Saga von Dray Prescot 30 - Pandahem-Zyklus 04 - Die Klauen von Scorpio
Situationen zu bringen, an denen ich nicht teilnehmen konnte.
»Ich lebe noch, Jak. Das muß doch etwas beweisen.«
Obwohl wir letztlich alle zu den Eisgletschern Sicces eingehen müssen, von wo wir – wenn wir Glück haben und mutig sind und den rechten Weg zu finden wissen – in fernere sonnige Regionen vordringen konnten, lag uns doch sehr daran, diesen Zeitpunkt so weit wie möglich hinauszuschieben. Wie Ihnen bekannt ist, bin ich auf Kregen unter so manchem falschem Namen unterwegs gewesen; ich glaube, dabei hat man mich nur einmal Dray Prescot genannt. Aus dieser natürlichen Vorsicht folgert, daß ich mich jedem Alamo fernzuhalten suche, das immer am nächsten ist, wenn dumme Ehrgefühle ins Spiel kommen. Ich konnte mir vorstellen, daß sich Naghan Raerdu niemals durch die Dummheit der Ehre würde kompromittieren lassen, so loyal und mutig er sonst auch war.
Er übermittelte mir weitere Informationen, die für meinen Bericht im Augenblick nicht wichtig sind, und versicherte mir, daß alle Menschen, die mir besonders am Herzen lagen, noch wohlauf wären.
Dann sagte er: »Es heißt, Prinzessin Dayra habe sich im Südwesten aufgehalten. Ich kam erst später dorthin, kann die Gerüchte also nicht bestätigen ...«
Ich beglückwünschte mich innerlich zu meiner eisernen Beherrschung.
Ich sprang nicht vor, ich ging Naghan Raerdu nicht an die Kehle, sondern schrie: »Gerüchte? Prinzessin Dayra? Was für Gerüchte? Spuck sie aus, wenn dir dein Leben lieb ist!«
Nein. Ich beherrschte mich gerade noch.
Naghan Raerdu warf einen kurzen Blick in mein Gesicht und zuckte zusammen. Auf seinen geröteten Wangen erschienen helle weiße und rosa Flecken.
»Majister ...«, stammelte er, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sagte hastig, sehr hastig: »Ein Kollege behauptete, Prinzessin Dayra habe Vodun Alloran aktiv unterstützt ...«
Ich klammerte mich an ein Faß, das dick mit Staub bedeckt war.
»Und?«
Raerdu mußte trocken herunterschlucken. »Wie ich schon sagte – ich kann nicht dafür einstehen ...«
»Sag mir, was es für Gerüchte über meine Tochter Dayra gibt!«
Er richtete sich auf, denn er erkannte, daß die Krise vorüber war. Eine große Zahl von Leuten wußte, welchen Kummer Dayra ihrer Familie machte. Sie war auch als Ros die Klaue bekannt, denn sie hatte in Lancival die Geheimdisziplin von Peitsche und Klaue erlernt. Die Schwestern der Rose hatten sie unterrichtet, und ihre Mutter hatte sie liebevoll beraten; doch hatte es in der entscheidenden Wachstumsphase ihres Lebens keinen Vater gegeben. Dieser Schurke war von den Herren der Sterne auf die Erde verbannt gewesen, vierhundert weite Lichtjahre entfernt. Diese Tat, so glaubte ich, hatte ich den übermenschlichen Wesen inzwischen verziehen, denn wir waren in jüngerer Zeit zu einer neuen Übereinkunft gekommen. Aber in solchen Augenblicken wurden mir die schlimmen Folgen der Trennung von meiner Familie auf das unangenehmste bewußt und betrübten mich sehr – damals wie heute.
Die Wahrheit war natürlich, daß Dayra auch vom Weg abgekommen wäre, wenn ich wie jeder normale Vater zu Hause gewesen wäre – vielleicht wäre sie nur nicht ganz so weit abgerutscht. Nichtsnutzige Gefährten hatten sie in Versuchung geführt. Dafür blühte dem einen oder anderen eine Krawatte aus Hanf – wenn wir seiner habhaft werden konnten.
Dayras Mutter, die unvergleichliche Delia aus Delphond, hatte selbst unter dem Druck der Verpflichtung gegenüber den Schwestern der Rose gestanden. So ließ sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß die SdR zumindest nicht weniger als jeder andere Faktor zu Dayras Irrungen beigetragen hatten.
Naghan zeigte allmählich wieder die normale rötliche Gesichtsfarbe. Auf seiner Stirn perlte Schweiß.
»Die üblichen Dinge, Jak. Sie hat Weinläden demoliert, Restaurants zerstört. Aber man hat sie auch in Allorans Gesellschaft gesehen, als er eine voll bewaffnete Truppe in den Kampf führte ...«
»Aber er kämpfte gegen den Prinzen Majister! Meinst du, ich könnte ernsthaft annehmen, Dayra würde gegen ihren Bruder ins Feld ziehen?«
»Es gab keine Meldungen darüber, daß man sie auf dem Schlachtfeld gesehen hätte.«
»Dafür sei Opaz Dank. Gibt es noch mehr?«
»Zankov wurde ebenfalls in ihrer Gesellschaft gesehen.«
»Der!« sagte ich und atmete tief ein. »Ich sage dir eins, Naghan, damit du Bescheid weißt. Zankov ist ein junger Teufel, der von seiner Familie verstoßen wurde und nun bestrebt ist, alles
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