Saga von Dray Prescot 30 - Pandahem-Zyklus 04 - Die Klauen von Scorpio
wieder bei mir war. Bei Krun! Es hätte mir eine Riesenmühe gemacht, seine juckenden Finger von Feuerstein und Zunderschachtel fernzuhalten!
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Pandos Hauptstadt Port Marsilus lag in einer halbkreisförmigen Einkerbung der Küstenlinie am Westrand der Bucht von Panderk. So waren der Norden und Osten der Stadt vom Meer umspült, während die Südseite von Anhöhen abgeschnitten wurde, die bei den Leuten der Gegend Lhorca-Rücken hieß; die zur Stadt führende Straße wand sich durch diese Hügel und führte zum Haupttor der Stadt im Westen.
Es gab auch andere Tore, doch stimmte ich mit Naghan Raerdu insoweit überein, als ich auch annahm, daß Strom Murgon sich für seinen Eintritt das Haupttor der Stadt aussuchen würde.
Murgon Marsilus, Strom von Ribenor, Vetter des Kovs von Bormark, ließ sich von niemandem auf der Nase herumtanzen. Er war ein mächtiger Mann von ungezügeltem Temperament, außerdem Anhänger Lems des Silber-Leem, und war nicht damit zufrieden, über sein kleines Stromnat als Teil des großen Kovnats zu herrschen. Ihn dürstete nach mehr Macht.
Wenn Pando bei König Nemo in Ungnade gefallen war – warum war der nur nicht mit seinem verdammten Palast in Flammen aufgegangen? –, würde Murgon seinen Ehrgeiz deutlicher zum Ausdruck bringen.
Beide bewarben sich um die Gunst des Dafni-Mädchens, mit dem Ziel, ihren Einflußbereich zu vergrößern. Wenn es zwei Männer auf dasselbe Mädchen abgesehen haben und das Mädchen außerdem noch eigene Vorstellungen entwickelt, können ganze Reiche scheitern und zerbrechen. Ich wußte nicht, wie sehr ich mich auf Tildas Bemerkung verlassen konnte, wonach Dafni Harlstam sich für Murgon entschieden hätte, woraufhin dann Pando erschienen wäre und das Einvernehmen gestört hätte. Wenn es so war, entsprach dies vielleicht Dafni Harlstams eigenem Wunsch, denn sonst wäre Pando in seiner Werbung doch sofort gescheitert.
Andererseits war er Kov. Dafni war eine Vadni, und ihr Tenpanam genanntes Vadvaret schloß sich unmittelbar an Pandos Ländereien an. Eine verwickelte Situation. Vielleicht mußte ich mir die beiden nacheinander vorknöpfen und ihnen Antworten abringen. Wenn Sie nun fragen, was mich das angeht, so finde ich das ganz offensichtlich. Erstens war Pando mein Freund. Zweitens war ich Herrscher von Vallia. Und drittens mußte ich mir ehrlicherweise eingestehen, daß uns Murgon Marsilus nicht sonderlich gefallen hatte, auch wenn er sich selbst in Gefahr gebracht hatte, um uns zu retten.
Dies hatte er aber getan, weil er davon ausging, daß Pompino und ich Anhänger Lems des Silber-Leem wären.
Nach genau drei Burs kam Naghan Raerdu vorsichtig in den Schatten der Westmauer geritten. Er saß auf dem Rücken eines Freymul und führte ein zweites Tier an einer Leine hinter sich her. Beide Tiere waren von hervorragender Zucht. Bei meinem Anblick hielt er das Tier an und stieg ab. Obwohl er im Schatten der Mauer stand, wirkte sein Gesicht überaus gerötet. Vermutlich lachte er. Er band den zweiten Freymul an einen Ring in der Mauer. Ringsum gingen zahlreiche Leute ihren Geschäften nach, und Sklaven huschten unbeachtet durch die Menge. Naghan stieg wieder auf und trabte fort. Ich schlenderte hinüber.
Unter dem Geschirr des Freymul war ein Stück Papier festgemacht. Ein Wort stand darauf: FRUPP.
»He – Frupp«, sagte ich und tätschelte das Tier energisch hinter den Ohren.
Es senkte den Kopf und drehte ihn um. Freymuls fehlt das Spiralhorn der Zorcas auf der Stirn, außerdem sind sie in ihren Einsatzmöglichkeiten beschränkt, auch wenn sie sich auf ihre Weise ganz willig anstellen. Frupps Fell wies wellige bernsteinbraune Streifen auf, der Rücken war schokoladenbraun. Die Augen funkelten klar. Ich mochte den Burschen sofort.
An der Mauer neben dem Tor hockten einige Bettler, Krüppel mit Krücken, verstümmelte Gestalten, Frauen, die ihre Entstellungen entblößten. In dieser Phase meines Lebens auf Kregen, jener wunderbaren, aber auch schrecklichen Welt, die vierhundert Lichtjahre von der Erde entfernt liegt, war ich zwar nicht abgehärtet gegenüber solchen Bildern, doch begriff ich immerhin, wie es dazu kommen konnte. Sie gehörten zu den unangenehmen Aspekten des Lebens auf dieser Welt. Einige dieser Leute betrieben die Bettelei professionell; sie waren schon als Kinder von ihren Eltern verstümmelt worden, damit sie Mitleid erregten und Geld ins Haus brachten. Wie immer verteilte ich einige Münzen, doch wäre eine zu große
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