Saga von Dray Prescot 31 - Pandahem-Zyklus 05 - Die Masken von Scorpio
uns.«
»Wächter!« knurrte der stämmige Bursche, der sich als erster eine Waffe beschafft hatte. Seine zerfetzte Uniform wies ihn als den Schiffs-Deldar aus. »Bei Vox! Es wird mir Spaß machen, diesen Rasts meinen Knüppel überzuziehen!«
»Halt ein, Edivon! Laß dich nicht von deinem Zorn blenden. Wir schlagen zu, sobald sie die Schatten erreichen.«
»Quidang, Hik!« knurrte Deldar Edivon.
Die Frau neben mir war also der Schiffs-Hiktar, der Erste Leutnant an Bord. Ich musterte sie forschend. Ihr Gesicht war angespannt, wie es nicht anders zu erwarten war, entschlossen und hager, beherrscht von einer vorstehenden Nase und breiten Wangenknochen. Augen und Haar waren von gutem vallianischen Braun. Sie bewegte sich in einer Aura gelassener Tüchtigkeit – doch zugleich strahlte sie Tatendurst aus. Wenn ich davon spreche, daß man sie sich ohne weiteres vorstellen konnte, wie sie eine Pfeife an einer Schnur um den Hals trug und rief: »Kommt weiter, Mädchen!«, so liegen darin die bewundernswerten Eigenschaften, die ich andeuten will. Sollte jemand so töricht sein, diesen Vergleich als herabwürdigend oder gar sexistisch anzusehen, so ist ihm nicht zu helfen.
Die Wächter erreichten die Schatten. Die Vallianer griffen an. Und schon waren wir im Freien und liefen auf das Schiff zu.
Ein heftiges Gefühl durchströmte mich, als ich Dayra als erste auf das Deck springen sah.
Prachtvoll sah sie aus, wild und frei. Den dummen Rock hatte sie abgerissen, die langen schlanken Beine ließen sie sicher über die Bordwand klettern. Die Besatzung folgte und stürmte über die Reling und überwältigte die kleine Wache, die die Pandahemer zurückgelassen hatten. Dayras Klaue zuckte umher, und ihr Rapier blitzte, und schon gab es an Bord dieses vallianischen Schiffes keine Feinde mehr.
Ohne darüber nachzudenken, übernahm der Schiffs-Hikdar das Kommando. Energisch gab sie Befehle. Deldar Edivon versuchte die Stimme zu zügeln. Gestalten verschwanden unter Deck, um nach Schäden zu suchen. Gleich darauf erschien eine kleine Gestalt, die ein Tuch um die Hüfte trug, salutierte forsch und meldete: »Die Silberkästen sind unbeschädigt, Hikdar.«
»Sehr gut, Pansi. Geh an deinen Posten!«
»Quidang!«
Die verschmutzte unansehnliche Gestalt war in Wirklichkeit vermutlich eine vornehme vallianische Dame, die sich zum Flugseemann ausbilden ließ. Der weibliche Schiffs-Hikdar verstand sein Handwerk. Ich schaute zu, während sie umsichtig die erforderlichen Maßnahmen traf und dabei nichts vergaß. Langsam ging ich über das Deck und schaute an der anderen Seite hinunter. Sofort durchströmte mich neuer Tatendrang.
Dort unten, an die Flanke des Vorlcas gedrückt, wartete der schmale Blütenumriß des Vollers darauf, daß ich hinabsprang und ihn in die Lüfte steuerte.
»Ros!«
Sie eilte zu mir. »Ja?«
Ich deutete mit einem Kopfnicken über die Bordwand. Dayra schaute hinunter.
»O ja!«
Das fliegende Segelschiff bewegte sich unter mir. Die Diensthabenden standen an den Hebeln der Silberkästen und schoben sie dichter zusammen, so daß die in den Mineralien des einen Kastens schlummernde Energie mit der geheimnisvollen Cayferm-Substanz im anderen Kasten wirken und die schwere Masse federleicht in die Luft heben konnte. Das Durcheinander der Masten und Takelage klapperte und ächzte, bis es sich in eine neue Stellung brachte. Unaufhaltsam gewannen wir an Höhe. Den Ballast konnten wir später wegschneiden.
Ohne zu zögern sprang ich auf die Reling und stürzte mich in die Leere.
Ich prallte auf das Deck des Vollers, kam torkelnd hoch und zog ein Schwert, um mich auf die Suche nach Wächtern zu machen.
Dayra landete sicheren Fußes neben mir. Ihre Klaue funkelte wie mit Diamanten besetzt. Keine Wächter.
Wir waren allein an Bord des Vollers – im nächsten Augenblick sprang uns ein halbes Dutzend Leute nach. Ein junger Bursche schaute sich nervös um. Ich sagte zu Dayra: »Wir sollten lieber ...«
Ehe ich meine Gedanken formulieren konnte, war sie mittschiffs in der kleinen Steuerkabine verschwunden. Die Seeleute der Lüfte mochten wissen, wie man mit einem Segelschiff fliegt, doch konnten sie vielleicht weniger gut mit einem Flugschiff umgehen.
Dayra bediente die Kontrollhebel, und wir stiegen auf. Tief unter uns liefen zahlreiche Soldaten über das Paradefeld. Von oben gesehen wirkten sie seltsam verkürzt, wie sie da in Stahl und Bronze schimmerten – und sie kamen nicht mehr an uns heran.
Ein Mädchen mit
Weitere Kostenlose Bücher