Sagan
konnte er in ihrer Kultur überleben, weil sie bestimmt keinen Platz für ihn hatte. Die eine Welt bedeutete den sicheren Tod, die andere bedeutete nur Überleben, aber keine Leidenschaft.
»Ich bereue nichts«, sagte er leise, obwohl er sie dabei nicht anschauen konnte. »Denk immer daran. Ich würde es immer wieder tun, auch wenn ich weiß, dass es mich in einen Konflikt stürzt.«
»Ich nicht«, sagte sie im Flüsterton, sodass er herumfuhr und sie anstarrte. Sie blickte zu ihm auf von der Stelle, wo sie noch immer kniete, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. »Ich würde lieber wollen, dass du in Frieden und Genügsamkeit lebst, so wie vorher. Ich würde lieber wollen, dass du glücklich bist!«
»Du meinst unwissend!«, stieß er hervor und ließ sich vor ihr auf die Knie fallen. »Glaubst du, ich könnte zufrieden mein Leben leben, ohne das zu kennen, was wir haben?
Drenna
, Valera, ich liebe dich mehr als mein Leben! Nicht einmal meine Götter und mein Glauben übertreffen das! Was sonst hätte unser beider Widerstand so rasch brechen können als das tiefste und stärkste Gefühl überhaupt?«
»Lust?«, fragte sie unter Tränen mit einem nervösen Lachen.
Dafür erntete sie nur ein schiefes Lächeln von ihm.
»Ich glaube, eine solche Lust kann nicht für sich allein existieren. Ich habe Lust empfunden, habe sie miterlebt … ich habe sogar viele Generationen meiner Leute über das Wesen der Lust unterrichtet. Was wir erlebt haben, war eine Lust, die schnell zu einer Brücke zu etwas anderem geworden ist.« Sagan fasste ihre Hände und drückte sie verzweifelt. »Ich werde nicht gehen, wenn diese Gefühle nur einseitig sind. Wenn das so wäre, hätte ich dir gegenüber versagt. Ich dachte … ich dachte, du empfindest genauso …«
»Ich will nicht so empfinden wie du!«, stieß sie hervor und rang auf einmal nach Luft, wobei sie eine Hand losriss und sie auf ihre sich schwer hebende und senkende Brust presste. »Ich will es nicht fühlen, Sagan! Du denkst, es wäre besser zu lieben und zu verlieren, als nie geliebt zu haben, aber da liegst du falsch! Gott, du liegst falsch! Es tut weh! Es tut verdammt weh, und ich hasse dich dafür! Ich hasse dich dafür!«
Val versuchte, sich ganz von ihm loszureißen, doch gegen Sagans körperliche Kräfte kam sie auch diesmal nicht an. Er schloss sie in die Arme und drückte sie so fest an sein Herz, bis sie nur noch schluchzen konnte. In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie so heftig geweint, und es fühlte sich an, als würde sie vor Kummer sterben.
»Du musst gehen«, schluchzte sie gequält. »Ich kann deine Schuld, deine Hilflosigkeit und deinen Schmerz nicht mehr länger ertragen, genau wie diese Liebe. Du bringst mich um. Gott, bitte … bitte …«
Sagan erschauerte unter ihrem Schmerz und behielt seine Gefühle für sich, bis er beinahe daran erstickte. Es war egoistisch von ihm gewesen, ihre Gefühle einzufordern, doch er konnte nicht anders. Er verdiente sie nicht, wenn er keinen Trost und keine Zukunft zu bieten hatte, doch wie sollte er sich ohne sie an seiner Seite einer ungewissen Zukunft stellen? Er hatte sich selbst nie für einen Feigling oder für schwach gehalten, bis er sich vorgestellt hatte, dass er die Zukunft wieder allein meistern musste. Er wusste auch, dass sie sich angesichts dieser Zukunft genauso verzagt und ängstlich fühlte wie er, auch wenn sie versucht hatte, das Richtige zu tun. Sie hatte versucht, ihn mit einem gewissen Maß an Würde freizugeben.
»Es tut mir leid, Baby«, flüsterte er ihr leise ins Ohr. Er holte tief Atem und sog ihren Duft nach Lilien und Sonnenblumen ein. »Vergiss bitte nicht, was ich gesagt habe. Ich habe noch nie jemanden so geliebt wie dich.«
Sagan erhob sich, nachdem er sich aus ihrer Umarmung gelöst hatte, und ließ sie auf dem Boden kniend zurück, als er den Raum verließ. Val schluchzte leise … bis sie hörte, wie sich die Haustür hinter ihm schloss.
Penchant, Fat Baby und Ulysses fanden sie ein paar Stunden später zusammengerollt auf ihrem Bett, betäubt und erschöpft, während sie einfach durch das dunkle Fenster starrte.
»Was wird er tun, wenn der Tag anbricht?«, fragte sie sie flüsternd, nachdem ihr vor Kummer beinahe die Stimme versagte.
Das, was er immer getan hat, nehme ich an. Er hat schließlich schon hundertsechzig Jahre gelebt, bevor er dich gefunden hat.
Wie nett, Penchant. Wirklich einfühlsam
, rügte ihn Fat Baby.
Ich meine nur, sie soll sich keine
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