Sagen aus Bayern
Schläge auf den Deckel des Kessels, worin es seinen Schatz geborgen – und es erwachen drei schwarze Gestalten, die in dem Winkel des Kellers schlafend lagen, und gehen, freilich nicht jedermann sichtbar, hinaus an ihre Arbeit und messen die umliegenden Felder, schlagen Pflöcke und setzen die Steine, die sie ehedem verrückten, an ihren rechten Ort. Mit dem zwölften Glockenschlage verschwinden sie in ihre unterirdische Behausung und schlafen wieder bis Mitternacht, um dann abermals an ihre ewig vergebliche Arbeit zu gehen; jetzt sind sie aber feuerig. Schlägt die Mitternachtsstunde aus, so kehren die feurigen Feldschieder zu dem Männlein zurück, in dessen Solde sie falsch maßen und Steine setzten. Das Männlein empfängt sie mit höllischem Grinsen und beginnt aufs neue zu rechnen und zu zählen, während die Feldmesser in ihren Todesschlaf sinken.
So schaurig es drunten im Schloßkeller auch aussieht, die Habsucht hat es doch versucht, dem Männlein sein Geld wegzuholen. Erst in den 1830er Jahren wagten es kecke Leute, in den Hügel zu graben. Sie fanden verschiedene Geschirre, warfen sie beiseite und sahen sie später nicht wieder; endlich kamen sie auf den Kessel. Greuliche Stimmen aus der Tiefe schleuderten ihnen Verwünschungen und Drohungen entgegen; in der Todesangst stieß einer der Schatzgräber ein paar Worte aus, und der Kessel versank.
Die versunkene Kutsche
Bei Gössenheim fließt die Wern durch ein breites Wiesental. Dort gibt es eine Quelle, die aus großer Tiefe nach oben steigt und in das sogenannte »Bodenlose Loch« mündet. Immer wieder mahnen die älteren Leute die noch unerfahrenen Kinder und sagen: »Geht ja nicht zu nah an das Loch, dort wohnt eine böse Wasserjungfrau, die zieht euch mit sich hinab. Dann müßt ihr ihre goldenen Haare kämmen, und sie läßt euch hernach nie wieder frei. «
Eines Tages fuhr ein Hochzeitspaar nach festlicher Trauung und fröhlichem Hochzeitsmahl von Karlstadt heim nach Gössenheim. Die Jungvermählten saßen in einer goldenen Kutsche. Es war stockfinstere Nacht, als die Brautleute über die Eußenheimer Höhe kamen. Man konnte kaum die eigene Hand vor dem Gesicht sehen. Da verirrte sich der Kutscher und gelangte ins Werntal. Hier kam er vom Weg ab, näherte sich der Quelle und versank mitsamt dem Hochzeitswagen im »Bodenlosen Loch«. Kein Mensch hat die Kutsche jemals wieder gesehen, auch die Brautleute blieben verschwunden. Nur Sonntagskinder sehen bisweilen in der Karfreitagsnacht eine goldene Deichselspitze aus dem Quellwasser am »Bodenlosen Loch« ragen.
Die verwünschte Dame
Als die Grafen von Rieneck ausgestorben und auch der Amtmann herab ins Dorf gezogen war, wohnte auf dem Wildensteiner Schloß der Schäfer. Er hatte ein Stück Ackerfeld für sich und einen Weidplatz für seine Schafe.
Einmal nun stand der Schafpferch auf dem sogenannten kleinen Höhacker, an welchem oben und unten das Gebüsch des Waldes anstößt, und es war Nacht, und der Schafknecht lag in seiner Hütte bei den Schafen und schlief. Da geschah eine Erschütterung an seiner Hütte, und er sah hinaus und erblickte eine weiße Frau, dieselbe hatte einen schwarzen Schleier um den Kopf und ganz nasse Augen und winkte ihm, er aber erschrak, hielt sich die Augen zu und kroch in die Tiefe seiner Hütte. Des Morgens sagte er es seinem Herrn.
»Wenn sie wiederkommt«, sagte dieser, »so rede sie an und sprich: Alle guten Geister loben Gott den Herrn! Was ist dein Begehr?« Den Abend kam sie wieder und er tat, wie sein Herr geboten. Die Frau sprach: »Ich bin eine verwünschte Dame aus dem Schloß, und du kannst mich erlösen. Sei morgen abend zwischen elf und zwölf Uhr an der Schloßbrücke, da komme ich aber nicht so wie jetzt, sondern als eine Schlange, winde mich an dir hinauf und gebe dir die Schlüssel. Du darfst dich aber nicht fürchten, ich tue dir nichts und kann dir nichts tun.«
Der Schafknecht sagte: »Ja! ich komme!« – »Was soll ich mich auch fürchten?« dachte er, »ich bin (als ein Schäfer) aus dem Geschlechte Mosis – derselbe hat sich vor der Schlange, die aus dem Hirtenstabe wurde, auch nicht gefürchtet«, faßte guten Mut und einen ordentlichen Stolz in seinen Kopf, daß er Mosis Nachfolger werden sollte, und als nun die bestimmte Zeit da war, und die Nacht dunkelte, stellte er sich an den bestimmten Ort. Auf einmal erhob sich ein großes Krachen in dem Schloß, daß er meinte, das Schloß wolle zusammenstürzen und ein erschreckliches Rauschen
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