemals einverstanden erklären, wenn sie einfach so durchbrennen. Der alte Larghos von Mavindeul, Franshas Vater, wird gegen Ortyg Voinderam eingestellt sein und seine Tochter zwingen, Fridil Goss zu heiraten. Und was dann los ist, weißt du genau!«
O ja, ich wußte Bescheid. Meine alte Feindin Natyzha Famphreon, eine Frau mit Greisengesicht und verlockendem Körper, würde sich freudig die Hände reiben, wenn sie von dieser Sache erfuhr. Sie war ein führendes Mitglied der Racter-Partei, einst die mächtigste politische Kraft im Lande, jetzt aber geschwächt und auf einen kleinen Bereich im Nordwesten beschränkt. Sobald Turko Falinur wieder fest in der Hand hatte, mußten wir gegen Layco Jhansi vorgehen, der die nördlich von ihm stehenden Racter bekämpfte. Viele Männer äußerten den frommen Wunsch, daß sich die beiden Gruppierungen gegenseitig aus der Welt schafften, ehe wir gegen sie aufmarschieren mußten.
Mein Blick senkte sich auf den überladenen Tisch. Aus einem Stapel ragte ein Blatt Papier hervor – eine soeben geöffnete dünne Akte –, und auf dem Blatt standen zwei groß geschriebene Namen. Weg Wegashtorio, Nath Karidge. Die nächste Akte beschäftigte sich
Weitere Kostenlose Bücher