Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
und die Augen blickten wie blaue Pfeile. Das Kinn erinnerte an die Ramme eines Swifters. Delia war diesem Mann nie begegnet, diesem Gafard, Rog von Guamelga, Kämpfer des Königs, Prinz des Binnenmeeres, Zairkämpfer, Meeres-Zhantil, Ghittawrer von Genod. Er hatte Delias Tochter Velia geheiratet, und die Tochter der beiden hing ganz am Ende der Bilder. Allerdings war dort noch ein Kleinkindergesicht dargestellt, und Delia nahm sich vor, ein neues Bild in Auftrag zu geben, denn Didi wurde allmählich größer.
Der kleine rote Rosenstrauß fand seine Entsprechung in einer einzelnen Rose über dem Porträt Gafards.
Delia bewegte die Tür, die vom ersten Bild gebildet wurde, hin und her. Ohne den Blick von Velia zu wenden, griff sie in das hinter dem Bild liegende Fach und nahm einen Bronzeschlüssel heraus. Der Griff hatte die Form einer Rosenblüte.
Neben Velia war das Gesicht ihres Zwillingsbruders zu sehen, das Kraft und Macht ausstrahlte. Zeg, der zu Ehren Seg Segutorios Seg gerufen worden war. Inzwischen war Zeg König von Zandikar; seine Frau, Königin Miam, lächelte auf dem nächsten Porträt. Eines Tages würden sie und Zeg Vallia besuchen müssen, wenn nicht Delia und ihr Mann die weite Reise zum kregischen Binnenmeer antraten, dem Auge der Welt.
Was das nächste Bild anging - und hier seufzte Delia wahrlich nicht leidendgequält wie über Velia - , so zeigte es Tochter Dayra, temperamentvoll, unberechenbar, auf die schiefe Bahn geraten. Dayra, auch als Ros die Klaue bekannt. Ihretwegen, so vermutete Delia, war sie nach Lancival gerufen worden.
Dayras Zwillingsbruder Jaidur, auch als Vax Neemusbane bekannt, nahm das nächste Bild ein; er hatte sich mit seiner Frau Lildra abbilden lassen. Die beiden waren König und Königin von Hyrklana. Jaidur hatte bei kürzlichen Unternehmungen die SdR vorzüglich unterstützt, und zwar in Form von Geheimaufträgen, die zum Teil nicht einmal seiner Mutter bekannt gewesen waren. Inzwischen hatte er im Inselkönigreich Hyrklana mit seiner Frau eine Heimat gefunden. Echte Verantwortung war gut gewesen für sein Temperament, jenen wilden Drang, den er mit seiner Zwillingsschwester teilte und den sie offenbar noch nicht überwinden konnte.
Das vorletzte Bild zeigte Velia, eine spätgeborene Tochter, benannt nach der älteren Velia, und mußte ebenfalls bald ausgetauscht werden, denn Velia wurde allmählich größer. Delia hoffte auf eine Gesprächserlaubnis mit Velia, die hier in Lancival von den SdR erzogen und ausgebildet wurde. Vielleicht kam es aber nicht dazu, denn die Disziplinen erforderten zuweilen eine Härte, die sich sogar über die Wünsche einer Mutter hinwegsetzten.
Delia hielt den bronzenen Rosenschlüssel in der Hand.
Sie wußte - man hatte es ihr berichtet - , daß das Bad im Heiligen Taufteich im fernen Aphrasöe ihr ein tausendjähriges Leben vermittelte. Sie alterte nicht. Sie hatte dafür gesorgt, daß ihre Kinder und deren Freunde und Angehörige ebenfalls dieses Bad nehmen konnten. Wie ihr Mann hatte sie zunächst die offenen Fragen verdrängt, die diese Langlebigkeit heraufbeschwor. Sollte es je erforderlich werden, drastische Maßnahmen zu ergreifen, war sie zumindest bereit.
Sie begab sich zu der Kommode mit den Rosenbeinen und öffnete die vorderen Türen.
Sie nahm einen silberbeschlagenen schwarzschimmernden Balassholzkasten heraus und öffnete ihn langsam. Dem Innern entnahm sie eine schlangengleiche dicke schwarze Peitsche. Hastig legte sie sie auf das Bett.
Aus dem Samtbett hob sie die Klaue.
Schimmernder rasiermesserscharfer Stahl, mit Krallen bewehrt, ließ sich das Gebilde mit stählernen Gurten an ihrem linken Arm befestigen. Sie drehte es hin und her. Ein öliges Schimmern machte sich bemerkbar. Delia verstand sich darauf, diese tödliche Waffe zu führen.
Hastig legte sie die Hand zurück, tat die Peitsche darüber, klappte den Deckel zu und schob den Kasten wieder in die Kommode.
Was immer die Herrin des Ordens auch sagen mochte, Delia hatte nicht die Absicht - jedenfalls noch nicht - , sich mit Klaue und Peitsche zu bewaffnen.
»Nicht, noch nicht, bei Vox!« sagte sie halb für sich.
Sie schüttelte das braune Haar, bis es ihr frei um die nackten Schultern fiel. Dann ergriff sie zwei weiche Handtücher und begab sich über den Korridor zu den Badegemächern. Die Tür zu Veldas Zimmer ließ sie offen stehen.
Dampf wogte in den Baderäumen. Nackte Frauen wanderten herum, genossen den Dampf, unterhielten sich oder schwammen im
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